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«Wir lehren kritisches Denken»

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Es war eine deutliche Botschaft, welche die Dekanin der Philosophischen Fakultät, Bernadette Charlier Pasquier, am Mittwochabend verkündete. Anlässlich der Antrittsvorlesung der neuen Professuren für die Geschichte der Antike, Cédric Brélaz und Tanja Itgenshorst, sagte Pasquier, ein langfristiges Projekt sei endlich realisiert worden: die zweisprachige Besetzung aller vier Epochenfächer für Geschichte.

Ein kleiner Aufschrei aus dem Publikum ertönte, denn das Epochenfach Geschichte des Mittelalters wartet seit langem auf die französischsprachige Ergänzung des Lehrstuhls. Doch an dem Abend sollten die beiden neuen Professoren im Mittelpunkt stehen. Der Saal war gut gefüllt, hochkarätig das Publikum, das bei einem symbolischen Aufbruch zugegen sein wollte. Die Botschaft war klar: Die Altertumswissenschaften an der Universität Freiburg sind auf dem Vormarsch.

Aufbruch und Umbruch

Vor dem Aufbruch standen einige Umbrüche. Vor acht Jahren wurde das Institut für Antike und Byzanz gegründet, das eine Reihe von Disziplinen umfasst, die trotz inhaltlicher Berührungspunkte in verschiedenen Departementen angesiedelt sind (siehe Kasten). Doch es sollten zahlreiche strukturelle Änderungen folgen, so zuletzt die intern schwer verständliche Verschiebung der Archäologie in den Studien­bereich Kunstgeschichte und Musikwissenschaft.

Véronique Dasen, Archäologie-Professorin, trug selbst ihren Teil zum Aufbruch in Freiburg bei. Vergangenen Herbst sprach der Europäische Forschungsrat ERC ihrem Projekt zur Erforschung des antiken Spiels, «Locus Ludi: The Cultural Fabric of Play and Games in Classical Antiquity», über 2,5 Millionen Euro zu. Es sei einzigartig für die Schweiz, dass ein altertumswissenschaftliches Projekt eine so grosszügige Förderung erhält, sagt Thomas Späth, Präsident der Schweizer Vereinigung für Altertumswissenschaften (SVAW). «Das ist der Höhepunkt eines grossen Engagements, das Véronique Dasen während Jahren an den Tag gelegt hat», so Thomas Späth.

Auch im Studienbereich der Geschichte der Antike geht es aufwärts. Nach dem überraschenden Tod von Philippe Bruggisser im Jahr 2014 und der Emeritierung von Marcel Piérart 2015 war der Lehrstuhl für ein Jahr unbesetzt, einige Lehraufträge ausgenommen. Bereits davor war die Geschichte der Antike ein Nischenfach gewesen, die Studierendenzahlen bescheiden. Dann hat die Philosophische Fakultät rea­giert. Mit dem Antritt der neuen Professoren Cédric Brélaz und Tanja Itgenshorst tritt die Alte Geschichte seit September 2016 doppelt besetzt und konsequent zweisprachig auf, zudem mit neuen Schwerpunkten in Inschriften- und Münzkunde. Tanja Itgenshorst sieht dies als ihre Aufgabe an: den deutschen Bereich aufzubauen, der vormals nicht bestanden hat. Sie spürt auch, dass die Nachfrage bei den Studierenden da sei: «Doch das Terrain muss wieder neu erobert werden», sagt Itgenshorst.

Ägyptologie leidet

Diese Eroberung geht freilich auf Kosten eines anderen Lehrangebots. Kürzlich berichtete die Tageszeitung «La Liberté», dass der Lehrauftrag von Cathie Spieser, Dozentin für Ägyptologie, nicht verlängert werden soll. Zwar war die Ägyptologie in Freiburg ohnehin kein eigenständiges Studienfach, doch waren die Kurse von Spieser, die seit 2011 aus Mitteln des Lehrstuhls für Geschichte der Antike finanziert werden, seit vielen Jahren gut besucht. Gegen die Streichung des Angebots auf Herbst 2018 wehrt sich nun die Fachschaft.

Brélaz und Itgenshorst erklären, die Änderung sei notwendig, um einen kompletten und zweisprachigen Unterricht in griechisch-römischer Geschichte anzubieten. Das immerhin sei das Hauptgebiet ihres Lehrstuhls. Für einen anderweitigen Erhalt oder Ausbau der Ägyptologie sei man aber offen. Das Dekanat muss sich nun mit der Angelegenheit beschäftigen.

Es ist ein mutiger Schachzug der Professoren, auf die deutsche Karte zu setzen. Die Geschichte der Antike ist in Freiburg seit jeher französisch geprägt. Deutschsprachige Kurse waren die Ausnahme.

Andere Fächer sind auf dem Papier konsequenter bilingue, doch in der Praxis hapert es bisweilen. Orlando Poltera, Gräzist und Freiburger Vertreter im Vorstand der SVAW von 2008 bis 2017, betont, dass die Zweisprachigkeit seit Georges Python an der Universität propagiert wurde, doch in seinen zweisprachigen Kursen sei die Unterrichtssprache in erster Linie Französisch. Die deutschsprachigen Studierenden könnten den Kursen so besser folgen als umgekehrt.

Der Ort inspiriert

Tanja Itgenshorst geht ihre neue Stelle unvoreingenommen an und will sich von den Reibereien in der Fakultät nicht beeinflussen lassen. Im Gegenteil, sie sucht den Kontakt und die Zusammenarbeit. Die zweisprachige Besetzung des Lehrstuhls sieht sie als Chance, «Hand in Hand» die Herausforderung Zweisprachigkeit anzugehen und einen Neustart zu lancieren.

Sie folgte dem Ruf aus Freiburg 2016 nach ihrer Professur an der Université de Reims Champagne-Ardenne in Frankreich, zuvor war sie in Bielefeld und Berlin. Warum ausgerechnet nach Freiburg? «Ich bin sehr neugierig», antwortet Itgenshorst. Sie hat die Stadt von Anfang an als sehr weltoffen empfunden. Das Institut an der Rue Pierre Aeby, das Haus Louis d’Affry, hat sie weiter beeindruckt. Das alte Haus hat seinen Charme und überzeugt nicht zuletzt durch seine hervorragende Fachbibliothek mit über 35 000 Büchern in Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch.

Und es inspiriert. Itgenshorst fand im Institut eine alte Laokoon-Büste aus dem 19. Jahrhundert, verstaubt und abgeschoben. Nun steht sie vor Itgenshorsts Büro, restauriert und neu dokumentiert. Es war eines ihrer ersten Freiburger Projekte, dem alten Laokoon wieder Leben einzuhauchen. «Sie stammt aus dem Familienbesitz von Margarete Billerbeck, der ehemaligen Philologie-Professorin. Sie hat sie dem Institut übereignet», erklärt Itgenshorst. Billerbeck war von 1978 bis 2016 eine der prägendsten Gestalten des Instituts, die unter anderem die Zweisprachigkeit konsequent verfolgt hat. Tanja Itgenshorst und Karin Schlapbach, Billerbecks vielsprachige Nachfolgerin im Bereich der Latinistik, könnten in dieser Hinsicht in ihre Fussstapfen treten.

Das Interesse ist stabil

Für Thomas Späth, Präsident der SVAW, ist aus Freiburg klar Aufwind zu spüren. Mit dem ERC-Grant und den neuen Professuren in Alter Geschichte und Klassischer Philologie sind neue Initiativen entstanden, und die Zusammenarbeit mit den übrigen Schweizer Universitäten hat sich merklich verbessert. Späth resümiert: «Freiburg gehört zu den wichtigen Standbeinen der Altertumswissenschaften in der Schweiz.»

Orlando Poltera teilt dieses Urteil. Freiburg sei national immer gut vertreten gewesen, und das, obwohl das Einzugsgebiet der Universität verglichen mit Lausanne oder Zürich doch eher klein sei. Eine Aufbruchsstimmung will Poltera aber nicht feststellen. Die Lage sei stabil – und das sei überraschend genug. Denn die Altertumswissenschaften sind eher eine marginale Wissenschaft. Die Lage an den Orientierungsschulen und Gymnasien, wo Latein-, geschweige denn Griechischunterricht immer mehr zurückgestuft wird, dürfte den Altertumswissenschaften langfristig schaden. Dass bislang kein vermindertes Interesse festzustellen ist und die Studierendenzahlen stabil bleiben, sei erfreulich, so Poltera.

Wie kommt es, dass das Interesse an der Antike nicht nachlässt? Sind doch die Berufsaussichten für einen Abgänger der Klassischen Philologie, der Alten Geschichte oder der Antiken Philosophie nicht gerade berauschend. «Wir lehren keinen Beruf», sagt Poltera, «sondern kritisches Denken, Zusammenhänge zu erkennen». Die Freude am Studium müsse für jeden Altertumswissenschaftler an oberster Stelle stehen. Und genau die vermittelt Orlando Poltera in seinen Kursen. Zweisprachig natürlich.

«Freiburg gehört zu den wichtigen Standbeinen der Altertumswissenschaften in der Schweiz.»

Thomas Späth

Historiker und Präsident SVAW

«Wir lehren keinen Beruf, sondern kritisches Denken, Zusammenhänge zu erkennen.»

Orlando Poltera

Gräzist

Institut für Antike und Byzanz

Acht Studienbereiche mit rund 80 Mitarbeitenden

Das Institut für Antike und Byzanz der Universität Freiburg ist 2010 von der Philosophischen Fakultät gegründet worden, zum Zweck des interdisziplinären Austausches. Es umfasst acht Studienbereiche und Lehrstühle: Griechische und Lateinische Sprache und deren Literaturen, Geschichte des Altertums, Klassische Archäologie, Frühchristliche und Byzantinische Archäologie, Antike Philosophie, Pa­tristik sowie Römisches Recht. Rund 80 Mitarbeitende und assoziierte Forschende sind am Institut angesiedelt (Stand 2017).

Büros, Vorlesungssäle und eine umfangreiche Fachbibliothek sind im alten Haus Louis d’Affry an der Rue Pierre Aeby  16 untergebracht. Der historische Bau reicht ins 17.  Jahrhundert zurück. 1777  wurde das Haus von Louis d’Affry, dem späteren ersten Landammann der Schweiz, gekauft. Später gehörte es Guillaume d’Affry, Max de Diesbach und schliesslich Pierre Aeby, Syndic von Freiburg, der es dem Staat vermachte.

vau

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