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«Wir möchten abschliessen»

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Das Mädchen ist vor fünf Jahren gestorben. Vor acht Jahren hat das Bundesgericht festgestellt, dass Ärzte des Freiburger Kantonsspitals bei seiner Geburt schwerwiegende Fehler gemacht haben und dass das Spital deshalb haftet: Es muss für die Pflegekosten des Mädchens aufkommen. Und trotzdem läuft noch immer das Gerichtsverfahren, in dem die Höhe der Summe festgelegt wird, die das Spital den Eltern überweisen muss.

Als das Bundesgericht seinen Entscheid fällte, ging es noch um Forderungen der Invalidenversicherung und der Eltern von 13  Millionen Franken: Die Pflegekosten wurden auf eine mögliche Lebensdauer von 85  Jahren hochgerechnet. «Es hätte sein können, dass sie uns überlebt», sagt der Vater. «Wir wollten sie absichern und dafür schauen, dass es ihr gut geht, sollten wir nicht mehr da sein.» Die Eltern wollten die medizinische Versorgung ihrer Tochter sicherstellen.

Es geht um gut zwei Millionen

Doch es kam anders: Drei Jahre nach dem Bundesgerichtsentscheid starb das Mädchen 16-jährig an einem Lungeninfekt. Damit war der Rahmen für die Berechnungen gegeben, es gab keine Spekulationen mehr über die Lebensdauer oder die Entwicklung der Pflegekosten. Alle Rechnungen lagen auf dem Tisch. Die Invalidenversicherung einigte sich mit dem Spital und dessen Versicherung über den Betrag, der ihr zustand. Dies für die Pflege des schwerst behinderten Mädchens in einer geeigneten Institution.

Der Betrag für die privaten Pflegekosten aber, die an den Wochenenden und in den Ferien zu Hause anfielen, ist bis heute umstritten. «Dabei fordern wir nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Betrags», sagt der Berner Rechtsanwalt Rolf Steinegger, der die Familie vertritt. «Bei einer Summe von gut zwei Millionen Franken sollte man sich eigentlich aussergerichtlich einigen können.» Der Vater betont, dass alle Auslagen belegt sind: mit Rechnungen verschiedener Organisationen, die der Familie bei der Nachtwache und der Betreuung halfen. «Am Schluss werden die Anwalts- und Verfahrenskosten höher sein als der Betrag, den wir fordern.»

Anzahlungen geleistet

Jeannette Portmann, Mediensprecherin des Freiburger Spitals HFR – wie das Kantonsspital unterdessen heisst –, betont, dass das Spital der Familie Anzahlungen in mehrfacher sechsstelliger Höhe geleistet hat. Die Familie aber möchte etwas anderes: «Wir haben Recht erhalten. Wir möchten abschliessen», sagt der Vater.

Das Spital habe der Familie vor rund acht Jahren einen Vorschlag für eine gütliche Einigung gemacht, sagt Jeannette Portmann. Die Familie habe damals aber abgelehnt. Der juristische Weg dauere halt lange. «Hier dauert er sogar unglaublich lange. Aber es nicht unsere Absicht, den Abschluss des Verfahrens zu verzögern.» Zu Beginn sei es zudem um eine enorme Summe gegangen. «Das ist es immer schwierig, sich zu einigen.»

Dem Spital sei es daran gelegen, den juristischen Weg einzuhalten; schliesslich sei auch der Kanton involviert, so Jeannette Portmann. Als das Mädchen geboren wurde, betrug die Deckungssumme der Haftpflichtversicherung des Spitals drei Millionen Franken; der Kanton als Besitzer des Spitals kam für alles auf, was darüber hinaus ging.

Heute deckt die Versicherung des Spitals Haftpflichtfälle für maximal 40 Millionen Franken im Jahr ab, wobei sie pro Fall nicht mehr als 20 Mil­lionen auszahlt. «Aber für solche Beträge mussten wir noch nie haften», sagt Jeannette Portmann. Die Versicherung deckt alle Arten von Haftpflichtfällen, also auch Sachschäden, die beispielsweise durch ein Feuer entstehen können.

Für Rolf Steinegger, den Anwalt der Familie, ist es gerade die Haftpflichtversicherung, die das Ganze verzögert. «Sie ist es, die zu einer vernünftigen und fairen Schadenerledigung nicht Hand geboten hat.»

Das sieht Elmar Perler ganz anders. Der Freiburger Anwalt vertritt in diesem Fall das Spital und auch die Haftpflichtversicherung der Vaudoise. «Der Eindruck, die Versicherung sei für die Verzögerungen verantwortlich, ist völlig falsch.» Vielmehr sei es die Familie selber, die den Fall in die Länge ziehe. Dies «mit ihren übertriebenen Forderungen». Dass die Forderungen zu hoch seien, bestä­tige auch das Gutachten, das dem Gericht vorliege.

«Unsere Tochter ist nicht mehr da», sagt der Vater. «Der mühsame Juristenteil aber ist immer noch da, der bleibt.» Er erinnere sich gerne an seine Tochter. «Darum haben wir auch Fotos von ihr im Wohnzimmer.» Die Tochter fehle, und der Verlust sei schwer zu ertragen. Umso mehr möchte er die belastenden Erinnerungen «aus dem Haus haben, sie fortwerfen»: all die Ordner mit den Unterlagen zu ihrer Pflege, ihren Spitalaufenthalten, die Aktenschränke voller Arzt­berichte und Medikamenten- Pläne. «Es ist nicht gut für die Verarbeitung, wenn das alles im Haus bleibt.»

Chronologie

Ein sehr langes Gerichtsverfahren

Im Juni 1997 ging eine Schwangere sieben Tage vor dem errechneten Geburtsdatum ihres Kindes in einer Samstagnacht gegen ein Uhr ins Kantonsspital Freiburg: Ihr Kind bewegte sich immer weniger, die zweifache Mutter war besorgt. Ihre Tochter kam schwerst behindert zur Welt. Ihr Grosshirn war beschädigt; epileptische Anfälle schädigten ihr Stammhirn. Sie war auf intensive Pflege angewiesen. Das Freiburger Kantons­gericht und im August 2010 das Bundesgericht stellten fest, dass die Ärzte einen Kaiserschnitt hätten anordnen sollen. Wegen «mehreren und teilweise schweren Sorgfaltspflichtverletzungen» hätten sie dies nicht erkannt. Das Freiburger Spital haftet daher für die Pflegekosten des Mädchens. Die Aufzeichnungen des Wehenschreibers zeigten laut Kantonsgericht teilweise hochpathologische Abweichungen. Der anwesende Assistenzarzt habe die Aufzeichnungen nicht richtig interpretiert und den Zustand des Kindes nicht näher überprüft, obwohl das bei solchen Anzeichen dringend nötig sei. Nach dem Bundesgerichtsentscheid geht es in einem zweiten Verfahren um die Höhe des Schadenersatz- und des Genugtuungsanspruches. Auch die Invalidenversicherung (IV) hatte geklagt: Sie verlangte eine Rückerstattung der Pflegekosten. Total ging es um dreizehn Millionen Franken, berechnet für eine Lebenserwartung von 85 Jahren. Das Mädchen ist vor fünf Jahren gestorben, somit geht es seither um einen viel geringeren Betrag. Die IV hat ihr Geld erhalten. Noch läuft das Verfahren, in dem die Eltern die privaten Pflegekosten einfordern.

njb

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