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«Wir sind ja keine Roboter»

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Dominique de Buman sitzt im Bundeshaus-Café Vallotton in Bern. Der 63-jährige Christdemokrat wirkt lebhaft, aufgeschlossen und witzig. Obwohl sein Abschied aus der Bundeshauskuppel unmittelbar bevorsteht, ist von Wehmut wenig zu spüren. De Buman sagt, er sei einer, der im Leben nur vorausblicken will.

Sie scheinen nicht besonders betrübt über Ihren Abgang?

De Buman: Kaum. Ich wusste seit 16 Jahren, dass ich ungefähr bis zu meinem 63.  Lebensjahr im Amt bleiben dürfte, wenn das Volk dies genehmigt. Wir haben in den Statuten unserer Partei seit Jahrzehnten eine Amtszeitbeschränkung. Es braucht in einer Partei auch Veränderungen, und die CVP-Lösung scheint mir ziemlich vernünftig. Im Unterwallis gibt es sogar eine Amtszeitbeschränkung von zwölf Jahren. Bei den Oberwallisern sind es acht Jahre. Das scheint mir etwas zu kurz. Aber bei uns geht es auf Bundesebene um vier Mal vier Jahre, auf Kantonsebene um drei Mal fünf Jahre. Das ist ausgewogen. Die Amtsträger haben somit die Möglichkeit, ihre Kenntnisse umzusetzen, und es ist auch möglich, Ratspräsident zu werden. In diesem Sinne habe ich keine Wehmut. Natürlich sind am letzten Tag im Amt ein paar Emotionen dabei, wenn ich mich von ein paar guten Freunden verabschiede. Wir sind ja keine Roboter. Aber ich fühle mich sehr ruhig.

Und was tun Sie jetzt ab nächstem Jahr?

Noch ist nicht alles entschieden. Deshalb bleibe ich diskret im Bezug auf Geschäfte oder Verhandlungen, die noch nicht abgeschlossen sind. Aber ich bin jetzt Vizepräsident der Schweizer Kaderorganisation (SKO) geworden. Und ich habe ein Mandat des Schweizer Plattenverbands, einer wichtigen Organisation im Bausektor. Dieser Verband hat eine politische Kammer, in der ich als politischer Denker Einsitz nehmen werde. Dabei wird es unter anderem um die Bereiche Personenfreizügigkeit und Mehrwertsteuer gehen. Ich bin ja noch fit und keineswegs im Ruhestand. Im Kanton Freiburg habe ich auch ein paar Engagements, die aber noch bestätigt werden müssen. Natürlich bleibe ich auch in meiner Partei, will aber dort kein Amt mehr übernehmen. Als Präsident von Seilbahnen Schweiz trete ich hingegen Ende Oktober zurück, weil es auch für dieses Amt eine Amtszeitbeschränkung von drei Mal drei Jahren gibt.

Was die Wahlen im Oktober betrifft – sind Sie da zuversichtlich für Ihre Partei?

Ja. Ich gehe davon aus, dass die Sitzverteilung im Kanton Freiburg unverändert bleibt. Zu den Chancen unserer einzelnen Kandidaten möchte ich mich natürlich nicht äussern. Es geht ja immer um ein paar wenige Stimmen. Aber die politische Stimmung im Kanton Freiburg ist ziemlich stabil und ruhig. Es gibt kein grosses Unbehagen, zumal wir fast keine Arbeitslosigkeit und auch keine öffentlichen Schulden haben. Wir leben in einem Kanton, in dem die Menschen ziemlich glücklich und zufrieden sind. Und das ist vielleicht der Grund dafür, wieso die Wahlkampagnen nicht so emotional sind. Ich spüre jedenfalls nichts von einer Welle der Unzufriedenheit.

Wenn Sie eine Bilanz dieser letzten 16 Jahre ziehen – was fällt Ihnen da ein?

Ich bin immer zufrieden, das ist mein Charakter. Ich hatte viel Freude in diesem Amt. Schon auf städtischer Ebene war ich sehr zufrieden damit, Syndic zu sein. Das entsprach auch meinem Charakter. Aber hier im Parlament hatte ich das riesige Privileg, sehr rasch in die Wirtschafts- und Abgaben-Kommission (WAK) einbezogen zu werden. Mein Vorgänger dort war der ehemalige Nationalratspräsident Jean-Philippe Maître. Als er erkrankte, musste ich ihn in der WAK ersetzen, für die sich immer viele Nationalräte und Parteipräsidenten interessieren. Die WAK – die ein eigentliches «Stöckli» innerhalb des Nationalrats darstellt – passte aber auch zu mir und meinem Hintergrund in der Tourismuspolitik und der Standortförderung.

Ist die Kommissionsarbeit gleich wichtig wie die Arbeit im Plenum?

Ja. Aber das gilt eigentlich für alle Kommissionen, zumal die Vorlagen im Allgemeinen immer technischer und komplizierter – ja fast wissenschaftlich – werden. Wenn der Rat dann im Plenum zusammentritt, sind die Meinungen normalerweise gemacht. Auch für die Fraktionssitzungen ist die Arbeit in den Kommissionen sehr wichtig. Ich habe in den Kommissionssitzungen daher praktisch niemals gefehlt, was mir erlaubte, meine Dossiers im Griff zu haben. Ich hatte jedenfalls immer viel Spass an der Kommissionsarbeit. Viele Themen haben mich sehr interessiert, wie etwa die Kartellgesetzgebung, das Mietrecht oder die Standortförderung.

Wie gestaltete sich die Arbeit innerhalb der CVP-Fraktion?

Die Stimmung war ausgewogen, vor allem in der letzten Legislaturperiode. Die Öffentlichkeit konnte wahrnehmen, dass unsere Fraktion in der Regel ziemlich geschlossen abstimmte. Natürlich kam es manchmal auch zu Meinungsverschiedenheiten, doch das ist menschlich und kommt in allen Fraktionen vor. Namentlich beim Agroscope-Dossier musste ich die Interessen meines Kantons und nicht immer die meiner Fraktion vertreten.

Wenn Sie nochmals vor der Entscheidung stehen würden, Nationalrat zu werden – würden Sie es wieder tun?

Ja, natürlich. Vor vier Jahren wollte ich zwar Ständerat werden, um die Sitzverteilung innerhalb der Partei sicherstellen zu können. Die Partei wollte das nicht. Das störte mich aber nicht sehr lange. Wäre es so gekommen, dann hätte ich auch nicht Nationalratspräsident werden können. Und schliesslich ist dies das Amt Nummer eins im Land. Dies beweist auch, dass man im Laufe einer politischen Laufbahn niemals verbittert sein darf. Es gibt Geschehen, die einfach schicksalsbedingt sind. Kurz gesagt: Ich würde alles nochmals genau so machen, zumal ich von der Stadt über den Kanton bis zum Bund auf allen drei politischen Ebenen arbeiten durfte. Ich hatte das riesige Privileg, während fast 34 Jahren meine Leidenschaft ausüben zu können, und habe dabei fast alles erreicht, was möglich ist.

Hat es Sie nicht gestört, dass Sie nie Bundesrat wurden?

Nein. Ich hätte eine Wahl zwar sicher angenommen. Daraus habe ich nie ein Geheimnis gemacht. Aber um Bundesrat werden zu können, muss man der richtigen Partei, dem richtigen Geschlecht und der richtigen Sprachregion angehören, aus dem richtigen Kanton stammen und im richtigen Moment am richtigen Ort sein. Da spielt auch viel Zufall mit.

Welche schönen oder traurigen Momente bleiben Ihnen aus Ihrer Zeit als Nationalrat besonders in Erinnerung?

Traurig war es immer dann, wenn Kollegen krank waren. Ich erinnere mich etwa an den Fall des ehemaligen Basler Nationalrats Peter Malama oder den ehemaligen Berner Stadtpräsidenten und Nationalrat Alexander Tschäppät. Man sah, wie Tschäppät auch während seiner Krankheit im Amt noch durchhalten wollte. Das war berührend. Zu den guten Erinnerungen gehört natürlich das Nationalratspräsidium. Ich habe jenes Jahr sehr genossen und habe heute eine gute Beziehung zu all meinen Kollegen, jenseits der Parteigrenzen. Natürlich gibt es hochkarätige und weniger kompetente Mitglieder im Parlament. Insofern ist Bundesbern ein Spiegel der Bevölkerung. Aber hier unter der Kuppel sind wir alle gleich viel wert. Denn wir sind alle vom Volk gewählt, und jede und jeder hat für seinen Sitz kämpfen müssen. Oft sind die Abstimmungsergebnisse im Rat sehr knapp, und deshalb ist auch die Präsenz an jeder einzelnen Sitzung wichtig. Man muss seine Dossiers im Griff haben, auch im Hinblick auf die Medienarbeit.

Worin besteht denn der Hauptunterschied zwischen dem Parlament in der öffentlichen Wahrnehmung und in der Realität?

Die Parlamentarier arbeiten viel intensiver, als viele denken, und stehen unter Zeitdruck. Sie müssen immer pünktlich sein. Das ergibt einen Arbeitsstress, der nicht oberflächlich oder künstlich ist. Vielleicht meint das Volk, dass die Parlamentarier nicht immer so seriös sind oder nicht unbedingt immer die richtigen Entscheidungen treffen. Aber das stimmt nicht. Meines Erachtens ist das Parlament viel seriöser, als es scheint. Die Hauptproblematik besteht offen gesagt in der Unabhängigkeit und den bezahlten Mandaten. Einerseits muss man zugeben, dass wir ein Miliz- und kein Berufsparlament sind. Das heisst, dass jeder Rat normalerweise nicht nur vom Gehalt des Parlamentariers leben kann, sondern noch arbeiten muss, etwa als Chef einer Firma, als Lehrer oder Verantwortlicher in Vereinen oder Verbänden. Das ist die Realität. Deshalb besteht vielleicht die Versuchung, Verwaltungsrats- und ähnliche Mandate anzunehmen. Es liegt aber in der Verantwortung jedes Einzelnen, zu wissen, welche Ämter er übernehmen kann.

Wie gross empfinden Sie die zeitliche Belastung durch ein Nationalratsmandat?

Eine wissenschaftliche Studie der Universität Genf ergab, dass sie einem 65- bis 70-Prozent-Job entspricht. Der Unterschied zwischen dem National- und dem Ständerat ist diesbezüglich übrigens überraschend gering; die Belastung im Ständerat ist nur zwei bis drei Prozent höher. Im Ständerat fällt zwar mehr Kommissionsarbeit an, dafür sind die Plenumssitzungen deutlich kürzer – einfach, weil die kleine Kammer weniger Mitglieder hat und die Debatten entsprechend weniger lange dauern. In diesem Sinne ist die Ausübung eines Berufs daneben manchmal schwierig. Für Lehrer, Bauern und Grossunternehmer ist es möglich, doch für Kleinunternehmer und Selbstständig­erwerbende stellt das aktuelle System eine Hürde dar.

Kritische Stimmen sprechen oft gar nicht mehr von einem Milizsystem, sondern von einem halbprofessionellen System …

Das entspricht der Realität. Es kann nur deshalb als Milizsystem bezeichnet werden, weil die Parlamentarier praktisch keine berufliche Vorsorge der zweiten Säule haben. Das stellt auch tatsächlich ein Problem dar. Es gibt nur eine dritte Säule, die vor ungefähr 15  Jahren aufgegleist wurde. Aber das sind Peanuts. Und das ist einer der Gründe, wieso es viele hochkarätige junge Politiker eher in Kantonsregierungen als ins nationale Parlament zieht. Man wollte diesen Zustand zwar ändern, und im Nationalratsbüro hatten wir uns einstimmig dafür ausgesprochen. Im Büro des Ständerats wurde dieser Vorschlag aber gebodigt, weil unsere Ständeratskollegen ein Referendum befürchteten. Diese Episode stellt ein Beispiel für den Reformstau in Bern dar.

Welches waren Ihre grössten inhaltlichen Durchbrüche?

Das Buchpreisbindungs­gesetz lag mir sehr am Herzen, obwohl es schliesslich an der Urne scheiterte. Dabei ging es mir auch um die Kulturvielfalt. In der ganzen Westschweiz wurde das entsprechende Gesetz gutgeheissen, doch in der Deutschschweiz wurde es abgelehnt. Ein grosses Anliegen war mir auch das Verbot der Gratis-Plastiksäcke bei den Detailhändlern. Damals hielten dies viele nur für ein Nebenproblem, doch heute hat das Thema eine weltweite Dimension. Eine weitere wichtige Zeichensetzung war die Anerkennung des Völkermords an den Armeniern.

Worin liegen die grössten Herausforderungen der kommenden Jahre für das Parlament?

Die Welt wird immer globalisierter, und dem muss auch die Schweizer Politik Rechnung tragen. Im Fokus sehe ich vor allem folgende Dossiers: die Energiestrategie, die Beziehungen zu Europa, die Krankenkassen sowie den ganzen Gesundheitsbereich. Bei all diesen Themen braucht es zudem nicht endlose Diskussionen, sondern Entscheidungen.

«Die Welt wird immer globalisierter, und dem muss auch die Schweizer Politik Rechnung tragen.»

Dominique de Buman

abtretender Nationalrat

Zur Person

Politisch aktiv seit den 80er-Jahren

Der 63-jährige Dominique de Buman besuchte das Kollegium St. Michael in Freiburg. Anschliessend schloss er sein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Freiburg mit dem Lizenziat ab. 1986 wurde er in den Gemeinderat des Kan­tons­hauptorts gewählt. Von 1994 bis 2004 war er Freiburger Stadtpräsident. Auf kantonaler Ebene sass er von 1986 bis 2003 im Grossen Rat, den er 2001 präsidierte. 2003 wurde er in den Nationalrat gewählt, im Jahr darauf übernahm er die Vizepräsidentschaft der CVP Schweiz. Im Jahr 2018 präsidierte er den Nationalrat als höchster Schweizer. Dieses Jahr tritt er aus der Grossen Kammer zurück. De Buman wohnt in Freiburg. Sein Vorbild ist Bruder Klaus, seine Lieblingsmusik der Jazz.

jcg

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