Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

«Wir sind überhaupt nicht autofeindlich»

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Dem Verein der Gewerbetreibenden des Au- und Neustadtquartiers platze Ende Jahr der Kragen (die FN berichteten). Die Gewerbler kritisierten, dass sie wegen der Schliessung der Zähringerbrücke weniger Umsätze generierten. Die Stadt lege ihnen zusätzlich Steine in den Weg und nehme ihre Anliegen zuwenig ernst. Die FN luden Nicolas Bertschy, Metzgermeister im Neustadtquartier und Mitglied des Gewerbevereins, sowie Syndic Thierry Steiert zum Streitgespräch.

 

Nicolas Bertschy, die Gewerbetreibenden beklagen, dass die Umsätze teilweise bis zu einem Drittel zurückgegangen sind, was sind die Gründe?

Bertschy: Den Hauptgrund sehen wir in der Schliessung der Zähringerbrücke. Passanten aus Bürglen oder dem Sense­bezirk kommen weniger in die Unterstadt. Wegen den Umwegen, die sie fahren müssen, fehlt ihnen zum Beispiel die Zeit, eben mal im Auquartier essen zu gehen. Anfangs hatte man das Gefühl, die Schliessung der Zähringerbrücke habe zu Mehrverkehr in der Unterstadt geführt, aber faktisch kommen weniger Leute. Es gibt aber auch andere Gründe: Ich persönlich leide unter der Schliessung des Lorettowegs für den Verkehr und der Schliessung der Post. Oft glauben die Leute, fünf, sechs Postkunden sind zu verschmerzen, aber wenn man ihren potenziellen Einkauf in meiner Metzgerei hochrechnet, summiert sich das. Schliesslich kommen auch noch Baustellen auf der Neustadtgasse im 2014 und bei der Bernbrücke im 2016 hinzu. Beide Baustellen dauerten länger als angekündigt. Das wirkte sich auf die Kundschaft aus.

 

Thierry Steiert, wie kommen diese Klagen bei Ihnen an?

Steiert: Ja, das sind Probleme. Aber die Situation ist komplexer. Man kann nicht einfach behaupten, es liege an der Verkehrssituation. Das stimmt sicher nicht. Ich gebe Ihnen das Beispiel der Reichengasse. Da gab es eine Vielfalt von Läden, unter anderen die Käserei Sciboz. Sie alle sind lange vor der Schliessung der Zähringerbrücke weggegangen.

Der Hauptgrund liegt in einem veränderten Konsumverhalten. Die Leute gehen lieber in die Einkaufszentren im Grünen. Das ist aber kein spezifisches Problem von Freiburg, damit kämpfen auch andere Städte wie Solothurn oder Chur. Im Unterschied zu diesen Städten sind die Möglichkeiten in Freiburg aber begrenzter, das Problem zu bewältigen. Das liegt vor allem an der Topografie der Freiburger Altstadt. Richtig ist, dass sich die Baustellen und die Schliessung der Post vorübergehend negativ ausgewirkt haben.

Mit anderen Worten, die Stadt kann nichts dafür und nichts gegen die Entwicklung tun?

Steiert: Dass wir die Probleme achselzuckend hinnehmen und nonchalant Entscheidungen treffen würden, ist sicher nicht der Fall. Natürlich wollen wir auch, dass die Stadt lebt. Ich stelle nur mit Bedauern fest, dass viele Leute sehr unreflektiert die Ursache für alle Probleme im Verkehr suchen. Ich bin von Anwohnern der Schmiedgasse beschimpft worden, weil sie behaupteten, sie würden seit der Schliessung der Zähringerbrücke vom Verkehr überrollt. Die Gewerbetreibenden behaupten ihrerseits, die Autos kommen nicht mehr bis in die Unterstadt.

Eines ist klar: In der Verkehrspolitik werden wir nicht mehr zurückbuchstabieren, die Zähringerbrücke werden wir nicht wieder aufmachen. Kommt hinzu, dass der Verkehr allein schon durch die mittelalterliche Anlage der Unterstadt, etwa mit der schmalen Bernbrücke und der schmalen Strasse unter der Zähringerbrücke hindurch, limitiert wird. Autofreundliche Massnahmen anzustreben, in der Hoffnung, dass mehr Leben kommt, ist falsch.

Was werden Sie dann tun?

Steiert: Wir wollen das Beratungsbüro «Netzwerk Altstadt» damit beauftragen, Lösungen für den Strukturwandel in der Freiburger Altstadt zu suchen, zusammen mit allen Betroffenen, mit Gewerbetreibenden, Hauseigentümern und den Behörden. Die Projekte Le Port und Werkhof tragen auch dazu bei, das Quartier attraktiver zu machen. Wenn dann noch der Kanton für seine Angestellten in der Mattenkaserne sowie beim Archiv und Kantonsgericht im Auquartier endlich einen Mobilitätsplan ausarbeiten würde, gäbe es auch wieder mehr Parkplätze für Besucher und Anwohner der Unterstadt.

Bertschy: Das ist wichtig. Denn man darf nicht vergessen – klar im Burgquartier gibt es extrem viele Geschäfte – aber auch im Neustadt- und Auquartier gibt es viele Geschäfte, man sieht sie nur nicht so gut. Maler, Plattenleger, Frisöre, Floristen, Bauunternehmer, Juweliere, Polsterer geschäften hier. Hinzu kommen das Schwimmbad, das Altersheim, das Gefängnis und Sportvereine.

 

Und für die alle ist es ja nicht ganz unwichtig, dass sie vernünftig parken können. Haben Sie mit der Anbringung von Parkuhren den Bogen überspannt?

Steiert: Unsere Parkplatzpolitik ist sehr streng. Es gibt wohl nur wenige Städte in der Westschweiz, die das ähnlich handhaben. Das stimmt. Aber der Kanton Freiburg ist ein autoverrückter Kanton. Wir mussten solch scharfe Massnahmen ergreifen, damit die Leute begreifen, dass wir nicht mehr in den 1950er-Jahren sind, als es noch unendlich viel weniger Autos gab.

Nicolas Bertschy, haben Sie das noch nicht begriffen?

Bertschy: Ich bin auch nicht für eine Autobahn in der Unterstadt. Aber ich bin auf Auswärtige angewiesen, meine Stammkundschaft kommt nicht nur aus der Stadt, die Kunden kommen von der Mouret-Ebene, aus der ganzen Umgebung.

Steiert: Die können ja kommen.

Bertschy: Aber sie bezahlen eine Parkgebühr von zwei Franken pro Stunde, das ist auch nicht grad kundenfreundlich. Aber es stimmt, wenn man mit der Ortspolizei redet, drücken die schon mal ein Auge zu, sobald sie merken, dass es einer meiner Kunden ist.

Steiert: Und wer in die Beiz will, bezahlt am Abend auch nichts mehr.

Bertschy: Aber dann sind die Parkplätze von den Anwohnern besetzt.

 

Thierry Steiert, wollen Sie die Autos völlig aus der Altstadt verbannen?

Steiert: Wir haben überhaupt keine autofeindliche Haltung. Wir wollen nur die Pendler und den Transitverkehr verbannen. Und einen Umweg fahren zu müssen, gehört auch zur Topografie der Freiburger Altstadt.

Offenbar kommt Ihre Botschaft nicht bei allen an. Gibt es ein Kommunikationsproblem?

Bertschy: Das gibt es schon. Wir wurden zum Beispiel nie richtig über die Verzögerungen bei den diversen Baustellen informiert. Wenn die Leute drei, vier Monate nicht durchfahren können, kommen sie irgendwann gar nicht mehr. Ich verstehe auch nicht, warum man das Trottoir vor meinem Geschäft nicht am Mittwoch-Nachmittag teeren kann, wenn mein Geschäft geschlossen ist, oder warum man den Weg zum Galterental wegen Instandstellungsarbeiten nicht erst dann sperren kann, wenn das Restaurant Trois Canards oder die Fischzucht geschlossen sind. Da könnten Sie bei ihren Dienstchefs doch intervenieren. Sorge bereiten mir auch die kommenden Sanierungsarbeiten bei der St.-Johann-Brücke. Ich fände es dann zum Beispiel gut, wenn der Lorettoweg vor­übergehend wieder geöffnet würde oder eine provisorische Brücke installiert würde.

Steiert: Diesen Anregungen werde ich nachgehen. Aber grundsätzlich gilt: Man kann kommunizieren, wie man will, es hilft nichts. Als Sitten im Stadtzentrum den Parkplatz aufhob, haben die Leute ausgerufen und es wurde prozessiert. Heute sind die Einwohner von Sitten nicht nur zufrieden mit der Massnahme, sondern stellen erstaunt fest, wie sich in den Seitenstrassen der Stadt neues Leben entwickelt hat. Die Leute haben immer Angst vor Veränderungen. Der Freiburger Gemeinde­rat ist aus diesen Gründen an allen Quartierversammlungen präsent und erklärt die Vorhaben.

Die Poyabrücke aber wurde gebaut und die Zähringerbrücke geschlossen, ohne dass die Stadt gleichzeitig ein Konzept gehabt hätte, was aus dem Burgquartier und der Unterstadt werden soll.

Steiert: Das stimmt. Der Richtplan ist zu spät gekommen. Aber man muss auch sagen, dass er angefochten wurde. Ist einmal die Justiz im Spiel, haben wir es nicht mehr in der Hand.

Bertschy: Da ist eindeutig einiges falsch gelaufen.

Steiert: Aber wie gesagt: Die Geschäftstreibenden haben das Burgquartier schon lange vor dem Bau der Poyabrücke verlassen.

Trotzdem ist durch die fehlende Voraussicht wertvolle Zeit für die Geschäftstreibenden vergangen.

Steiert: Wir haben nicht «gar nicht» antizipiert. Aber Sie können sich nicht vorstellen, wie schwerfällig die Verfahren sind. Erst kommt der Denkmalschutz, dann gibt es Einsprachen von einzelnen, die ihre Partikulärinteressen durchsetzen wollen. Wir leben in einer komplizierten, wenig lösungsorientierten Welt.

Bertschy: Das hilft den Kleingewerblern aber nicht.

Steiert: Aber eins ist klar. Die Verantwortung für neues Leben in der Altstadt liegt bei allen. Wenn wir wollen, dass es funktioniert, müssen Gewerbe­treibende, Hauseigentümer und die Gemeinde zusammenarbeiten. Dann wird die Metzgerei von Nicolas Bertschy auch noch den 100. Geburtstag schaffen.

«Der Kanton Freiburg ist ein autoverrückter Kanton. Wir mussten solch scharfe Massnahmen ergreifen.»

Thierry Steiert

Syndic von Freiburg

«Ich bin auch nicht für eine Autobahn in der Unterstadt. Aber ich bin auf Auswärtige angewiesen.»

Nicolas Bertschy

Metzgermeister

Strukturwandel

Das «Netzwerk Altstadt» soll es richten

Der Gemeinderat der Stadt Freiburg will künftig mit dem «Netzwerk Altstadt» zusammenarbeiten. Das Netzwerk ist eine Austauschplattform für Lösungen und Erfahrungen zum Strukturwandel in den Innenstädten. Es wird unterstützt durch das Bundesamt für Wohnungswesen, das Bundesamt für Raumentwicklung und den Schweizerischen Städteverband. Das Netzwerk Altstadt ist eine Beratungsdienstleistung der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung und wird koordiniert von einer Geografin der ETH.

rsa

 

Meistgelesen

Mehr zum Thema