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«Wütende Kinder sind in Ordnung»

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Frau Piller Baeriswyl, das Thema Ihres Vortrags am Mittwoch ist, dass Eltern in ihrer Erziehung perfekt sein wollen. Was wäre eine perfekte Erziehung?

Die gibt es nicht. Sie ist eine absolute Illusion. In der heutigen Optimierungsgesellschaft muss alles perfekt sein: der Körper, die Ernährung und die Erziehung. Aber Beziehungen sind nicht zum Perfektionieren da.

Welche Konsequenzen hat das für die Erziehung?

Es entsteht eine Angst vor dem Scheitern. Die Absichten der Eltern sind immer gut. Aber genau aus dem Gedanken heraus, dass man eine perfekte Mutter oder ein perfekter Vater sein will, keimt Unsicherheit. Durch die eigenen Idealvorstellungen, wie man als Mutter oder Vater sein will, verliert man den Bezug zu sich selber. Speziell in der Deutschschweiz entfremdet sich die Mutter von ihrer Identität als Frau, sobald sie ein Kind bekommt, und identifiziert sich mit einer auf sich selbst projizierten Mutterrolle. Es ist pro­blematisch, ein Bild zu haben, wie man erziehen will, statt sich zu fragen, wer man selbst ist. Es braucht auch den Vater, der auf seine eigene Art Vater ist. Das braucht Mut. Er ist nicht der Klon der Mutter.

Haben Gefühle da überhaupt noch Platz?

Speziell negative Gefühle werden schnell schon fast pathologisiert. Es braucht eine Balance zwischen Harmonie und Disharmonie. Es gibt nicht immer nur das Glück. Aus dem Drang zum Perfektionismus entstehen eine Angst vor Konflikten und die Idealvorstellung: Wenn wir keine Konflikte haben, sind wir eine gute Familie. Das ist verantwortungslos, denn Konflikte gehören zu einer Familie. Wut ist enorm wichtig. Es ist in Ordnung, wenn das Kind auf einen wütend ist.

Woher kommen die hohen Erwartungen?

Das kommt auf die Persönlichkeit der Mutter oder des Vaters an. Manche machen sich den Druck selber, andere spüren den Zwang von aussen. Die Gesellschaft hat auch Ansprüche an die Eltern. Wenn ein Kind beispielsweise später Probleme mit Drogen hat, dann sind die Eltern schuld.

Sind die Eltern schuld?

Eltern machen Fehler. In Afrika gibt es aber ein Sprichwort: Es braucht ein ganzes Dorf, um die Kinder zu erziehen. Unsere Form der Kleinfamilie erscheint mir manchmal eine Überforderung darzustellen: 24 Stunden für das Kind verantwortlich zu sein und nur das Beste zu tun, ist viel.

Kommt es auch zu einer Überforderung der Kinder?

Natürlich, in Kleinfamilien stehen sie im Mittelpunkt. Das ist nicht gesund. Kinder brauchen ihren eigenen Raum und müssen auch einmal unbeobachtet sein. Dauerkontrolle lässt dem Kind keinen Raum für Entwicklung, Fehler und Schmerz. Das Kind lernt auch weniger, Verantwortung zu übernehmen, und entwickelt keine Resilienz, also die Fähigkeit, auch schwierige Lebenssituationen zu meistern.

Was raten Sie Eltern?

Ich nehme zur Veranschaulichung gerne das Beispiel eines Märchens. Es braucht sowohl die gute Mutter als auch die böse Stiefmutter. Die gute Mutter ist ganz wichtig für die Sicherheit, speziell in den ersten 18  Monaten. In dieser Zeit ist die Selbstaufopferung der Eltern wichtig. Aber irgendwann muss sie aufhören. Die Stiefmutter schickt das Kind weg. Das kann so interpretiert werden: Die Mutter zieht nicht nur in der Erziehung, sondern auch in der Mutterrolle Grenzen. Dasselbe gilt natürlich auch für den Vater. Ich rufe nicht dazu auf, Kinder zu vernachlässigen. Aber es gibt einen gesunden Egoismus. Zudem braucht es einfach ein bisschen mehr Gelassenheit im Wissen da­rum, dass die eigenen Absichten gut sind. Eine Zufriedenheit darin, dass man nicht perfekt ist.

Mit Blick in die Zukunft: Wohin führt Perfektionismus?

Wenn der Trend zum Perfektionismus in der Erziehung weiter anhält, dann führt das dazu, dass Kinder wenig Resilienz und eine erlernte Hilflosigkeit mit wenig Selbstvertrauen entwickeln. Je nachdem kommt es zu einem aufgeblähten Ego ohne das Gefühl, als Mensch wertvoll zu sein.

Vorschau

Vortrag: Wenn Eltern perfekt sein wollen

Denise Piller Baeriswyl, Paar- und Familienberaterin in Freiburg, spricht am Mittwoch in der Aula der OS Tafers über den zunehmenden Perfektionismus in der Erziehung von Kindern. Nach einem Exkurs über den Perfektionismus und was dieser in der heutigen Gesellschaft bedeutet, geht Piller Baeriswyl auf die Rolle der Mutter ein. Danach spricht sie über die des Vaters und kombiniert schliesslich die beiden zur Sicht der Eltern. Organisiert wird der Abend von der Mütter- und Väterberatung der Spitex Sense.

sf

 

Aula OS Tafers, Mi., 6. November, 19.30 Uhr.

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