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«Zeitbombe ?dummer? Schüler»

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«Zeitbombe “dummer Schüler»

Autor: Irmgard Lehmann

Jedes Jahr finden viele Jugendliche keine Lehrstelle und jene, die eine Lehrstelle abbrechen, finden keine neue mehr. Arbeitslose Jugendliche wiederum finden nicht mal mehr eine einfache Arbeit: Diese Situation habe mit der Fähigkeit der Jugendlichen zu tun, sich den neuen Anforderungen der beruflichen Welt anzupassen, sagt Fritz Oser, emeritierter Professor und Autor des Buches «Zeitbombe Schüler».

Wenn junge Menschen schon früh enttäuscht werden, können sie keine berufliche Identität entwickeln, sie werden unsicher, depressiv, aggressiv und abhängig. Auch können sie, so Oser, keine Zukunftspläne schmieden. Daher fordert Oser Unterstützungsmassnahmen.

 

Professor Oser, dem Jugendlichen soll vorab beim Verarbeiten von Rückschlägen geholfen werden. Was erhofft man sich davon?

Wenn ein Jugendlicher 267 Absagen (höchste genannte Zahl eines 16-Jährigen) erhält und sich selbst mehr und mehr als wertlos empfindet, und wenn die junge Frau oder der junge Mann alles Versagen auf sich selber projiziert, und nicht mehr an sich glaubt, dann ist es wichtig, dass er nicht bloss «nachrüstet» und z. B. Computerkurse besucht. Der Jugendliche muss auch psychischen Widerstand (eben Resilienz) aufbauen und dabei muss ihm geholfen werden.

 

Und warum ist der Rückhalt gerade nach der Schulzeit so wichtig?

Es gibt zwei Gründe: Am Ende der Schulzeit erfahren die Jugendlichen meist zum ersten Mal diese Art von Ablehnung. Das wirft sie auf ein ungeschütztes Arbeitsselbst zurück. Es gibt noch wenig Vertrauen in eine positive und handlungsfördernde Trotzdem-Haltung. Und darum ist Hilfe unabdingbar und die leistet bis jetzt noch niemand in dieser Form.

Andererseits braucht es aber auch eine Unterstützung, weil die Heranwachsenden ihre Situation oft nicht selbst verschuldet haben, sondern sozusagen den Preis einer sozialen Ausschlussgefährdung bezahlen.

Der Beistand soll also dazu beitragen, dass die Jugendlichen sich nicht zurückziehen, sondern im Lehrstellenmarkt weiterhin aktiv bleiben und weiterhin auf die Möglichkeit einer individuell erfüllenden Lebensgestaltung vertrauen und damit nicht aufgeben.

 

Also in erster Linie das Selbstbewusstsein stärken?

Ja. Wir wollen den Berufssuchenden nicht die Hindernisse aus dem Weg räumen, sondern sie in sperrigen Situationen stärken, ihnen zeigen, dass man Schwierigkeiten meistern kann.

Eine Absage ist eine «Emergency Room»-Situation für den Betroffenen. Ihnen einfach Lehrstellen suchen um sie dann zu bedienen, wäre eine viel schwächere Alternative, die auch meist wieder scheitert. Wir haben mit unserer schulischen Interventionsgruppe geübt, wie man sich in schwierigen Bewerbungsgesprächen verhalten kann.

 

Im Amt für Berufsbildung gibt es ein Team, das Jugendlichen – auch minderbegabten – hilft eine Stelle zu finden. Warum reicht dies nicht?

Das ist zweifellos eine wichtige Aufgabe. Aber die innerpsychischen Entwicklungsvorgänge bleiben ausgespart.

Heranwachsende müssen erfahren können, dass sie trotz Rückweisungen auf ihre Handlungsfähigkeit vertrauen können.

Ein Beispiel: In unserer Intervention mussten die stellenlosen Jugendlichen ein eigenes filmisches Projekt zur Vorstellungssituation entwickeln und es dann den abgehenden Schulklassen (9. Schuljahr) sozusagen «präventiv» vorstellen. Jedesmal klatschten die Schülerinnen und Schüler, und einer der Lehrlinge sagte mir anschliessend: «Wissen Sie, bei mir hat noch nie jemand etwas gut gefunden. Das ist das erste Mal.»

 

Und wie soll das Modell einer Intervention aussehen?

Eine Intervention muss einen Jugendlichen mit all seinen Ängsten dort abholen, wo er ist; bei seinen Lebensplänen und Bedürfnissen, bei seinen unerfüllten Berufswünschen. Und man muss sich mit ihm auf den Weg machen, um seine wirklichen Qualitäten zu entdecken, und dies alles handlungsorientiert.

Man zeigt ihm, dass er die Schuld für ein Ereignis nicht nur bei sich selbst zu suchen hat oder dass man oft falsch liegt, wenn man denkt, die anderen hätten keine Probleme bei der Lehrstellenwahl.

 

Weiss man, wie viele junge Menschen an einer solchen Situation leiden?

Nein, über Leidenszustände im Berufswahlprozess ist wenig systematisches Wissen bekannt. Man weiss zwar, dass je nach wirtschaftlicher Situation am Anfang zwischen fünf und zehn Prozent der Schulabgehenden ohne Lehrstelle bleiben und dass diese oft mit dadurch verursachten psychischen Schwierigkeiten, wie beispielsweise Selbstabwertungen, konfrontiert sind. Aber insgesamt weiss man wenig über eine Art Grundbefindlichkeit der Jugendlichen, die sich im Berufswahlprozess befinden.

 

Die Stärkung der Widerstandsfähigkeit könnten aber auch Normalbegabte brauchen.

So ist das genau, und es ist gerade in einer Gesellschaft der «entsorgenden Bemühungen» – wie wir in unserem Buch sagen – notwendig, soziale Verdrängungseffekte sensibel aufzuspüren, die Strukturen zu korrigieren und die Betroffenen zu stärken, so dass sie wieder einen Weg finden und ihn aus eigener Kraft gehen können.

Eine Krisenintervention dieser Art kann in jedem Fall auch für Jugendliche anderer, höher qualifizierender Schulstufen bedeutsam sein. Wenn beispielsweise der Übertritt vom Gymnasium an die Universität ansteht oder wenn dann später in der Berufsbiografie die Schwelle vom Studium in den Beruf gemeistert werden muss. Hier sind viele junge Erwachsene nach einem Studium in schwierigen Lagen.

 

Das Buch trägt den Titel «Zeitbombe ?dummer? Schüler» – eine krasse Aussage. Warum so?

Wir wollten nicht nur provozieren, sondern auch aufschrecken. Eine Gesellschaft, die eine heranwachsende Generation nicht in den Arbeitsprozess einbindet, ist eine Art soziales Explosionsgefäss.

Extreme Beispiele aus den Pariser Vororten haben es gezeigt und zeigen es immer noch. Es ist eine gefährliche schleichende Entwicklung, die das produktive Zusammenleben der Gesellschaft bedroht und der mit aller Kraft begegnet werden muss.

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