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Zwangsjacken und Schamgefühle

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Das Bild, welches die breite Masse von psychiatrischen Kliniken hat, hat sich spätestens seit dem Film «Einer flog über das Kuckucksnest» manifestiert. Die Geschichte eines Mannes, der in ein menschenverachtendes System hineingerät und aufgrund seiner Rebellionen einer Lobotomie unterzogen wird, hat die Vorurteile gegenüber Psychiatrien gefestigt.

Auch Henriette* fürchtete einen Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik zuerst panisch: «Ich hatte Panik vor der Psychiatrie, Panik, mir meine Krankheit einzugestehen. Was würde mit mir in der Psychiatrie geschehen? All die Vorurteile der Gesellschaft sowie meine eigenen lösten in mir Panik aus», führt sie aus. «Viele Leute glauben, dass in Psychiatrien nur solche sind, die spinnen.» Mit 28 Jahren versuchte Henriette, sich das Leben zu nehmen. Daraufhin kam sie in die psychiatrische Klinik.

 Unterstützung des Umfelds

Antidepressiva bekam Henriette tatsächlich massenhaft verabreicht: «Die hatte ich aber auch dringend nötig.» Die geschlossene Abteilung der psychiatrischen Klinik empfand sie als kräftezehrend und heftig: «Aber auch die Isolation hat mir in diesem Moment gut getan.» Henriette weiss aus erster Hand, was hinter der Türen der geschlossenen Abteilung vor sich geht–sie leidet an schweren Depressionen und hat insgesamt elf Monate in der psychiatrischen Klinik Marsens sowie in der bernischen Privatklinik Wyss hinter sich.

Vorurteile revidieren

Laut ihr sind die Vorurteile nicht mehr zeitgemäss, sondern vollkommen überholt: «Was man in Filmen so zu sehen bekommt, hat nichts mehr damit zu tun, wie es in der Realität ist.» Heutzutage behandle man Patienten menschlicher–meistens sei das Fachpersonal auf sie eingegangen. Henriette versucht deshalb, gegen die hartnäckigen Vorurteile zu kämpfen: «Mich hat der Klinikaufenthalt gerettet–er hat mir die Chance gegeben, mein Leben nochmals zu überdenken.» Eine Möglichkeit, die Bevölkerung aufzuklären, ergibt sich für Henriette am 2. September, wenn der vierte Deutschfreiburger Trialog in Rechthalten stattfindet (siehe Kasten). Diese trialogischen Gespräche zwischen Betroffenen, Fachkräften und Angehörigen laufen dieses Mal unter dem Thema: «Klinikaufenthalt: Vorurteile, Akzeptanz, Chance».

Panik vor der Psychiatrie

Henriette kann sich an keine Periode ihres Lebens erinnern, in der sie frei von ihrer psychischen Krankheit war. «Ich erinnere mich an depressive Momente, da war ich erst fünf Jahre alt.» Viele Leute würden den Unterschied zwischen Traurigkeit und einer Depression nicht erkennen. Phrasen wie «Jetzt gib dir einfach einen Ruck» gehören laut ihr zum Tagesprogramm. Dabei gehe die Traurigkeit bei einem Depressiven viel weiter: «In der Depression zerstöre ich mich selbst–mit Gedanken, mit Selbsthass. Ich habe kein Selbstvertrauen mehr. Seit ich 17 bin, quälen mich konkrete Suizidgedanken.»

 Henriette spricht offen über ihre Krankheit, fast trotzig. Dies resultiere aus der Frustration, die sich über Jahre angesammelt hat: «Was ich mir schon anhören musste», so Henriette erschöpft. «Irgendwann konnte ich die Vorurteile einfach nicht mehr hören. Da beschloss ich, meine Mitmenschen aufzuklären.» Denn nichts helfe einem psychisch Kranken mehr, als das Verständnis seiner Angehörigen «Ein ehrliches ‹Wie kann ich dir helfen?› bewirkt so viel mehr als die Aufforderung, man solle sich endlich zusammennehmen.»

* Name von der Redaktion geändert.

 

Vorschau

Vierter Trialog in Deutschfreiburg

Am 2. September findet in Rechthalten der Trialog der Freiburgische Interessengemeinschaft für Sozialpsychiatrie statt. Bei Psychiatrie-Trialogen werden nach der Begrüssung und Einführung ins Thema Gruppen gebildet. Jede Gruppe setzt sich aus psychisch beeinträchtigten Personen, Angehörigen und Fachpersonen zusammen. Henriette (siehe Haupttext) wird in Rechthalten den Einstieg ins Thema gestalten. Der Trialog widmet sich dem Thema: «Klinikaufenthalt: Vorurteile, Akzeptanz, Chance». «Man muss nicht unbedingt etwas dazu beitragen, es geht einfach darum, sich gegenseitig auszutauschen», erklärt Henriette. Nach den Diskussionen in den Dreiergruppen treffen sich die Teilnehmer wieder im Plenum und tragen die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.kf

Freiburg: Grosses Sprachenproblem

I m Kanton Freiburg gibt es eine einzige psychiatrische Klinik – jene in Marsens. Deutschsprachige Patientinnen und Patienten finden dort keine optimale Pflege, da die meisten Ärzte und das Pflegepersonal vor allem Französisch sprechen. Trotz Anstrengungen ist es dem Kanton nie gelungen, mehr deutschsprachiges Personal anzustellen: Dazu liegt Marsens zu weit weg von Deutschfreiburg (die FN berichteten). Den Verantwortlichen ist dieses Problem bewusst; Gesundheitsdirektorin Anne-Claude Demierre (SP) versprach den Aufbau einer deutschsprachigen Psychiatrieabteilung. Erst sollte diese bis 2016 in Tafers entstehen. Das aktuelle Projekt sieht nun vor, dass das Freiburger Netzwerk für psychische Gesundheit bis Anfang 2017 im Diözesanseminar neben dem Kantonsspital in Villars-sur-Glâne ein Psychiatriezentrum für Deutschsprachige einrichtet. njb

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