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Zwei Bäuerinnen im Clinch

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In zwölf Tagen stimmt das Schweizer Volk über die Fair-Food-Initiative und die Ernährungssouveränitäts-Initiative ab: zwei Vorlagen zur Landwirtschaftspolitik. Zwei Frauen, die sich bestens mit der Materie auskennen, sind Sylvie Bonvin-Sansonnens, Grossrätin (Grüne, Rueyres-les-Prés) und Meisterlandwirtin, sowie Christine Bul­liard-Marbach, CVP-Nationalrätin und Leiterin eines Landwirtschaftsbetriebs. Zu den beiden Vorlagen vom 23.  September haben sie allerdings sehr unterschiedliche Positionen, auch wenn sie sich in gewissen Punkten an­nähern.

 

Worin liegt der Unterschied zwischen den beiden Initiativen?

Christine Bulliard-Marbach: Für mich sind beide so eng verbunden, dass man sie eigentlich gar nicht trennen kann. Fair-Food will die Produkte kontrollieren, was ich sehr schwierig finde. Die Ernährungssouveränitäts-Initiative geht noch viel weiter – viel zu weit – und will die ganze Landwirtschaftspolitik verändern.

Sylvie Bonvin-Sansonnens: Die beiden Initiativen haben letztlich ähnliche Ziele: Fair-Food stammt aber von meiner Partei und repräsentiert auch die Anliegen der Konsumenten. Bei der Ernährungssouveränitäts-Initiative von der Gewerkschaft Uniterre steht die Unterstützung der bäuerlichen Familienbetriebe stärker im Vordergrund.

Christine Bulliard, Sie empfehlen beide Initiativen zur Ablehnung. Wieso?

Bulliard: Der Verfassungsartikel, der letztes Jahr aus dem Gegenvorschlag zur Ernährungssicherheits-Initiative hervorging, beinhaltet schon die wichtigsten Anliegen der beiden Initiativen. Diesen Verfassungsartikel gilt es zunächst einmal wirken zu lassen. Ausserdem würde eine Annahme der zwei Initiativen gegen drei wichtige interna­tionale Vereinbarungen verstossen. Die beiden Initiativen sind nicht opportun, sondern im Gegenteil sogar gefährlich.

Sylvie Bonvin, wieso sollte man beiden Initiativen zustimmen?

Bonvin: Sie liefern die Mittel, um gerechte Preise für landwirtschaftliche Produkte zu garantieren. Sie werten die gesunde Ernährung sowie den respektvollen Umgang mit Tieren und der Umwelt auf, schaffen lokale Arbeitsplätze, bewirken aber keine Preiserhöhungen und verletzten auch keine internationalen Abkommen.

Bulliard: Doch: Sie stehen im Widerspruch zum WTO-Agrar­abkommen, dem EU-Agrar- und Freihandelsabkommen sowie dem EFTA-Freihandels­abkommen.

Christine Bulliard, die Befürworter der Initiativen wollen Klimawandel und Umweltzerstörung bekämpfen. Sie fordern artgerechte Tierhaltung, fairen Handel und die Stärkung von bäuerlichen Kleinbetrieben. Das sind doch hehre Anliegen?

Bulliard: Das ist absolut richtig. All diese Anliegen unterstütze ich. Natürlich will ich die Produkte aus der Schweiz und aus der Region stärken. Aber für diese Forderungen braucht es keine neuen Initiativen. Es war schon genug schwierig, den bestehenden neuen Verfassungsartikel im Parlament durchzubringen. Dort gilt es nun, konstruktiv weiterzuarbeiten. Aber acht Ini­tiativen zur gleichen Thematik sind einfach zu viel. Ausserdem braucht es keinen neuen Papiertiger, der den Landwirten die Wahlfreiheit nimmt und den Einkaufs­tourismus fördert.

Die Gegner der Initiativen warnen vor steigenden Preisen, weniger Auswahl, einer Bevormundung der Bürger, mehr Einkaufstourismus, einem teuren Kontrollapparat und neuen Handelshemmnissen. Was sagen Sie dazu?

Bonvin: All diese Ängste sind unbegründet. Namentlich die Preise werden nicht zwingend steigen. Auch besteht die Gefahr nicht, dass die Produzenten oder Konsumenten weniger Wahlfreiheit hätten. Einige Gegner der Initiativen sprechen von einem Rückschritt in die Vergangenheit. Aber vielen Menschen ist bewusst, dass das heutige System ein Zug ist, der mit hoher Geschwindigkeit entgleist.

Bulliard: Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat schon lange begonnen. Aber wir sind gezwungen, mit der Zeit zu gehen. Die landwirtschaftlichen Betriebe müssen sich in Form von Betriebs- und Maschinengemeinschaften vergrössern, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Bonvin: Die Bauern haben sich weiterentwickelt. Aber sie profitieren nicht von den steigenden Preisen, da die Marge nicht in ihre Tasche gelangt, sondern beim Zwischenhandel hängen bleibt.

Bulliard: Und mit Ihrer Initiative können Sie das regeln?

Bonvin: Die Initiative kommt letztlich von den Konsumenten. Immerhin haben wir 100 000 Unterschriften ge­sammelt.

Bulliard: Aber glauben Sie das persönlich?

Bonvin: Ja. Ich bin nicht fatalistisch. Ausserdem ist in den zwei Initiativen nicht die Rede von biologischer Produktion. Sie wollen den Bauern helfen.

Bulliard: Der Bundesrat ist aber gegen beide Initiativen. Ausserdem muss dem Konsumenten die Wahlfreiheit erhalten bleiben. Und mit höheren Importzöllen würde die Schweiz zur Insel werden. Und das funktioniert einfach nicht, denn 45 Prozent unserer Oberfläche sind unproduktiv, weil es Berge sind.

Könnte es am 23. September zu einer «unheiligen Allianz» zwischen SVP- und SP-Wählern kommen, weil vielen SVP-Wählern der Gedanke der «Ernährungssouveränität» sympathisch sein könnte?

Bulliard: Ich habe viele Kontakte zu SVP-Kollegen. Ich denke, viele von ihnen sehen es ähnlich wie ich: Mit der letztjährigen Abstimmung über die Ernährungssicherheit ist das Thema erledigt.

Bonvin: Viele bürgerliche Bauern sagten, sie seien zu 80  Prozent einverstanden mit den Initiativen. Aber die restlichen 20 Prozent würden sie daran hindern, Ja zu sagen.

Nützt oder schadet es den Initiativen eher, dass sie gemeinsam an die Urne kommen?

Bulliard: Es könnte sein, dass ihnen der gemeinsame Abstimmungstermin tatsächlich schadet. Grundsätzlich halte ich es aber für richtig, sie gemeinsam vors Volk zur bringen. Denn vom Grundgedanken her gehören sie irgendwie zusammen. Generell denke ich, dass Fair-Food eine grös­sere Chance hat als die Ernährungssouveränität.

Es gibt ein gemeinsames Nein-Komitee, aber kein gemeinsames Ja-Komitee …

Bonvin: Auf Bundesebene nicht, in vielen Kantonen aber schon, so auch in Freiburg. Letztlich haben aber beide Initiativkomitees für sich je 100 000 Unterschriften gesammelt, und mit der Trennung auf Bundesebene wollen sie wohl auch jenen Mitbürgern Respekt zollen, welche die jeweilige Initiative unterschrieben haben.

Bulliard: Es ist sicher besser so, auch im Sinne der Trans­parenz.

Bei einem zweimaligen Nein bleibt alles, wie es ist. Was aber geschieht bei einem einfachen oder doppelten Ja. Was sind die direkten Konsequenzen?

Bonvin: Die Umsetzung ist dann wie immer Sache des Parlaments. Ich denke, dass wohl auch bei einem doppelten Ja die beiden Initiativtexte in eine gemeinsame Verfassungsrevision einfliessen werden.

Bulliard: Das sehe ich auch so. Beides würde wohl gemeinsam im Parlament behandelt werden. Für die erwähnten internationalen Abkommen würde ein einfaches oder doppeltes Ja aber auf alle Fälle Konsequenzen haben.

Bonvin: Diese Angst ist unbegründet. Die Grenzen würden sich ja nicht schliessen.

Der Abstimmungskampf scheint bislang nicht allzu engagiert und emotional gewesen zu sein. Wieso nicht?

Bulliard: Das Thema interessiert schon. Allerdings ist die Zeit zwischen den Sommerferien und dem 23. September einfach auch sehr kurz. Es wäre nun an der Zeit, dass sich die Bürger vertieft mit dem Thema auseinandersetzen. Aus meiner Sicht ist aber ganz klar: Die Initiativen sind gut gemeint, aber gefährlich.

Was erwarten Sie – unabhängig von Ihrem persönlichen Standpunkt – für ein Abstimmungsergebnis?

Bulliard: Erste Umfragen haben eine Ja-Mehrheit ergeben. Ich hoffe, dass sich das noch ändert. Da liegt aber noch viel Arbeit vor uns.

Bonvin: Ich habe Vertrauen in die Bürger und Vertrauen in eine nachhaltige Landwirtschaft.

Die beiden Vorlagen

Zwei Mal kommt die Landwirtschaft auf den Tisch

Ein Jahr nach dem Ja des Volks zum Gegenvorschlag zur Ernährungssicherheits-Initiative gelangen am 23. September gleich zwei weitere Initiativen zur Abstimmung, welche die Landwirtschaftspolitik im Fokus haben. Die sogenannte Fair-Food-Initiative der Grünen will die Eidgenossenschaft verpflichten, die ökologischen und sozialen Anforderungen an die Herstellung und den Verkauf von Lebensmitteln stark zu erhöhen. Zusätzliche Produktionsvorschriften im In- und Ausland sollen sicherstellen, dass in der Schweiz nur noch Lebensmittel importiert und verkauft werden, die unseren einheimischen Standards entsprechen.

Die Ernährungssouveränitäts-Initiative stammt von der Bauerngewerkschaft Uniterre. Sie will die Landwirtschaftspolitik noch fundamentaler ändern. Der Staat soll über zusätzliche Vorschriften die kleinbäuerliche, regional produzierende und verkaufende Landwirtschaft fördern. Die Initiative sieht eine Reihe von Massnahmen vor, unter anderem Importverbote, höhere Zölle, zusätzliche Subven­tionen und mehr Angestellte in bäuerlichen Betrieben.

Es zeichnet sich ein klassischer Links-rechts-Graben ab. Von den grossen Parteien unterstützten sowohl auf nationaler als auch auf kantonaler Ebene lediglich die SP und die Grünen die beiden Initiativen. Die CVP, die FDP und die SVP lehnen sie ab. Der Schweizerische Bauernverband empfiehlt bei beiden Vorlagen Stimm­freigabe.

Allerdings sagen der Dachverband der Westschweizer Verbände Agora, der Bäuerinnen- und Landfrauenverband sowie die Junglandwirte Ja zur Fair-Food-Initiative – aber nicht zur Ernährungssouveränität. Hier empfehlen auch diese Unterverbände die Stimmfreigabe.

jcg

Zu den Personen

Die Bürgerliche und die Grüne

Die 58-jährige Christine Bulliard-Marbach wurde 1996 in den Gemeinderat Ueberstorf gewählt und war von 2006 bis 2016 Gemeindepräsidentin. Von 2001 bis 2011 gehörte sie dem Grossen Rat an, 2011 wurde sie in den Nationalrat gewählt. Sie ist ausgebildete Primarlehrerin, leitet einen Landwirtschaftsbetrieb, ist verheiratet und hat drei Kinder. Die 47-jährige Sylvie Bonvin-Sansonnens aus Rueyres-les-Prés hat ein Diplom als Journalistin und ist Meisterlandwirtin. Im Jahr 2015 nahm sie für die Grünen im Grossen Rat Einsitz, seit 2017 präsidiert sie die Mitte-links-Grün-Fraktion. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.

jcg

 

 

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