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Zweisprachiges Freiburg als Ziel

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Autor: Nicole Jegerlehner

Als Generalrat haben Sie sich dafür eingesetzt, dass die Stadt Freiburg sich offiziell als zweisprachig deklariert. Wie betrachten Sie diese Forderung nun, da Sie Gemeinderat sind?

Thierry Steiert: Die offizielle Zweisprachigkeit sollte, zumindest als langfristiges Ziel, angestrebt werden. Bisher ist der Artikel 6, Absatz 3 der Kantonsverfassung immer noch ein toter Buchstabe. Er besagt, dass Gemeinden mit einer «bedeutenden angestammten sprachlichen Minderheit» Deutsch und Französisch zur Amtssprache erklären können.

 

Der Artikel ist auf Freiburg gemünzt?

Es gibt nicht viele Gemeinden im Kanton, an die man beim Verfassen des Artikels gedacht hat. Eine solche Bestimmung darf man als potenziell angesprochene Gemeinde nicht ignorieren. Und wer, wenn nicht Freiburg, ist angesprochen?

 

Sie hatten damals Antwort auf Ihr Postulat erhalten. Sind Sie damit zufrieden?

Unsere Fragen wurden damals teilweise beantwortet, aber es wurde nicht konkret aufgezeigt, welche Hindernisse es gibt, welche Abläufe es bräuchte, um die offizielle Zweisprachigkeit einzuführen. Es bräuchte ein Projekt, um alles im Detail aufzuzeigen.

 

Fordern Sie diese Antwort nun als Gemeinderat ein?

Mein mittelfristiges Ziel ist es, das Thema auf die Agenda zu setzen.

 

Ist es denn nicht bereits auf der Agenda, nun, da die zweisprachige Beschilderung des Bahnhofs Freiburg diskutiert wird?

Das ist ein Zeichen dafür, dass die nötige Sensibilität für das Thema im Gemeinderat da ist. Es ist bekannt, wie lange es Widerstände gegen die zweisprachige Beschriftung gab. Diese bisherige Blockade war eher psychologischer Natur – und nun plötzlich geht es.

 

Weil Sie als Zweisprachiger im Gemeinderat sind?

Klar hilft das. Aber das ist nur ein Teil der Antwort. Die Sensibilität war auch früher vorhanden, ich erinnere zum Beispiel daran, dass Vize-Syndic Jean Bourgknecht noch als Generalrat zusammen mit Bernhard Flühmann für die zweisprachige Beschriftung der Strassen und Plätze in der Altstadt eingetreten ist. Heute kann man sagen, dass im Gemeinderat eine offene Stimmung herrscht, und das hat wohl auch mit einem Mentalitätswandel zu tun.

 

Inwiefern?

Vor zehn bis zwanzig Jahren standen sich Französisch- und Deutschsprachige gegenüber: Zwischen der Communauté romande du pays fribourgeois und der Deutschfreiburger Arbeitsgemeinschaft herrschte ein extrem aggressiver Ton. Das zeigte sich auch in den Parteien; in der SP hatten wir wohl einige der lautstärksten Exponenten dieses Sprachenkriegs – das gab ein lautes Geschrei, wenn sie aufeinandertrafen. Diese Stimmung hat sich gelegt.

 

Woran liegt das?

An einem gesellschaftlichen Wandel. Die jungen Leute sind nicht mehr so empfänglich für die Sprachenproblematik – im Gegenteil, sie stehen der anderen Sprache offen gegenüber. Gerade auch junge Welsche, die bisher wenig Interesse für die deutsche Sprache beziehungsweise Deutschschweizer Kultur zeigten.

 

Hat die Stadt Freiburg konkrete Schritte hin zur Zweisprachigkeit vor?

Nein, nun wollen wir erst einmal die zweisprachigen Bahnhofsschilder realisieren. Manchmal braucht es etwas Geduld; das zahlt sich dann aber aus. Etwas zu überstürzen kann auch kontraproduktiv sein. Die Bahnhofsschilder können die Lage etwas entspannen und ein Signal sein. Danach müssen wir aber am Ball bleiben.

 

Was sind Argumente für ein offiziell zweisprachiges Freiburg?

Das hätte eine positive Signalwirkung: Wir würden uns zur Zweisprachigkeit bekennen, und zwar offiziell. Das ist in einem zweisprachigen Kanton eminent wichtig. Wir sind der Hauptort des Kantons, liegen an der Sprachgrenze, haben eine wichtige angestammte deutschsprachige Minderheit. Zudem haben wir den wohl wichtigsten Schritt – zumindest betreffend Kosten – bereits unternommen: Die Schulen werden französisch und deutsch geführt.

 

Was spricht dagegen, Freiburg, offiziell zweisprachig zu deklarieren?

Es gibt keine Argumente, die dagegensprechen, zumindest auf mittel- und langfristige Sicht. Aber es gibt Hindernisse. Würde die Stadt von heute auf morgen zweisprachig, müsste die Verwaltung alle Dienstleistungen in Französisch und Deutsch erbringen. Das ginge nicht einfach so.

 

Es braucht noch etwas Zeit?

Ja. Alle Dokumente, alle Protokolle sind auf Französisch verfasst. Wollen wir ein offiziell zweisprachiges Freiburg, bringt das erhebliche Übersetzungskosten und eine Erschwerung der Verwaltungstätigkeit mit sich. Und wir müssen Ängste abbauen.

 

Stiesse die Idee eines zweisprachigen Freiburgs auf frankophoner Seite auf Ablehnung?

Es gibt nur noch wenige Leute, die davor Angst haben – aber diese Angst darf man nicht unterschätzen. Dank des gesellschaftlichen Wandels stösst man heute aber kaum mehr auf Ablehnung; und man hört kaum noch jemanden sagen, er fürchte den Verlust seiner Kultur. Im Gegenteil: Immer mehr Leute sind stolz auf die Zweisprachigkeit in Freiburg. Zweisprachigkeit ist eine Stärke, keine Bedrohung.

 

Gibt es im Gemeinderat einen Sprachengraben?

Nein. Es wird ja eh nur in einer Sprache gesprochen.

 

Im Gemeinderat wehrt sich niemand gegen eine zweisprachige Stadt?

Nein. Die Frage der offiziell zweisprachigen Stadt wurde noch nicht diskutiert. Doch der Gemeinderat gibt ein klares Zeichen: Er steht hinter den zweisprachigen Bahnhofsschildern. Was mir auch wichtig ist: Die Unterstützung durch den Kanton. Er sollte Gemeinden, die zweisprachig werden wollen, finanziell unter die Arme greifen – und nicht nur beratend beistehen.

 

Sie sind zweisprachig. Bringt Ihnen das in der Politik Vorteile?

Das bringt Vorteile, das ist klar. Deutschsprachige Medien kommen eher zu mir, das bringt mir mehr Medienpräsenz. Und Leute, die in der Sprachenfrage sensibel sind, nehmen mich als glaubwürdigen Vertreter der Zweisprachigkeit wahr. Nach der Wahl hatte ich viele Reaktionen von Deutschfreiburgern, die sich freuten, wieder einen Deutschfreiburger im Gemeinderat zu haben.

 

Sehen Sie sich als Deutschfreiburger oder als Romand?

Ich habe alle Schulen auf Deutsch gemacht, zu Hause immer Französisch gesprochen, mein Arbeitsumfeld der letzten Jahre war zu 95 Prozent französisch – ich habe eine klar zweisprachige Identität.

 

Stört es Sie, wenn Leute fragen, ob Sie sich als Deutschfreiburger oder als Romand fühlen?

Das kommt nicht mehr so oft vor. Und ich habe gezeigt, dass ich beide Sprachen in Wort und Schrift beherrsche. Ich fühle mich komplett wohl in beiden Kulturen. Das Theater besuche ich in Deutsch und Französisch, Bücher lese ich in beiden Sprachen. Das ist eine persönliche Bereicherung.

 

Was bringt Zweisprachigkeit denn den Bürgerinnen und Bürgern?

Mein Engagement für die Zweisprachigkeit hat nur ein Ziel: So vielen Leuten wie möglich die Chance zu bieten, diese Bereicherung zu erleben. Wir leben auf der Sprachgrenze – da ist es einfacher, mit zwei Sprachen zu leben als in Frauenfeld oder in Nyon. Dass wir nun auch bilingue Klassen haben, zeigt den gesellschaftlichen Wandel: Jugendliche sind bereit, sich auf die andere Sprache einzulassen. Dabei ist das Ziel nicht, perfekt zweisprachig zu sein – es geht um eine mentale Öffnung.

Dossier Zweisprachigkeit: www.freiburger-nachrichten.ch

«Die jungen Leute sind nicht mehr so empfänglich für die Sprachenproblematik», sagt der zweisprachige Thierry Steiert.Bild Charles Ellena

Postulat: Freiburger Gemeinderat wollte keine vertiefte Prüfung

Im Oktober 2008 hatten die damaligen Freiburger Generalräte Thierry Steiert (SP) und Marc-Antoine Gamba (CVP) ein Postulat eingereicht: Sie forderten, der Gemeinderat solle die Vor- und Nachteile einer offiziell zweisprachigen Stadt prüfen – und zwar finanzieller wie nicht finanzieller Art (die FN berichteten).

Knapp ein Jahr später kam die Antwort: Die Stadtregierung habe zurzeit andere grosse und wichtige Aufgaben und könne sich darum der Frage der Zweisprachigkeit nicht annehmen, sagte Syndic Pierre-Alain Clément (SP) im Generalrat. Eine Antwort auf die Fragen Steierts und Gambas verlange eine vertiefte Arbeit, welche nebst den anderen laufenden Aufgaben nicht machbar sei.

«Frage mittelfristig stellen»

«Die Frage der Zweisprachigkeit ist mittelfristig zu stellen», sagte Clément damals. Erst wolle der Gemeinderat Entwicklungen in der Agglomeration oder bei eventuellen Fusionen beobachten. Zudem warte die Stadtregierung die Antwort des Staatsrates auf ein Postulat im Grossen Rat ab, bei welchem es um die finanzielle Unterstützung von zweisprachigen Gemeinden gehe. Diese Antwort steht heute noch aus.njb

 

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