«Das hat mir Hühnerhaut bereitet»

Ein Gewusel im Saal des reformierten Kirchgemeindehauses. Der neue Murtner Kinderchor feilt an der letzten Probe vor seinem ersten Auftritt noch an den Liedern. Chorleiter Florian Kirchhofer ruft seine Schützlinge ans Klavier, sie sollen sich darum herum aufstellen. «Die Solisten hierher», sagt der Leiter. «Was sind Solisten, will ein Kind wissen.» Das seien die Grösseren, belehrt es ein anderes Kind. Es ist recht bald still. Selbst die Jüngste in der Runde, fünfjährig, reisst sich zusammen. Das geht aber auch nur, weil das Mami gleich hinter ihr steht.

Auf dem Programm stehen die vertonte Version des «Unser Vaters» und «Das Lied der Freude». Zur Lockerung gibt es zwischen den Liedern eine Polonaise. Dann nimmt Kirchhofer die Arbeit wieder auf, er will sich noch mit dem Schluss beschäftigen. «Was machen wir am Schluss des Liedes, damit die Leute merken, dass wir fertig sind?», fragt er in die Runde. «Wir sind lauter?», wirft ein Kind ein. «Nein, wir werden leiser», sagt ein anderes. Die dritte Antwort stimmt: «Wir werden langsamer.» Also noch mal von vorne. Ein längeres Geraschel, bis die Notenblätter wieder gebüschelt sind, und weiter geht die Probenarbeit.

Als der letzte Ton verklingt, sagt Kirchhofer: «Das war so schön, das hat mir Hühnerhaut bereitet.» Er freue sich auf den ersten Auftritt seines neuen Chors am Sonntagmorgen. Zur Belohnung gibt es für die Kinder am Schluss der Probe ein Spiel. «Lumpen legen», schlägt eines vor. «Reise nach Bethlehem», ein anderes. Die Kollegein korrigiert sie, dass die Reise nach Jerusalem gehe.

Chor steht erst am Anfang

Feste Kinderchöre gibt es in der näheren Region in Kerzers und in Courtepin, weitere im Sensebezirk. Entstanden ist der «KidsChor», wie er sich nennt, aus einem Musicalprojekt letztes Jahr. «Wir wollten die Dynamik ausnutzen», sagt Kirchhofer. Ausserdem soll der Kinderchor gewissermassen die Nachwuchsabteilung des – ebenfalls neuen – Murtener Kirchenchors werden. «Aber wir wollen unser Repertoire so rasch wie möglich öffnen und nicht nur kirchliche Lieder an Gottesdiensten singen», sagt Kirchhofer. Schliesslich ist der Chor auch ein zusätzliches Angebot der reformierten Kirchgemeinde Murten.

Im Hintergrund liegt Kirchhofers Hund Baloo lässig am Boden und schaut dem Geschehen zu. Er ist quasi Mitglied des Chors und hat in einem Lied sogar schon eine Strophe erhalten. «Baloo beruhigt die Kinder, es ist erstaunlich, was so machbar wird», sagt Kirchhofer. So lernen die Kinder auch den Umgang mit einem Tier, der Chor wird zur Lebensschule. Baloo tröstet, wenn es einem Kind mal nicht gut geht. Tatsächlich: Der Hund wird in jeder Pause gehätschelt. Und die Probe geht wieder weiter.

Es war eine kurze Vorbereitungszeit, räumt Kirchhofer ein. Offiziell hat der Chor Anfang Jahr mit den Proben begonnen. «Aber ich staune, welche Kapazitäten die Kinder zum Lernen haben», sagt Kirchhofer. Er sei beeindruckt, wie schnell sich die Kinder die Lieder merken könnten. Sogar zweistimmige Kanons seien möglich. «Die Zuhörer erwarten am Sonntag freudig singende, strahlende Kinder», sagt Kirchhofer. Hilfreich seien die Handvoll Mütter, die den Chor stützten. Die Begeisterung der Kinder stehe im Vordergrund. «Es ist dann auch nicht weiter schlimm, wenn ein Kind den Ton nicht trifft oder mal nicht mitsingen will.» Es sei ihm wichtig, in den Kindern die Freude am Singen zu wecken. Und wenn er die Kinder begeistern könne, sei es auch einfacher, mit ihnen zu arbeiten, so Kirchhofer.

Fernziel: zwei Chöre

Nach der Premiere ist schon ein zweites Konzert des Chors angekündigt, im Herbst soll ein Musical folgen. Vorerst sei das Projekt auf zwei Jahre befristet, sagt Kirchhofer, dann werde man weiterschauen. Er erwäge auch, die Gruppe in einen Kinder- und einen Jugendchor aufzuteilen, wenn es die Teilnehmerzahl erlaube. Aktuell sei die Spannweite beim Alter, von vier bis 13 Jahren, recht gross. Zurzeit sind im Chor 16 Kinder eingeschrieben. Davon wird jedoch nur knapp die Hälfte an der Premiere teilnehmen, da diese mit dem Beginn der Skiferien zusammenfällt.