wort zum sonntag
Noch ist es nicht zu spät
Autor: Urs Zimmermann
Zehn Jungfrauen sind es im Evangelium. Fünf Kluge und fünf Törichte. In der Stuttgarter Stiftskirche sind es nur noch vier. Vier Kluge immerhin. Die anderen sechs, also die noch fehlende Kluge und die fünf Törichten, wurden zerstört, bei einem Bombenangriff Ende des letzten Krieges.
Einst waren es zehn, heute sind es noch vier. Einst war das Gleichnis ganz zu erkennen, heute nur noch bruchstückhaft. Wer die vier Damen aber trotzdem sieht, erinnert sich an ihre Geschichte und hört deren Mahnung. Sie heisst: Sei da, bevor es zu spät ist!
Die fünf törichten Jungfrauen kamen zu spät und die Folgen waren dramatisch. Die Mahnung ist deshalb mehr als nur berechtigt.
Sei da, bevor es zu spät ist!
Zu spät? Wer wüsste es nicht, irgendwann ist es zu spät.
Zu spät, um Mutter oder Vater für ihre Liebe und ihre Fürsorge zu danken. Zu spät, um ihnen ihre Grenzen zu verzeihen.
Zu spät, um die eigenen Kinder aufwachsen zu sehen, Zeit mit ihnen zu verbringen und sie zu fördern.
Zu spät, um eine Beziehung zu vertiefen.
Zu spät, um unheilvollen Entwicklungen Einhalt zu gebieten.
Zu spät, um Frieden zu schliessen.
Zu spät, um einen Traum zu verwirklichen.
Zu spät, um das eigene Leben zu leben.
Sei da, bevor es zu spät ist! So mahnen die zehn Jungfrauen im Sonntagsevangelium und so mahnen die vier in der Stuttgarter Stiftskirche.
Egal, ob zu zehnt oder zu viert, mahnen lohnt sich, denn noch ist es nicht zu spät.
Urs Zimmermann ist Pfarrer in Bad Zurzach, priesterlicher Mitarbeiter im Pfarreienverband Zurzach-Studenland und betreut die Wallfahrt zur heiligen Verena.