Autor: Nicole JEgerlehner
Während vier Jahren führte die Stadt Freiburg in ihrer Buchhaltung nicht den ganzen Betrag auf, den sie garantieren müsste, falls ihre Pensionskasse plötzlich alle laufenden und künftigen Renten auszahlen müsste: Von 2000 bis 2004 figurierte im Bilanzanhang jeweils nur der Garantiebetrag für die laufenden Renten (siehe Tabelle).
Garantie verharmlost
Der Freiburger Untersuchungsrichter Olivier Thormann hat nun nach über zwei Jahren seine Untersuchungen abgeschlossen, wie er gestern mitteilte. Er wirft dem heutigen Syndic und damaligen Finanzdirektor Pierre-Alain Clément (SP) sowie zwei Angestellten der Stadtverwaltung Urkundenfälschung vor.
Thormann geht davon aus, dass der Syndic und die beiden Mitangeklagten mit den falschen Zahlen ein doppeltes Ziel verfolgten: Sie wollten verhindern, dass sich das Bankrating der Stadt und damit auch die Kreditbedingungen verschlechterten. Zudem habe der Generalrat dank den geschönten Zahlen Kreditanträge für Bauprojekte durchgewinkt, die bei anderen Zahlen wohl keine Gnade gefunden hätten, argumentiert der Untersuchungsrichter. «In dieser Periode wurden Kredite für die Schule Villa Thérèse und das Gastspielhaus verabschiedet», sagt Thormann den FN.
Fehlendes Sachwissen
Clément wollte gestern keine Stellung nehmen; er verwies die Medien an seinen Anwalt, Alexandre Emery. Dieser betonte, sein Mandant weise alle Vorwürfe zurück. Clément habe in keinem Moment die Zahlen verschönern oder etwas verstecken wollen. «Die Experten haben entschieden, nach welcher Technik sie die Garantie berechnen wollten – diesem Entscheid konnte der Syndic gar nicht widersprechen, dazu fehlte ihm das Sachwissen», sagt Alexandre Emery. Zu den Motiven, die der Untersuchungsrichter für die Urkundenfälschung anführt, meint er nur: «Das sind reine Spekulationen.»
SP vertraut ihrem Syndic
Die Sozialdemokraten der Stadt Freiburg schreiben in einer Mitteilung, dass sie nach wie vor Vertrauen in ihren Parteikollegen und Syndic hätten. Die Überweisungsverfügung an den Polizeirichter ist aus ihrer Sicht «unverständlich»: Es sei doch genau Clément, welcher ab 2005 Massnahmen eingeleitet habe, um die Pensionskasse zu sanieren. Zudem sei nirgends vorgeschrieben, welcher Garantiebetrag in den Konten aufzuführen sei. Die SP betont, Clément sei von 2000 bis 2004 zwar Finanzdirektor, nicht aber Präsident der Pensionskasse gewesen.
Maximal 180 Tagessätze
Das Dossier geht nun zum Polizeirichter. Dieser kann eine Geldstrafe von höchstens 180 Tagessätzen oder eine gemeinnützige Arbeit von der selben Dauer aussprechen. Thormann hatte die Strafuntersuchung gegen insgesamt vier Personen eröffnet. Die Untersuchung gegen den dritten Angestellten wird eingestellt: Er sei nicht am Entscheid beteiligt gewesen, die zu niedrigen Beträge aufzuführen, teilt Thormann mit.