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Rechtschreibreformen hier und da

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gastkolumne

Autor: Boris Boller

Rechtschreibreformen hier und da

Am 1. August wird die Rechtschreibreform für deutsche Sprache nach einer längeren Übergangszeit nun auch für die Schweiz und Liechtenstein für verbindlich erklärt, also nicht eigentlich für alle, aber insbesondere für Schüler, Lehrpersonen und die Verwaltung. Den meisten anderen erwachsen immerhin keine direkten Nachteile, wenn sie die neuen Regeln nicht anwenden. Erklärtes Ziel der Reform war es, Schreibweisen zu vereinfachen, logischer zu machen und einige Worte entsprechend ihrem Ursprung zu schreiben – daher auch der allseits beliebte «Stängel».

Sicher nur ein übles Gerücht ist, dass die für die Reform zuständigen Kommissionen Mark Twain auch weiterhin nicht widerlegen wollten, der von Deutsch folgendes hielt: «Es gibt ganz gewiss keine andere Sprache, die so unordentlich und systemlos daherkommt und dermassen jedem Zugriff entschlüpft.» So etwas darf man natürlich nur sagen, wenn man Mark Twain ist, und die Aussage stammt aus Zeiten lange vor der Reform.

Die Meinung aber, dass grosse Teile der Reform und ganz besonders die lückenhaft kommunizierte stückweise Rücknahme der Reform alles andere als Ordnung und System und schon gar keine grössere Klarheit in die Rechtschreibung brachte, ist zumindest ausserhalb der zuständigen Stellen recht verbreitet: Ist z. B. ab 1. August das neue «eine Hand voll» oder das alte «eine Handvoll» (was nebenbei nicht genau dasselbe ist) gültig, werden beide Schreibweisen geduldet, oder wurde das nun schon rückgängig gemacht? Andere, nicht staatliche Stellen und Personen ausserhalb des Bildungswesens sind weiterhin frei in ihrer/ ihren Schreibweise/n und geben auch eigene, von der Reform abweichende Empfehlungen heraus, wie etwa der Schweizerische Chefredaktorenverband.

Der Lehrer- und Lehrerinnenverband wiederum erklärt, seine Mitglieder seien perfekt vorbereitet. Diese Situation hat immerhin den Vorteil, dass ich endlich den Satz von Jean Paul verstehe, wonach die deutsche Sprache die Orgel unter den Sprachen sei: In der Rechtschreibung werden nun tatsächlich viele verschiedene Register gezogen, und sie erklingt mehrstimmig.

Ganz offensichtlich weniger Aufsehen erregt, dass auch die französische Sprache eine – anscheinend irgendwie besser durchdachte – Orthographiereform durchführte – und das bereits seit 1990. Die Reform bringt neben einigen in diesem Fall tatsächlichen Klärungen von ein paar Unsicherheiten – soweit das bei einer kurzen Übersicht festgestellt werden konnte – auch ein paar Vereinfachungen. Ein paar, man soll ja nichts übertreiben – fremdsprachige Schüler standen nicht im Zentrum der Überlegungen.

Das Verblüffendste an dieser Reform aber ist, dass neben den zuständigen Stellen etwa der Romandie oder Walloniens sogar die Académie Française, als höchste Autorität der französischen Sprache, erklärte, dass weder die alte noch die neue Schreibweise als Fehler gelten dürfen. Dass diese Toleranz auch auf das Durchschnittsalter ihrer 40 Mitglieder zurückzuführen sei, denen auf ihre alten Tage keine neuen Regeln mehr zugemutet werden könnten, ist ebenfalls nichts als ein boshaftes Gerücht.

Boris Boller wurde im Thurgau geboren, besuchte die Schulen in Bern und lebt heute in Freiburg. Er studierte und arbeitete an deutsch- und französischsprachigen Abteilungen der Universität und überquert zur Zeit praktisch täglich die Sprachgrenze, um zur Arbeit zu fahren. Boris Boller ist Mitglied einer FN-Autoren-Gruppe, die im Monatsrhythmus frei gewählte Themen zur Zwei- und Mehrsprachigkeit bearbeitet.

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