Jede sechste Woche ist für einen Freiburger Feuerwehrmann eine spezielle Woche: Dann ist er auf Pikett und ist jederzeit bereit, seinen Arbeitsplatz zu verlassen und auszurücken. Denn die Feuerwehr der Stadt Freiburg baut auf Freiwillige. Nur gerade vier Angestellte, die sich in der Feuerwehrkaserne am Morgenrotweg um den Unterhalt kümmern, und zwei Feuerwehrinspektoren sind Angestellte der Stadt. Die anderen 123 Feuerwehrmänner und -frauen arbeiten in Autogaragen, Büros, Spitälern und Schulzimmern, als Strassenwischer und Anwalt. «Wir haben Leute aus allen möglichen Berufen», sagt der stellvertretende Kommandant Beat Betschart. Nicht alle jedoch können ihre Arbeitsstelle verlassen; sie sind nachts und an den Wochenenden im Einsatz.
Dieser Einsatzmodus gilt seit letztem Sommer; Letztere waren vorher nur am Wochenende im Einsatz und erhielten eine abgekürzte Ausbildung. Nun besuchen alle Feuerwehrleute der Stadt Freiburg die gleiche Ausbildung. «Das motiviert die Leute und macht die Arbeit für alle interessanter», sagt Beat Betschart.
Ausgebaute Kaserne
Das letzte Jahr brachte auch sonst Neuerungen: Die Kaserne wurde ausgebaut, so dass nun alle Lastwagen in der Halle so parkiert werden können, dass sie abfahrtbereit sind. «Vorher mussten wir manchmal ein Auto umparkieren, um ein anderes in der zweiten Reihe für den Einsatz hervorzuholen», sagt Betschart. Beim Ausbau wurden auch neue Garderobenräume eingebaut: Nun können sich alle Feuerwehrleute in geheizten Räumen umziehen. «Das ist angenehm, wenn man nach einem Einsatz in einer kalten Nacht verschwitzt zurückkommt.»
Geht ein Alarm ein, muss die Feuerwehr fünfzehn Minuten später vor Ort sein; das ist die gesetzliche Vorgabe. Natürlich seien nicht alle Freiwillige innert so kurzer Zeit vor Ort. «Das erste Fahrzeug ist aber innert weniger Minuten am Einsatzort», sagt Betschart: Zumindest jene vier Leute, die sich in der Kaserne um den Unterhalt kümmern, machen sich sofort auf den Weg.
Zu klein für Berufsfeuerwehr
Wäre denn eine Berufsfeuerwehr nicht besser? «Das wäre zu teuer», sagt Beat Betschart. Eine Berufsfeuerwehr brauche eine ganz andere Kaserne, mit Schlafzimmern, einer Küche, einem Sportraum. Und vor allem: «Womit sollen wir uns den ganzen Tag über beschäftigen? Wir hatten letztes Jahr nur 374 Einsätze.» Zu wenig für eine Berufsfeuerwehr.
Seit Dezember gehört auch die Feuerwehr Givisiez zur Freiburger Feuerwehr. Die Auflösung der Feuerwehr Givisiez hatte einigen Staub aufgewirbelt und in der Gemeinde für Ärger gesorgt (die FN berichteten). Der Gemeinderat hatte argumentiert, tagsüber sei nicht sicher, im Ernstfall genügend Leute aufbieten zu können. Die Feuerwehrleute wehrten sich und hätten eine Zusammenarbeit mit den Korps der Nachbargemeinden Granges-Paccot und Corminboeuf vorgezogen.
So haben am Schluss denn von den gut dreissig Feuerwehrleuten aus Givisiez nur gerade zwei ins Freiburger Korps – die grösste Feuerwehr im ganzen Kanton – gewechselt. «Viele sind zu anderen Feuerwehren gegangen», sagt Beat Betschart. Er könne dies nachvollziehen: «Die Feuerwehr ist eine emotionale Angelegenheit.»
Für Beat Betschart bedeutet die Feuerwehr mehr als Kameradschaft: «Sie ist wie eine Familie.» Man lerne Leute aus den unterschiedlichsten Berufen kennen, mit den verschiedensten Hintergründen. «Und doch duzen sich alle und arbeiten zusammen.» Freundschaften entstünden, und die Kontakte seien enger als beispielsweise in einem Sportteam. Er habe es nie bereut, bei der Feuerwehr zu sein, «trotz all der Zeit, die wir dafür geben».
Der Jahresrapport
Gestern Abend hielt die Feuerwehr der Stadt Freiburg ihren Jahresrapport ab: In der Aula der Universität Miséricorde schaute Beat Betschart, der den schwer kranken Kommandanten Philippe Jordan vertrat, in Anwesenheit der Stadtbehörden auf das vergangene Jahr zurück.
Zahlen und Fakten
4938 Arbeitsstunden im letzten Jahr
374 Mal ist die Feuerwehr der Stadt Freiburg letztes Jahr ausgerückt. Das sind zwar fünf Einsätze mehr als 2016 und machte insgesamt 4938 Arbeitsstunden aus. Doch sind es deutlich weniger Einsätze als noch vor zehn Jahren: 2007 rückte die Feuerwehr 557 Mal aus. Im Jahr 2015 sank die Zahl der Einsätze erstmals unter 400 und blieb seither unter dieser Marke. Letztes Jahr intervenierte die Feuerwehr 79 Mal wegen Bränden, 49 Mal wegen Überschwemmungen, 70 Mal wegen Öl- und Chemieverschmutzungen und 55 Mal wegen verschiedener Aktionen. Ganze 101 Einsätze der Feuerwehrleute gingen vergebens aus: wegen automatischer und wegen Fehlalarme. Bei 24 Einsätzen trugen die Feuerwehrleute die Atemschutzmaske.
Herausforderungen
Dank verbessertem Material weniger schlimme Autounfälle
Beat Betschart ist seit 28 Jahren Mitglied der Feuerwehr der Stadt Freiburg. Die Zahl der Autounfälle habe abgenommen, seit eine Probezeit für die Junglenker eingeführt worden sei, sagt er. Zugleich sorge der technische Fortschritt wie der Airbag und stabilere Chassis dafür, dass die Autolenkerinnen und -lenker bei einem Unfall besser geschützt und die Verletzungen weniger gravierend seien.
Auch das Material der Feuerwehr hat sich in den letzten knapp dreissig Jahren verändert, wie Beat Betschart sagt. «Heute ist alles Hightech.» Das vereinfache die Arbeit und führe beispielsweise dazu, dass heute beim Löschen viel weniger Wasserschaden entsteht als früher.
Eine Herausforderung stellen heute vor allem Autobrände dar: «Da müssen wir uns immer fragen, welche Art von Autos es ist», sagt Betschart. Ein Benzinauto wird anders gelöscht als ein Hybrid- oder ein Elektroauto. Und auch Fotovoltaikanlagen sind für Feuerwehrleute ein Problem: «Die stehen konstant unter Strom, da brauchen wir die Fachleute so schnell als möglich vor Ort», sagt Beat Betschart.