Vor 30 Jahren ist in Rechthalten das Strohatelier Sense-Oberland eröffnet worden. Damals haben sich ein paar Gleichgesinnte zusammengefunden, um das alte Handwerk der Strohverarbeitung nicht in Vergessenheit geraten zu lassen (siehe auch Kasten). Trachtenleute befürchteten damals, dass ihnen die Bezugsquelle für Trachtenhüte ausgehen würde, weil 1988 die letzte Schweizer Herstellerfirma für Trachtenhüte aus Stroh im Kanton Aargau ihren Betrieb einstellte. Im Sensebezirk gab es damals mit Ruth Rumo noch eine Frau, die das alte Handwerk beherrschte und ausübte. So gab sie ihr Wissen im neu gegründeten Strohatelier weiter.
Fokus hat sich verlagert
Auch heute erhält das Strohatelier noch regelmässig Aufträge für Strohhüte. Doch hat die Nachfrage in den letzten Jahren stetig abgenommen. Der Fokus der Produktion hat sich deshalb im Laufe der Jahre etwas verlagert. Das Strohatelier bietet unter anderem eine grosse Auswahl an Dekorationsgegenständen und Schmuck, Tischsets und diversen dekorativen Gefässe in verschiedenen Grössen an.
Ein Besuch in der kleinen Werkstätte im Zentrum von Rechthalten zeigt, wie vielseitig das unscheinbare Material Stroh sein kann. Im Gespräch mit den drei Frauen, die in Teilzeit im Strohatelier arbeiten, erfährt der Besucher aber auch, dass Stroh nicht gleich Stroh ist: In trockenem Zustand ist ein Halm steif und widerspenstig. Sobald man ihn nass macht, wird er extrem flexibel.
Dies und Besonderheiten aus den letzten 30 Jahren zeigt das Strohatelier am Wochenende mit Tagen der offenen Türen: drei Tage für drei Jahrzehnte. Als Gäste hat das Strohatelier unter der Leitung von Eveline Offner zwei Frauen eingeladen, die ebenfalls ein altes Handwerk pflegen: Beatrice Straubhaar aus Bulle zeigt die Kunst der Scherenschnitte, und Gaby Koch aus Düdingen macht Vorführungen im Klöppeln.
Strohatelier Sense-Oberland, Schwarzseestrasse 20, Rechthalten. Fr., 12. April, 16– 18 Uhr (Vernissage um 16 Uhr); Sa., 13. April, 10–16 Uhr; So., 14. April, 10–16 Uhr.
Zahlen und Fakten
Einst ein blühendes Handwerk
Das Sense-Oberland war ab Mitte des 19. Jahrhunderts ein bedeutendes Zentrum der Strohverarbeitung im Kanton Freiburg. Viele Familien lebten damals vom Stroh. Die Halme einer damals weitverbreiteten Getreideart, dem Poppeliweizen, wurden getrocknet, sortiert und mehrfach aufgeschnitten. Die Streifen wurden gepresst und zu Tressen geflochten oder mit einer Maschine zu Schnüren, «Drethli», gedreht und zusammengenäht. Frauen und Kinder erledigten diese mühevolle Handarbeit im Akkord. Zwischen 80 Rappen und 1.50 Franken erhielten sie zur Hochzeit für 1000 Stück Strohschnüre. Stroh war einer der ersten Exportzweige des Kantons Freiburg und eine wichtige Erwerbsquelle. Nach Mitte des 19. Jahrhunderts begann der Preiszerfall, das Handwerk geriet in Vergessenheit. Das Wissen ging nach und nach verloren.
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