Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Als Dreikönig noch ein Volksfest war

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Um zwei Uhr morgens ritt ein Reiter durch die Gassen Freiburgs und spielte laut Trompete. Wer noch immer schlief, erwachte spätestens um drei Uhr: Dann zogen Trommler durch die Stadt. Und um vier Uhr läuteten die Kirchenglocken.

So begann in der Stadt Freiburg während fast vierhundert Jahren der heutige Tag, der Dreikönigstag. Vom 15. Jahrhundert bis zum Einmarsch der Franzosen in die Eidgenossenschaft im Jahr 1798 zog jedes Jahr am 6. Januar ein Dreikönigsspiel Jung und Alt in den Bann. «Das war einer der grössten Anlässe im ganzen Jahr», sagt Stefan Matter, Dozent für Mediävistik an der Universität Freiburg. «Niemand wollte das Fest verpassen.»

Drei Chorherren als Heilige Könige

Das Spezielle: Das Freiburger Dreikönigsspiel vereinte katholische Liturgie mit militärischem Schaulaufen. Es wurde nicht nur Messe gefeiert, sondern auch hoch zu Ross defiliert und eine ordentliche Menge Schiesspulver verfeuert. Nicht ohne Stolz vermeldete ein Freiburger Ratsherr noch Ende des 18. Jahrhunderts, es handle sich bei diesem Dreikönigsspiel um eine «Feÿerlichkeit, die in der ganzen Welt Ihres gleichen keine hat».

Heinrich Fuchs, Dekan und als solcher der höchste Geistliche von St. Nikolaus, schrieb zwischen 1684 und 1687 im Auftrag des Freiburger Rats, der damaligen Regierung, genau auf, wie das Dreikönigsspiel vonstattenging. Im Zentrum stand zunächst das Religiöse: Drei Chorherren verkleideten sich als die Heiligen Drei Könige aus dem Morgenland. Sie stellten szenisch dar, wie sie dem Jesuskind ihre Gaben überreichen: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Dazu gehörte ein Sprechtext, den die Könige rezitierten.

Von Latein zu Deutsch

«Ganz zu Beginn war der Text noch in lateinischer Sprache», erzählt Matter – damals die Sprache der Kirche und der Gelehrten. Irgendwann habe man aber begonnen, die Szenen teilweise auf Deutsch aufzuführen. «Man wollte das Publikum abholen», so Matter. Auch das Volk sollte verstehen, worum es in der Dreikönigsliturgie geht. Da die eigentliche Messe in Latein zu lesen war, eignete sich das Dreikönigsspiel besonders gut, um dem Volk verständlich zu machen, was die Bibel erzählt.

Eine deutsche Aufzeichnung des Spieltexts aus dem frühen 16. Jahrhundert befindet sich im Freiburger Staatsarchiv. Geschrieben sind die Szenen in frühneuhochdeutscher Sprache – so, wie man damals schrieb, wenn man denn auf Deutsch schrieb. Dieser Text veränderte sich über all die Jahre kaum mehr. Das Dreikönigsspiel wurde bis zum Schluss auf Deutsch gespielt, auch zu einer Zeit noch, als in der Stadt immer mehr das Französische dominierte. Überliefert sind 148 Verspaare. König Melchior etwa sagte, als er zur Krippe trat: «Dir myn Gott, aller gnaden voll / Ich Wyh­rauch billich opfern soll.»

Erst später kommt das Militär hinzu

«Zu Beginn war das Dreikönigsspiel eine rein religiöse Angelegenheit», sagt der Germanist und Mittelalterforscher Stefan Matter. Dass aus dem Freiburger Dreikönigsspiel auch ein militärisches Spektakel wurde, sei vermutlich dem Zufall zu verdanken. Und einem Hauptmann namens Fégely. Dieser kehrte Ende des 16. Jahrhunderts – zu einer Zeit, als Söldner aus der Eidgenossenschaft an der Seite vieler fremder Herrscher in Kriege zogen – mit seiner Freiburger Kompanie einst just um den Dreikönigstag in die Heimat zurück. Da entschloss er sich wohl kurzerhand, mit einer Parade die Tüchtigkeit seiner Truppe vorzuführen.

Seither waren auch militärische Exerzitien fester Bestandteil des Spektakels. Um sechs Uhr morgens versammelte sich das Volk jeweils auf dem Liebfrauenplatz. Dort wurden zunächst die Behördenmitglieder mit Salutschüssen begrüsst, wie Chronist Fuchs vermerkt. Nachdem die Böller auch die letzten Schlaftrunkenen wachgerüttelt hatten, erschien Josef in einem violetten Seidengewand. Er führte einen Esel mit sich, auf dem Maria sass. Die Ehre, diese Rolle zu spielen, hatte jeweils ein Mädchen aus einer der vornehmen Familien. In ihren Armen trug Maria eine Puppe als Jesuskind.

Danach kamen die Heiligen Drei Könige angeritten. Jeder von ihnen hatte eine ganze Kompanie, uniformiert und bewaffnet, im Schlepptau, und stellte sich an einem festgelegten Ort auf dem Liebfrauenplatz auf. Nun waren die Soldaten dran: Während zwei Stunden erheiterte ein Manöver mit Scheinangriffen, Gewehrsalven und Granaten das Publikum, schreibt Chronist Fuchs – gefolgt von einem Feuerwerk. Danach wurden die ersten Szenen des eigentlichen Dreikönigsspiels gespielt: die Unterredung mit Herodes, der wissen will, wo das Jesuskind geboren sein soll.

Die «ziechung des sterns»

Im Matthäusevangelium leitet ein leuchtender Stern die Heiligen Drei Könige an diesen Ort, zur Krippe in Bethlehem. Auch das sollte möglichst anschaulich dargestellt werden. Dafür wurde jeweils vom Turm der Liebfrauenkirche aus ein Seil über den ganzen Platz gespannt, an dessen einem Ende ein Stern befestigt war. Weil dieses Seil eine leichte Neigung hatte, musste nur jemand daran rütteln, und der Stern bewegte sich. Für die «ziechung des sterns» war der Sakristan von St. Nikolaus zuständig. Ein Ratsmanual aus dem Jahr 1742 vermerkt, er werde hierfür jeweils mit zehn Batzen entschädigt – und mit einem Festmahl, offeriert von einem der Könige, also von einem der Chorherren.

Nach einer Messe in der Kirche St. Nikolaus, der heutigen Kathedrale, wo jeweils die letzten deutschen Spielszenen aufgeführt wurden, ging das Fest weiter – den ganzen Tag lang. Die Heiligen Drei Könige versammelten sich mit ihrem militärischen Gefolge in einer Gaststätte und liessen sich ein üppiges Festmahl auftragen. Chronist Fuchs schreibt, die Könige seien am Nachmittag nochmals durch die Stadt gezogen, sie hätten die Klöster besucht, und die Soldaten hätten unterwegs das übrig gebliebene Schiesspulver verschossen. Und weiter vermerkt er, man sei froh gewesen, wenn sich kein Unfall ereignet habe.

Grosse Trägerschaft

«Als das Fest immer aufwendiger inszeniert wurde, wurde auch die Trägerschaft immer grösser», erzählt Stefan Matter. Die Regierung liess das Dreikönigsspiel jeweils durchführen und zahlte einen Teil daran, im Wechsel mit den Zünften und einflussreichen Familien der Stadt. «Es gab einen festgelegten Zyklus, der bestimmte, wer wann wofür verantwortlich war.»

Dreikönigsspiele habe es in dieser Zeit auch anderswo gegeben, sagt Matter, so wie etwa auch Osterspiele. «Jenes von Freiburg ist aber so gut dokumentiert wie kaum ein anderes. Das ist für die Historiker ein ausserordentlicher Glücksfall. Das Freiburger Dreikönigsspiel ist sozusagen ein Filetstück für die Erforschung der mittelalterlichen Spieltradition.»

«Umherziehen» und «Welschsingen»

Das Fest war einigen jedoch ein Dorn im Auge. Schon im Jahr 1580 rapportierte ein päpstlicher Gesandter, das Dreikönigsspiel habe mit Religion recht wenig zu tun. Auch die Jesuiten, im Freiburg des späteren Mittelalters die bestimmende moralische Instanz, hatten keine Freude am bunten Treiben. Offenbar zog das Fest sogar Schaulustige von weiter her an: In einem Berner Ratsbeschluss von 1534 wurde den Bürgern, seit kurzem reformiert, untersagt, nach Freiburg zu gehen, um sich ein solches «Narrenwerch» anzuschauen.

Und obwohl das Fest tatsächlich immer mehr ausartete: Die Regierung hielt das Dreikönigsspiel am Leben – wohl nicht zuletzt deshalb, weil auch sie zu den Organisatoren gehörte. In einer späteren Quelle ist von «rottenweisem Umherziehen» und «Welschsingen» die Rede. Und es darf wohl vermutet werden, dass beim leichtfertigen Umgang mit den Waffen durchaus der eine oder andere Unfall zu verzeichnen war.

Das Freiburger Dreikönigsspiel vermochte sich bis zum Franzoseneinmarsch im Jahr 1798 zu halten. Danach donnerten am Dreikönigstag keine Gewehrsalven mehr durch die kühle Morgenluft. Der ursprüngliche, rein kirchliche Teil des Fests überlebte noch etwas länger. Es gibt Belege bis ins Jahr 1825.

«Das Freiburger Dreikönigsspiel ist so gut dokumentiert wie kaum ein anderes. Das ist für die Historiker ein ausserordentlicher Glücksfall.»

Gegenwart

Politiker und die Bevölkerung feiern den Dreikönigstag

Auch heute noch ist der Dreikönigstag aus Freiburg nicht wegzudenken. Vor allem für die wichtigsten Vertreter aus Politik und Wirtschaft: Das traditionelle Dreikönigsapéro der Freiburger Grenadiere ist für sie einer der wichtigsten gesellschaftlichen Anlässe im Jahr. Staatsrätin Marie Garnier regte in ihrer Ansprache vor zwei Jahren gar an, die mittelalterliche Feier wieder neu aufleben zu lassen – auch aus touristischen Gründen. Der Künstler Hubert Audriaz hat das ein Stück weit vorweggenommen: Jedes Jahr organisiert er einen Dreikönigsumzug durch die Freiburger Unterstadt, mit den Heiligen Drei Königen und echten Kamelen. Dieser Umzug findet auch heute Samstag statt und führt von der Kapelle St. Beat via Bernbrücke, Augustinerkirche und Lenda zum Grabensaal (Start um 19  Uhr). Mit dabei ist auch in diesem Jahr Oberamtmann Carl-Alex Ridoré als König Balthasar.

ko

 

Meistgelesen

Mehr zum Thema