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85 Jahre ohne formelles Gesetz

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85 Jahre ohne formelles Gesetz

Kantonsgericht spricht «Aufruf ans Volk»-Mitglieder frei

Das Freiburger Kantonsgericht hat eine Lücke im Gesetz gefunden: Ein Staatsratsbeschluss von 1920, aufgrund dessen acht Mitglieder von «Aufruf ans Volk» verurteilt worden sind, ist seit 1921 gar nicht mehr gültig.

Autor: Von CHRISTIAN SCHMUTZ

Im Juni und Juli 2005 haben je rund zehn Mitglieder der Vereinigung «Aufruf ans Volk» vor dem Rathaus, im Stadtzentrum und je zweimal vor Privathäusern von ehemaligen Magistraten demonstriert und Flugblätter verteilt. Mit diesen unbewilligten Aktionen wollten sie auf Ungleichbehandlungen im Kanton Freiburg aufmerksam machen.Ein speziell für die Vorwürfe eingesetzter Untersuchungsrichter verurteilte 13 Mitglieder zu einer Busse, gegen welche diese rekurrierten. Im Mai dieses Jahres musste daraufhin Jean-Marc Sallin, Polizeirichter des Saanebezirks, den Fall beurteilen. Er verurteilte die Demonstrierenden zu Geldbussen von je rund 400 Franken, weil sie gegen den Staatsratsbeschluss vom 4. September 1920 «Zwecks Festsetzung von Massnahmen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung» verstossen hätten. Darin sei festgehalten, dass es für derartige Versammlungen und Umzüge eine Erlaubnis des Oberamtmannes brauche. Bei Zuwiderhandlungen gebe es als Strafen bis zwei Jahre Gefängnis oder 5000 Franken Busse.

Spezieller historischer Kontext

Nach einem erneuten Rekurs der Mitglieder von «Aufruf ans Volk» hat ihnen das Strafappellationsgericht nun recht gegeben. Sie wurden freigesprochen, weil der Staatsratsbeschluss formell kein Gesetz sei und längst hätte aufgehoben werden müssen. «Er war 1920 in einem speziellen geschichtlichen Kontext entstanden», machten die Beschwerdeführer geltend. Dies im Rahmen einer Vollmacht des Bundesrats an den Kanton vor dem 1. Weltkrieg. Diese Vollmacht sei 1921 definitiv aufgehoben worden.«Der Beschluss von 1920 bildet tasächlich kein formelles Gesetz, da er nicht durch ein gesetzgebendes Organ verabschiedet wurde», teilte Präsident Alexandre Papaux im Urteil mit. Die Demonstrierenden seien also verurteilt worden aufgrund einer Basis, die es so nicht mehr gab. Gemäss Strafgesetzbuch könne es aber ohne schriftliches Gesetz kein Strafe geben.Das Kantonsgericht machte sich auch Gedanken zur Freiheit der Menschen. Als Kombination von Meinungs- und Versammlungsfreiheit gebe es implizit das Grundrecht zum friedlichen Manifestieren. Dies wurde im Kanton Freiburg noch verstärkt: In der neuen Kantonsverfassung von 2004 wird allen Leuten das Recht garantiert, eine Versammlung im öffentlichen Raum zu organisieren oder daran teilzunehmen. Also brauchte im 2005 die Aktion von «Aufruf ans Volk» keine Bewilligung, urteilte das Kantonsgericht.

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