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Das Apothekenkonto am Kantonsspital war halt mehr als nur ein «Kaffeekässeli»

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Autor: Irmgard Lehmann

Der ehemaligen Chefapothekerin am Spital Freiburg wird ungetreue Amtsführung und Veruntreuung vorgeworfen. Gestern Mittwoch fand am Bezirksgericht Saane der zweite Prozesstag statt. Zu später Stunde hatte die Angeklagte das «letzte Wort». Mit zittriger Stimme und den Tränen nahe wandte sich die ehemalige Chefapothekerin der Anklage zu: «Es war schlimm ihnen zuzuhören, wie sie mich heute Morgen als Verbrecherin hingestellt haben.» Sie erwähnte den Fussball-Sport, um körperliche Verletzungen den mentalen gleichzustellen: «Doch dort gibt es wenigstens Schiedsrichter, die unfaire Typen in die Schranken weisen.»

Die Angeklagte betonte, dass sie keiner einzigen Pharmafirma zu einem Mehrumsatz verholfen habe und dass das Konto bereits bei ihrem Vorgänger existierte.

Plädoyer – ein Marathon

Der zweite Prozesstag unter der Leitung von Gerichtspräsident Peter Rentsch war geprägt von endlosen Plädoyers, so dass die Urteilsverkündung auf den Freitag verlegt wurde. Ein Verhandlungstag, der wenig zur Klarheit des Tatbestandes beitrug. Vielmehr teilten die beiden Parteien – André Clerc, Anwalt der Angeklagten, und Michael Burri als Rechtsvertreter der Swissmedic – einander immer wieder Seitenhiebe aus. Die Auslegungen und Ansichten gingen arg auseinander: Im Gerichtssaal herrschte eine äusserst angespannte Atmosphäre.

Zur Erinnerung: H. J. war zehn Jahre Chefapotheker am Spital Freiburg. 2006 wurde sie entlassen. (2006 hatte H. J. eine Geschlechtsumwandlung vorgenommen.) Ihr wurde vorgeworfen, ein Konto nicht deklariert zu haben, aus dem interne Anlässe finanziert wurden (siehe FN vom 12. Nov.).

Am Mittwoch trat als Zeuge der stellvertretende Chefapotheker, der bis 2001 in der Spitalapotheke tätig war, auf.

Er vermochte sich kaum zu erinnern und sagte, dass er nur von kleinen Beträgen Kenntnis habe, die vom Konto bezahlt wurden. Seiner ehemaligen Chefin attestierte er professionelles Vorgehen. «Sie hat auf sehr wissenschaftliche Weise abgeklärt, welche Medikamente bestellt werden und welche nicht.»

Der Zeuge bekräftigte, dass das Verhältnis zur Direktion sehr angespannt war und dass Direktor Hubert Schaller auf berechtigte Forderungen nicht eingehen wollte oder konnte.

Als zweiter Zeuge trat der Vorgänger der angeschuldigten Chefapothekerin auf. Auch der 75-jährige J. W. mochte sich an wenig erinnern, hat er doch das Amt 1996 an seinen Nachfolger bzw. Nachfolgerin abgegeben.

Bitte um Milde

Vor dem Gericht setzte sich J. W. jedoch für die Angeklagte ein: «Seit dem fünften Altersjahr hat H. J. unter der geschlechtlichen Ambiguität gelitten. Dieser Zwiespalt hat H. J. insoliert und ihr Charakter hat bisweilen harte Züge angenommen. In der Gesellschaft hat sie kein Verständnis gefunden.»

Der 75-jährige Zeuge hat das Gericht gebeten, Milde walten zu lassen und der Problematik bei der Beurteilung Rechnung zu tragen.

Kompetenzen

Die stellvertretende Staatsanwältin Andrea Minka bezeichnete die Angeklagte in den Bereichen Veruntreuung, ungetreue Amtsführung und Vorteilnahme als schuldig. Sie habe ihre Freiheit ausgenutzt und die Kompetenzen überschritten. Sie habe Gelder, welche dem Fonds von Pharmafirmen zugeflossen seien – ohne Rücksprache mit der Direktion – ausgegeben.

Staatsanwältin Milka erwähnte aber auch strafmildernde Umstände: Die Angeklagte sei sich selbst überlassen gewesen und eine klare Regelung habe gefehlt. Auch habe das angespannte Verhältnis zur Direktion die Diskussionsgrundlage nicht gerade gefördert.

Die Staatsanwaltschaft hat sich für eine bedingte Strafe von 300 Tagessätzen ausgesprochen – plus Rückzahlung der Pikettentschädigungen von 10 000 Franken.

Belege vorhanden

In seinem Plädoyer wies André Clerc, Anwalt der Angeklagten, vor allem darauf hin, dass H. J. immer wieder nach einem Controlling verlangt, jedoch keine Antwort bekommen habe: «Ewiges Betteln und haufenweise Briefe, auf die es keine Reaktionen gab.»

Auch habe seine Klientin nichts verheimlicht und alle Belege seien einsehbar gewesen. Auch in der Tatsache, dass H. J. vom Konto ein Darlehen von 28 000 Franken für die Geschlechtsumwandlung abgehoben hat, sieht er als kein Vergehen. H. J. habe die Summe fristgerecht zurückbezahlt. Auch habe die Chefapothekerin sich nicht persönlich bereichert, sondern die Zuschüsse der Pharmafirmen für Fortbildung, Forschung oder Materialanschaffungen eingesetzt. «Schwarze Kässeli sind üblich, und die gab es auch am Gericht.» Clerc plädierte für einen Freispruch.

Ein Rechtsvertreter der Swissmedic wiederum beleuchtete in seinem endlosen Referat das Verhältnis Medikamentenbestellung und Auszahlung von Beträgen in sogenannte Fonds.

Was von diesem zweiten Prozesstag hängen bleibt, ist der Eindruck, dass es hier um eine persönliche Abrechnung geht.

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