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Lob des Schattens

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Es ist sehr still, das Städtchen fast menschenleer. Ich sehe unter einem schmalen, offenen Streifen der Sonnenstoren durch, wenn ich das Fenster kurz öffne. In diesen Tagen sind alle unsere Fenster geschlossen – wo möglich Sonnenstoren runtergedreht oder Vorhänge zugezogen. Die einzige Möglichkeit, die grosse Sommerhitze etwas draussen zu halten.

Wie in einer süditalienischen Dämmer-Höhlen-Wohnung zur Siesta-Zeit, sagen wir. Was mich amüsiert ist, wenn ich draussen Menschen begegne, habe ich manchmal das Gefühl einer speziellen Verbundenheit: Gemeinsames Erleben von zu heiss, zu viel Schwitzen, Nichthasten, hat manchmal eine Komponente des sich Zuzwinkerns. Und lockert dabei das Zusammenleben für viele, denn da gehts allen gleich, ob sie wollen oder nicht.

Die Sonne ist nicht allen Völkern ein gemeinsamer Wert. Bis heute wird sie bei uns meist geliebt. Wie ist das bei Camus beschrieben? In seinem Roman «Der Fremde», der im Orient spielt? Ich hole das Buch aus dem Regal und befinde mich bald in Denkbildern an einer brandheissen algerischen Küste, als ich zu lesen beginne. Camus spricht von den Zimbeln der Sonne, vom Pochen in allen Körperadern. Er lässt seine Hauptfigur Meursault selber erzählen, der sagt, ihm sei, als würde es vom Himmel Feuer regnen. Gedankenleer geht Meursault dem Strand entlang, sein Blut bleibt kalt, er bemerkt es nicht. Er registriert wohl seine Umgebung, fühlt jedoch neben der Sonnenhitze wenig bis nichts. In solch abwesendem Zustand wird er später einen Mann erschiessen, als ihn die Sonne blendet, er sie nicht abzuschütteln vermag, als das Messer des andern, seinem Opfer, aufblendet. Er hat die Kontrolle über seine Gefühlswelt verloren. Bei seinem späteren Prozess wird er sagen, dass vielleicht die Sonne Schuld habe an seiner Tat. Darüber lacht der ganze Saal. Ich muss das Buch wieder lesen, und warum nicht in einer hiesigen Hitzezeit?

So geschah es mir dann, dass ich deswegen auch an einen anderen Schriftsteller, einen Orientalen, dachte. Ich freute mich richtig, das Bändchen aus dem Regal zu holen, als es mir einfiel: «Lob des Schattens» von Tanizaki Jun‘ichiro. Es geht darin um japanische Ästhetik im Vergleich zur westlichen Zivilisation. Um Licht und Schatten, um Dämmerung und der Zauber darin. Jun‘ichiro bedauert es sehr, dass das Vordringen der elektrifizierten westlichen Zivilisation den besonderen verborgenen Reiz von Dämmerung und Schatten auflöse, schon aufgelöst habe und vergessen mache. Für ihn ist Schatten eine Grundfarbe. Der Autor beschreibt Schatten- und Lichtsituationen in japanischen Häusern, das kam mir gerade recht als kühlende Lektüre.

Vielleicht haben Sie schon mal östliche Suppe geschlürft aus einer Lackschale? Mir haben es diese Lackobjekte schon immer angetan, vor allem in ihren dunklen Farben – dunkle Rot, Braun, Schwarz. Urushi heisst der Saft, aus einem Baum gewonnen, der zur Herstellung dieses Lacks verarbeitet wird. Er härtet ohne Lösungsmittel aus, durch Kontakt mit Sauerstoff und ist sehr resistent. Seit Jahrtausenden schon kennt man im Orient diesen Lack, fertigt Essgeschirr und werden wunderschöne Objekte gestaltet, die heute auch in der Innenarchitektur eine Rolle spielen. Jun‘ichiro hat mir das Geheimnis verraten, diese Arbeiten richtig zu sehen und zu erleben. An einem voll ausgeleuchteten Ort ein Lackobjekt zu platzieren, heisst für ihn: Man hat das Rätsel des Schattens nicht begriffen. Leichte Lichtnuancen, tiefe und hellere Schatten bringen ein Lack-Werk erst zum Leuchten, loten die Tiefen des Objektes erst aus.

Wenn in Murten bei beginnendem Sonnenuntergang die Hora del cobre anbricht, schaue ich Abendländerin immer wieder mit Begeisterung zu, was Licht vermag. Ich denke, ob Morgenländer, ob Abendländer: Wenn die Aussentemperaturen unsere Körpertemperatur übersteigen, ist Schatten ein Geschenk, das sich jeder wünscht, nicht nur die Lackobjekte. Als die Sonne wieder mal auf unsere waagrechten Körperstellen Schultern und Riste drückte, schleppten wir uns in eine nahe Baumschule, um uns einen Baum auszusuchen, den wir im Herbst in den Garten pflanzen möchten. In unserer süditalienischen Dämmerhöhle kann ich mich schon jetzt darauf freuen.

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