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Nicolas Betticher: «Gänswein wird loslassen müssen»

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Der Deutschfreiburger Geistliche Nicolas Betticher hat 2010 Bischof Bernard Genoud in den Tod begleitet. So kann er sich gut vorstellen, was in Georg Gänswein vorgeht, der als Privatsekretär dem sehr kranken Benedikt XVI. zur Seite steht.

Nicolas Betticher, Sie waren vor zwölf Jahren in einer ähnlichen Situation wie Georg Gänswein, dem Privatsekretär von Benedikt XVI. Wie war das?

Ich war rund um die Uhr an der Seite von Bischof Bernard Genoud, insbesondere in seinem letzten Lebensjahr, da sich seine Krankheiten verschlimmerten – bis er am 21. September 2010 starb. Ich habe den Eindruck, dass es Georg Gänswein im Moment ähnlich ergeht. Er steht dem emeritierten Papst Benedikt XVI. zur Seite, dessen Gesundheit sich zunehmend verschlechtert. Gänswein wird loslassen und ohne dieses besondere Vater-Sohn-Verhältnis weiterleben müssen.

Wie war Ihr Verhältnis zu Bischof Genoud?

Ich wurde am 1. Juli 2001 von Bischof Bernard Genoud angestellt – und war von da an für ihn immer da. Erst war ich Kanzler, dann wurde ich von ihm zum Priester geweiht. Später ernannte er mich zum Offizial und anschliessend zum Generalvikar. Das blieb ich bis zu seinem Tod.

Wie kam es zu Ihrem spirituellen Vater-Sohn-Verhältnis?

Ich habe erst als Laie unter dem Bischof gearbeitet. Er war mein Vorgesetzter, ein guter Chef. Gleichzeitig hat er mich von Anfang an immer auch als Sohn behandelt. Er wusste mit Menschen umzugehen. Denn er war vorher Regens gewesen, hatte mit angehenden Priestern zu tun gehabt. Er war immer sehr respektvoll. So hat sich die Beziehung entwickelt. Er wurde mein spiritueller Vater – das ist ja jeder Bischof für seine Priester. So kam es zur Weihe.

Nicolas Betticher (l.) und Bischof Bernard Genoud hatten eine enge Beziehung zueinander, genauso wie Georg Gänswein und Papst Benedikt XVI.
Vincent Murith/a

Was war das Besondere an Ihrem Verhältnis?

Am Anfang hatten wir eine normale professionelle Zusammenarbeit, das war wunderschön. Dann kamen seine Krankheiten, darunter eine unheilbare Krebserkrankung – und er zog sich zunehmend zurück. Ich übernahm immer mehr seiner Aufgaben; ich gab, was ich konnte. Er hatte volles Vertrauen in mich. Er hat ja sein Bischofsamt nie aufgegeben – bis zu seinem Tod. In seinen letzten sechs Monaten im Pflegeheim brachte ich ihm jeden Tag alle Unterlagen. Diese besprachen wir – und ich brachte alles zurück ins Ordinariat.

Unterstützten Sie ihn auch persönlich?

Ja. In seinem letzten Lebensjahr wohnte Bischof Genoud erst noch in seiner Dachwohnung oberhalb des Ordinariats. Aber am Morgen des Karfreitags brach er zusammen – ausgerechnet an Karfreitag, als Jesus starb! Die Schwester, die ihn im Haushalt unterstützte, rief mich um Hilfe. Ich rief sofort meinen Bruder an, der als Onkologe Bischof Genoud behandelte. Ich trug den Bischof in mein Auto und fuhr ihn ins Spital.

Und dann?

Der Bischof wünschte, am folgenden Sonntag – wie geplant – die Messe in der Kathedrale zu feiern. Das teilte ich meinem Bruder mit. Der gab ihm die Medikamente, damit dies noch möglich war. So feierte Bischof Genoud seine letzte Messe an Ostern 2010. Von Mai 2010 an lebte er im Pflegeheim.

Wie gestaltete sich dann der Kontakt?

Ich hatte vorher das Zimmer im kirchlichen Pflegeheim für ihn organisiert und einige seiner Möbel dorthin transportieren lassen. Er wünschte sich ein Zimmer mit einem Balkon, damit er ab und zu hinausgehen konnte. Als er dort war, besuchte ich ihn täglich. Ich half ihm, auf den Balkon zu gehen, als er das nicht mehr selbstständig konnte. Ich brachte ihm seinen Mantel, wenn er fror. Ich organisierte Zigaretten für ihn. Und ich organisierte sein letztes Interview. Er wollte dem Westschweizer Fernsehen ein Interview geben. Das habe ich organisiert. Es fand am 1. August im Pflegezimmer statt. Es war grandios, was er da noch sagte.

Was sagte er?

«Ich habe mein ganzes Leben Gott und der Kirche geweiht. Ich freue mich auf die Begegnung mit Christus. Ich habe oft gezweifelt, aber der Zweifel gehört zum Glauben. Das macht mich immer stärker.» Danach sagte er: Jetzt ist gut. Er liess los, wurde immer schwächer. Und doch beauftragte er mich noch, sein Büro zu ordnen und Akten ins Archiv zu bringen. Er wünschte die letzten Sakramente von seinem Beichtvater. Am 21. September, mit dem Herbstanfang, starb er. 

Erinnern Sie sich an seine letzten Worte?

Ja, gut. Am Morgen des 21. Septembers nahm er meine Hand, küsste sie und sagte: «Ich hatte einen super Onkologen und einen super Generalvikar.» Das hat er auch einem Journalisten gesagt, der es publiziert hat. Ich blieb an jenem Tag bei ihm. Doch um 16 Uhr sagte er mir, er wolle allein sein. Darauf ging ich für eine Stunde ins Ordinariat. Als ich zurückkam, war er gestorben. Das war typisch. Bischof Genoud war ein Einzelgänger.

Erlebt Georg Gänswein etwas Ähnliches wie Sie damals?

Ich glaube ja, auch wenn ich ihn nicht persönlich kenne. Georg Gänswein stand früher immer hinter Papst Benedikt XVI., wenn dieser auftrat. Auch heute steht er ihm noch zur Seite. Er ist also in seiner Nähe geblieben – die Aufgabe hat er nun im Namen von Papst Franziskus inne. Diese Treue finde ich sehr schön. Ich glaube, dass zwischen Gänswein und Benedikt ebenfalls ein spirituelles Vater-Sohn-Verhältnis besteht. Doch diese Zeit geht langsam zu Ende. Nach der grossen Beerdigungsfeier wird die Frage aufkommen: Wie weiter mit Georg Gänswein? Er wird ohne Benedikt XVI. weiterleben lernen müssen. Diesen Prozess musste ich bei Bischof Genoud auch durchmachen.

Bischof Bernard Genoud weihte 2007 seinen langjährigen Mitarbeiter Nicolas Betticher in der Freiburger Kathedrale zum Priester.
Vincent Murith/a

Zur Person

Nicolas Betticher

Der Theologe und Kirchenrechtler Nicolas Betticher (61) stammt aus Freiburg. Von 1995 bis 2000 war er Sprecher der Schweizer Bischofskonferenz. Danach war ein halbes Jahr Mitarbeiter von CVP-Bundesrätin Ruth Metzler. Zwischenzeitlich war er auch politisch aktiv – als Grossrat und Präsident der städtischen CVP sowie als Präsident des Kantonalen Musikfests 2005 in Freiburg. Im Juli 2001 wurde der Laientheologe Kanzler des Bistums Lausanne, Genf und Freiburg. 2007 weihte ihn Bischof Bernard Genoud zum Priester. Betticher wurde Pfarrer und Domherr in der Kathedrale Freiburg und arbeitete auch für das Bistum Basel. 2009 ernannte Genoud ihn zum Generalvikar. Im gleichen Jahr wurde in der rechten Lunge des Bischofs ein bösartiger Tumor entdeckt. Nach Genouds Tod im Herbst 2010 und der Wahl von Charles Morerod zu dessen Nachfolger ging Betticher nach Bern als Sekretär der Nuntiatur – der diplomatischen Vertretung des Heiligen Stuhls – und war als Priester in der Region Bern tätig. Seit 2015 ist er Pfarrer und Pfarreileiter von Bruder Klaus in Bern. kath.ch

Kommentar (1)

  • 04.01.2023-Robert Schwaller

    Dieser einfühlsame Priester und bestens für das Amt vorbereitete Generalvikar wurde bei der Bischofswahl durch Papst Ratzinger+ übergangen. M. Morerod hat ihn umgehend abgeschoben.

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