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Rechtswidrige Norm in Sachen U-Haft

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Seit Anfang Jahr ist im Kanton Freiburg eine Regelung in Kraft, die besagt, dass sich Personen in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft, die über ein gewisses Einkommensniveau oder Vermögen verfügen, an den Haftkosten beteiligen müssen. In einer Verordnung setzte der Staatsrat den Betrag auf 21  Franken pro Hafttag fest. Wenige Monate später deklariert das Kantonsgericht diese Vorschrift nun als bundesrechtswidrig.

Im konkreten Fall hat sich ein Mann, der wegen dem Vorwurf des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz in U-Haft sitzt, gegen die Verfügung der Freiburger Staatsanwaltschaft gewehrt, die ihn zur Bezahlung des besagten Betrags verpflichtet hätte.

Kanton ist zuständig

In seiner Urteilsbegründung hält das Kantonsgericht fest, dass das Bundesrecht eine Beteiligung an den Kosten des Straf- und Massnahmenvollzugs zwar vorsehe. Dabei weise aber kein Wort darauf hin, dass die Vorschrift ebenso auf die Kosten der Untersuchungshaft vor Verurteilung anwendbar sei. Das Bundesrecht verbiete es den Kantonen aber ebenso wenig, eine Kostenbeteiligung vor Verurteilung zu beschliessen, zumal die Justizorganisation und der Strafvollzug in der Kompetenz der Kantone lägen.

Gegen Unschuldsvermutung?

Ob die Inrechnungstellung eines Teils der U-Haft-Kosten gegen die Unschuldsvermutung verstösst, wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht, lässt das Kantonsgericht offen. Es merkt aber an, dass es zumindest aus praktischen Gründen sinnvoll wäre, das Urteil abzuwarten – etwa für den Fall eines Freispruchs.

Gegen die Gleichbehandlung

Das Hauptproblem in der Freiburger Regelung sehen die Richter aber darin, dass nicht die gleichen Kriterien wie in der eidgenössischen Regelung angewendet werden. Oder mit anderen Worten, dass sie zu einer Ungleichbehandlung der Gefängnisinsassen führt.

Das eidgenössische Strafgesetzbuch sieht in Artikel  380 vor, dass die Kantone die Kosten des Straf- und Massnahmenvollzugs tragen. Und: dass der Verurteilte in angemessener Weise an den Kosten des Vollzugs beteiligt wird – entweder durch Verrechnung mit seiner Arbeitsleistung im Strafvollzug oder nach Massgabe seines Einkommens und Vermögens, wenn er eine ihm zugewiesene Arbeit verweigert. Das Bundesgericht präzisierte zudem, dass die Kosten der Untersuchungshaft gleich zu behandeln seien wie die Strafvollzugskosten.

Die Freiburger Verordnung bittet dagegen alle Personen in U-Haft gleichermassen zur Kasse – mit Ausnahme von ­hinreichend begründeten Härtefällen. Weder das Kriterium der Angemessenheit noch jenes der Subsidiarität hätten Eingang in die Verordnung gefunden, kritisiert das Kantonsgericht. Zudem sei es auch nicht am Inhaftierten, zu begründen, warum er ein Härtefall sei, sondern an den Behörden.

Im Weiteren sind die Kantonsrichter der Auffassung, dass die Staatsanwaltschaft nicht die richtige Behörde ist, um die Kostenbeteiligung im Einzelfall zu verfügen. Vielmehr wäre das Amt für Straf- und Massnahmenvollzug und Gefängnisse die richtige Behörde.

Gesetzgeber gefordert

«Nach dem Gesagten ist es nicht möglich, die Regelwidrigkeiten des angefochtenen Artikels durch eine gesetzeskonforme Interpretation zu korrigieren. Folglich ist die kantonale Norm nicht anwendbar, um die Beteiligung von Inhaftierten vor ihrer Verurteilung zu regeln, was das Bundesrecht eigentlich zulassen würde», schliesst das Kantonsgericht.

Mit diesem Entscheid setzt das oberste Gericht Freiburgs die Norm faktisch ausser Kraft, weil jeder, der auf dieser Grundlage zu einer Kostenbeteiligung verpflichtet würde, dies vor Gericht mit Erfolg anfechten könnte.

Das heisst: Der Gesetzgeber muss nochmals über die Bücher.

«Es ist nicht möglich, die Regelwidrigkeiten durch eine gesetzeskonforme Interpretation zu korrigieren.»

Urteil des Kantonsgerichts

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