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Abtretende Uni-Rektorin: «Man kann nicht everybody’s darling sein»

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Die allererste Rektorin der Universität Freiburg kehrt nun in die Ränge der Professorinnen und Professoren zurück. Astrid Epiney musste während ihrer Amtszeit eine Erhöhung der Studiengebühren verteidigen und erlebte leere Hörsäle während der Coronapandemie.

Am 31. Januar endet die zweite Amtszeit von Astrid Epiney an der Spitze der Universität Freiburg. Nach neun Jahren im Rektorat wird sich die 58-jährige Professorin wieder voll ihrer Tätigkeit am Lehrstuhl für Europarecht, Völkerrecht und Öffentliches Recht widmen. Ihre Nachfolgerin ist Katharina Fromm, Professorin am Lehrstuhl für Anorganische Chemie.

Astrid Epiney, Ende dieses Monats werden Sie Ihr Amt als Rektorin abgeben. Wie haben Sie die vergangenen neun Jahre erlebt?

Die Jahre im Rektorat habe ich als eine sehr befriedigende Zeit erlebt. Es waren spannende Jahre, man lernt die Universität ganz anders kennen. Und es lohnt sich wirklich, sich für diese Universität einzusetzen. Insofern hat mir die Arbeit als Rektorin viel Spass gemacht.

Was war Ihr grösster Glücksmoment in dieser Zeit?

Da gab es nicht nur einen einzigen Moment. Zwei Dinge haben mir immer viel Freude bereitet: Zum einen die Initiativen zu sehen, die von den Forscherinnen und Forschern sowie den universitären Körperschaften ausgingen. Ich denke da an die Schaffung der Ombudsstelle, die von der Körperschaft der wissenschaftlichen Mitarbeitenden aktiv begleitet worden war. Aber ich denke ebenfalls an neue Forschungsschwerpunkte, zum Beispiel das Zentrum für Lebensmittelwissenschaften, oder interdisziplinäre Studienprogramme, wofür die Ideen aus dem Inneren der Universität kamen. Der zweite Punkt ist das Rektoratsteam. Denn die Arbeit im Rektorat ist immer eine Teamarbeit mit den Vizerektorinnen und Vizerektoren sowie den Mitgliedern der erweiterten Universitätsleitung. Der Teamgeist und die Dialogbereitschaft erlaubten es, wichtige Dossiers voranzubringen, waren aber auch menschlich bereichernd. Alle wichtigen Entscheidungen in den vergangenen Jahren konnten wir im Konsens treffen. Das war mir ein grosses Anliegen. Wir haben nur zwei- oder dreimal abgestimmt und das nur bei wenig bedeutsamen Punkten.

Gab es ein Ereignis, das Sie stark aufregte oder wütend machte in Ihrer Rektoratszeit?

Wut oder Zorn ist eine der sieben Todsünden (lächelt). Diese versuche ich zu vermeiden. Ich würde es so formulieren: Es gab schwierige Situationen, wie die Covid-Pandemie und die Erhöhung der Studiengebühren. Da musste das Rektorat Entscheidungen fällen, die nicht alle gleichermassen glücklich machten. Aber in dieser Funktion kann man nicht everybody’s darling sein. Vor allen Entscheidungen haben wir eine Vernehmlassung durchgeführt oder auf andere Weise sichergestellt, dass die Betroffenen ihre Sicht der Dinge darlegen konnten. So wollten wir «en connaissance de cause» entscheiden, transparent informieren und für nachvollziehbare Entscheidungen sorgen.

Sie haben die Erhöhung der Semestergebühren angesprochen. Dies bewegte im Jahr 2017 Teile der Universitätsgemeinschaft. Gegen die Erhöhung um 180 Franken gab es eine Petition mit über 5600 Unterschriften und eine Demo von Studierenden. Wie waren Sie mit dieser Opposition umgegangen?

2017 demonstrierten Studierende gegen die Erhöhung der Semestergebühren.
Archivbild: Charly Rappo

Die Erhöhung war notwendig, weil wir mit sehr grossen finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert waren. Zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten Burn-outs oder waren akut gefährdet, weil es nicht genug Personal gab. Auch die Studierenden waren betroffen, weil in einigen Studienbereichen das Betreuungsverhältnis klar ungenügend war. Dort gab es zu wenige Dozierende für die Betreuung der Studierenden. Das Rektorat war in der Verantwortung, diese Situation zu ändern. Im Vorfeld der Gebührenerhöhung führten wir Gespräche mit der Agef, der Vertretung der Studierenden, und den Fakultäten. Dass einige Personen nicht einverstanden waren, ist nachvollziehbar. Die mitunter sehr persönlichen Angriffe gegen mich hätte man jedoch etwas zivilisierter gestalten können. Auch mit etwas Abstand betrachtet, bewerte ich die Entscheidung von damals immer noch als richtig. Die Universität leistete ihren Beitrag für zusätzliche finanzielle Mittel. Aus meiner Sicht ist es kein Zufall, dass der Kanton anschliessend eine substanzielle Erhöhung der Mittel sprach. Bei den Gebühren sind wir nun auf der Höhe von Bern. Die Massnahmen, die wir damals ergriffen hatten für die Studierenden, für die die Erhöhung ein finanzielles Problem war, gelten auch heute noch. Sie erlauben es, Studierende mit finanziellen Schwierigkeiten durch Zuwendungen der Dienststelle Unisocial angemessen zu unterstützen.

Ebenfalls in Ihre Amtszeit fiel der Tag der offenen Türen namens Explora. Dieser fand 2016 erstmals statt und ist mehrfach wiederholt worden. Brauchte es diesen Anlass, um die Verbindung zwischen der Uni und der nicht-studierenden Bevölkerung zu verbessern?

Etwas mehr als 40 Prozent des fixen Budgets der Universität wird durch den Kanton, also durch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler finanziert. Auch vor diesem Hintergrund ist es uns ein Anliegen, die Aktivitäten der Universität allen Interessierten zugänglich zu machen und den Kontakt mit der Bevölkerung zu pflegen. Und der Anlass trägt auch dazu bei, die Rolle der Wissenschaft in und für die Gesellschaft greifbar zu machen. Alle Ausgaben von Explora hatten einen ziemlichen Erfolg. Die Ausgabe des letzten Jahres war sogar ein Rekord. Es war ein toller Anlass, und auf dem Campus sah man nur lächelnde Gesichter bei den Besucherinnen und Besuchern.

Bei Explora, dem Tag der offenen Türen, präsentiert die Uni ihre Aktivitäten.
Archivbild: Charles Ellena

Sie haben vorhin die Coronapandemie erwähnt. Die Hörsäle blieben damals leer, die Studierenden hatten Vorlesungen im Homeoffice, also am Bildschirm. Welche Folgen hatte die Pandemie aus Ihrer Sicht für die universitäre Lehre? Gab es dadurch einen Digitalisierungsschub an der Universität, also vielleicht sogar etwas Positives, was man der schwierigen Situation abgewinnen konnte?

Positiv ist, dass in kürzester Zeit – bei uns, wie an anderen Unis – neue Lehrformate entwickelt wurden. Unter normalen Umständen hätte man dafür wahrscheinlich viel länger gebraucht. Ich denke, dass diese neuen digitalen Mittel weiterhin eingesetzt werden, allerdings komplementär. Denn die Pandemie hat ebenfalls gezeigt, dass die digitalen Formate den persönlichen Kontakt nicht zu ersetzen vermögen. Das universitäre Lehren und Forschen lässt sich nicht auf einen Bildschirm reduzieren. Die direkte und argumentative Auseinandersetzung mit anderen Ansichten funktioniert digital sehr reduziert. Auch Studierende benötigen den Austausch vor Ort. Für viele von ihnen war die Pandemie sehr schwierig. Im psychologischen Dienst der Uni erlebten wir eine Explosion der Konsultationen. Viele hatten Mühe damit, sich alleine vor einem Bildschirm zu befinden. Mit jemandem einen Kaffee zu trinken, Partys zu feiern, im Rahmen eines universitären Seminars eine Studienreise zu machen, all diese Aktivitäten gehören auch zum universitären Leben dazu. Diese Dinge sind wahrscheinlich genauso wichtig wie der Lehrinhalt im engeren Sinne.

Wie ist Ihre Meinung zum hybriden Unterricht, also der Kombination von Veranstaltungen vor Ort und Kurseinheiten über den Bildschirm?

Das Rektorat hat im Bereich der Lehre beschränkte Kompetenzen. Diese liegt primär im Zuständigkeitsbereich der Fakultäten. Nach Rücksprache mit den Dekanen haben wir allerdings eine Art Policy formuliert. Der darin enthaltene Grundsatz lautet: Die Uni Freiburg ist und bleibt eine Präsenzuniversität. Auf intelligente Art und Weise, und sodass es didaktisch sinnvoll ist, nutzen wir selbstverständlich die neuen Methoden. Ich selbst bevorzuge die Präsenzformate und sehe das Digitale eher als Unterstützung. Den direkten Kontakt zu den Studierenden zu haben, gefällt mir besser. Wenn ich in einem Saal vor 100 Studierenden eine Vorlesung halte, spüre ich genau, ob sie mir noch folgen können oder nicht.

Leer waren die Treppenhäuser und Gänge in der Universität nach Ausbruch der Coronapandemie.
Archivbild: Corinne Aeberhard

Sprechen wir auch über Sprachen. Vergleicht man den Jahresbericht von 2010 mit jenem von 2022, haben die französischsprachigen Studierenden die Deutschsprachigen überholt. Ihr Anteil stieg von 35 auf fast 47 Prozent. Der Anteil Deutschsprachiger sank von 42 auf 30 Prozent. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Zunächst ist es schön, festzustellen, dass in den letzten Jahren die Anzahl der französischsprachigen Studierenden nicht nur prozentual, sondern auch in absoluten Zahlen deutlich zugenommen hat. Das beweist die Attraktivität der Uni Freiburg in der Frankofonie. Gleichzeitig betrachte ich durchaus mit Sorge, dass der Anteil der Deutschsprachigen sinkt. Die Zweisprachigkeit lebt nur, wenn beide Sprachgruppen hinreichend stark vertreten sind. Für die Abnahme der Deutschsprachigen sehe ich mehrere Gründe. So ist möglicherweise nicht hinreichend bekannt, dass man in Freiburg nicht zweisprachig studieren muss, sondern dies auch nur auf Deutsch oder nur auf Französisch tun kann. Und wenn man doch zweisprachig studiert, muss man die andere Sprache nicht perfekt beherrschen. Dass das Französische insgesamt in der Deutschschweiz an Bedeutung verloren hat, spielt ebenfalls eine Rolle. Ich erinnere an die Diskussionen in einigen Deutschschweizer Kantonen, in der Schule Englisch vor Französisch zu lehren. An den Universitäten in Lausanne und Genf ist der Anteil Deutschsprachiger ebenfalls gesunken. Die Universität Freiburg muss weiter daran arbeiten, ihre Brückenfunktion zwischen den Landesteilen wahrnehmen zu können. Dazu gehört zu betonen, wie wichtig es für die Schweiz ist, dass man eine andere Landessprache wenigstens ein bisschen versteht, oder besser noch selbst spricht. Denn ansonsten werden wir ein Problem mit der Kohäsion bekommen.

Für Astrid Epiney muss die Uni weiter daran arbeiten, ihre Brückenfunktion zwischen den Landesteilen wahrnehmen zu können.
Bild: Charles Ellena

Eine andere Zahl: Der Anteil an Studierenden aus dem Ausland lag in den letzten Jahren quasi unverändert bei rund 17 Prozent. Wie beurteilen Sie diesen Wert?

Im Vergleich zu anderen Universitäten ist diese Zahl relativ hoch. Wenn sie steigt, stört uns das nicht. Wir sind eine international ausgerichtete Universität, und offenbar attraktiv. Unser grosses Netz an Abkommen mit anderen Universitäten – um die 500 dürften es sein – erlauben es den Studierenden, ins Ausland zu gehen. Und das macht unsere Universität im Ausland bekannt.

In den letzten 14 Jahren hat die Studierendenzahl um rund 1000 Personen zugenommen. Dafür braucht es die nötigen Räumlichkeiten und Infrastruktur. In Ihrer Ansprache am Dies academicus im vergangenen November appellierten Sie an den Kanton, vorwärtszumachen mit dem Bau der neuen Fakultät der Rechtswissenschaften sowie der Sanierung der Gebäude im Perolles. Kommt der Kanton nicht hinterher?

Bei den Infrastrukturen haben wir klare Verzögerungen. Schon in den 1990er-Jahren sprach man von einem Neubau der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Aus diversen Gründen, die wir jetzt nicht alle aufrollen müssen, hat es Verzögerungen gegeben. Der Staatsrat und der Grosse Rat haben es aber nie wirklich infrage gestellt, eine Volluniversität mit geeigneter Infrastruktur haben zu wollen. Ich stelle fest, dass es einen politischen Willen gibt, vorwärtszumachen.

Auf dem Areal neben dem Thierryturm soll das neue Gebäude für die Fakultät der Rechtswissenschaften errichtet werden.
Archivbild: Charles Ellena

Der Kanton Freiburg trug 2022 fast 47 Prozent der Kosten der Universität. Sollte der finanzielle Beitrag höher sein, so wie in anderen Kantonen?

In einigen Kantonen liegt der Anteil sogar deutlich höher mit mehr als 60 Prozent. Freiburg hat sehr viele ausserkantonale Studierende. Die Beiträge ihrer Heimatkantone fliessen in unser Budget, weshalb der Anteil des Kantons in Freiburg etwas niedriger ist. Für die Periode 2023 bis 2027 ist eine substanzielle Erhöhung der Freiburger Beteiligung vorgesehen, über die wir sehr froh sind. Es geht um die Schaffung zusätzlicher Stellen in der Grössenordnung von zwei Millionen Franken pro Jahr. Damit kann die Universität ihre Mehrjahresplanung im Wesentlichen verwirklichen. Wir hoffen natürlich sehr, dass der Kanton seine Universität weiter klar unterstützen wird.

Wie geht es für Sie nun weiter, beruflich und persönlich?

Ich werde in die Rechtswissenschaftliche Fakultät zurückkehren und freue mich wieder auf die Arbeit in Lehre und Forschung. Mein Lieblingsgebiet, die Beziehungen Schweiz-EU, ist gerade sehr aktuell. Die Forschung und Lehre hatte ich übrigens während meiner Zeit im Rektorat nie ganz aufgegeben. Persönlich werden meine Wochenenden nun weniger intensiv, und ich werde wieder mehr Zeit haben für meine Hobbys.

Zur Person

Die erste Rektorin der Universität Freiburg

Astrid Epiney wurde 1965 in Mainz geboren. Nach ihrem Rechtsstudium an den Universitäten Mainz und Lausanne sowie ihrem Doktorat kam sie 1994 nach Freiburg. Als assoziierte Professorin lehrte und forschte sie am hiesigen Lehrstuhl für Europarecht, Völkerrecht und Öffentliches Recht. Seit 1996 ist sie ordentliche Professorin. Von 1999 bis 2001 war sie Präsidentin der Körperschaft der Professoren der Universität, von 2005 bis 2007 Dekanin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. 2015 trat sie ihr Amt als Rektorin an und war damit die erste Frau in dieser Funktion in Freiburg. Sie wurde 2011 in die französische Ehrenlegion aufgenommen und erhielt Ende vergangenen Jahres auch das deutsche Verdienstkreuz 1. Klasse. (jmw)

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