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Auf dem Weg zum Ende der Welt

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Autor: Fahrettin Calislar

Ich habe gelernt: Erstens ruft man sich unter Jakobswegpilgern beim Vornamen, auch wenn man noch nicht in Santiago de Compostela war. Zweitens ist der empfohlene Pilgerpass selbst schon eine Verpflichtung. Auf der ersten Seite steht: «Ich bin Pilger auf dem Jakobsweg, der mich dereinst nach Santiago de Compostela führen kann.» Und gleich im Anschluss ein Feld für den spanischen Stempel. Das Ziel ist über 2000 Kilometer weit entfernt. Doch ein Ziel vor Augen zu haben ist ein schönes Gefühl.

Ich wandere am 25. Juli, dem Gedenktag des Heiligen, auf dem Freiburger Teil von Heitenried nach Freiburg. Startpunkt ist die neue Pilgerunterkunft von Klaus Augustiny. «Die Pilger hier sind ein Querschnitt der Gesellschaft», sagt er. «Doch wir merken, dass im Frühling die Langzeitpilger da sind, die vor der grossen Hitze in Santiago ankommen wollen.» Zurzeit seien es vor allem Anfängerpilger, die es ausprobieren wollen und die auch die Institution der Pilgerherberge nicht kennen: «Wir sind hier eine Art SAC-Hütte und kein Hotel.» Er nennt sie «Hapegrionos», nach dem deutschen Entertainer Hape Kerkeling, der den Weg einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht hat. Viele seien Kulturfans, auf der Suche nach der sportlichen Herausforderung oder wollen Kraftorte erfahren. Andere seien auf einer Sinnsuche, und alle hätten dasselbe Ziel. Ich bin also kein Einzelfall. Irgendwo muss man ja anfangen.

Auf dem Barfussweg

Augustiny war selber schon in Santiago. Worauf müsse man denn achtgeben, wenn man pilgern will, frage ich ihn. Immer genug Blasenpflaster dabei haben und keine grossen Etappen einplanen. «Viele Pilger sprechen kein Französisch, da müssen wir ihnen ein paar Brocken beibringen.» Für eine Schnupperpilgerfahrt durch Deutschfreiburg reichen meine Sprachkenntnisse. Denke ich mir, und wandere definitiv los, von der Pilgerherberge in der alten Käserei vorbei am Barfussweg nach St. Antoni.

Dort stosse ich auf die älteste reformierte Kirche im Sensebezirk. Pfarrer Emanuel Gasser öffnet. Er ist auf dem Jakobsweg auch schon gewandert. Ich hätte gerne gewusst, weshalb auch Reformierte den Pilgerweg des heiligen Jakob beschreiten. «Reformierte pilgern auch, doch der Weg zu Gott, der Lebensweg ist das Ziel und nicht das Grab eines Heiligen», sagt er. Es gehe ihnen nicht um den Ablass von Sünden wie in der katholischen Tradition. Zudem käme man an Orte, die man sonst nie besucht hätte.

Von St. Antoni bis Tafers

Ich ziehe vorbei an der Antoniuskirche, durch einen hohlen Weg im Wald und entlang der Taverna gen Tafers. An der über 300 Jahre alten Jakobskapelle treffe ich Otto Kolly. Er ist ein Veteran des Pilgerns. Er hat zwischen 1992 und 2004 zusammen mit seiner Frau den Jakobsweg komplettiert und sucht seither Fresken, die wie die Taferser Kapelle das sogenannte Galgenwunder darstellen, das über die Segenskraft des Jakobsweges berichtet. Weshalb er pilgere, frage ich ihn. «Ich kann da eingebettet sein in diese Geschichte und diese Gemeinschaft», entgegnet er. Schon als Schüler wollte er ein Pilger sein und das Ende der Welt («Kap Finisterre» in Spanien) finden. Seit tausend Jahren seien Menschen zum Ende der Welt unterwegs, und jeder folge den Spuren von vielen Vorgängern. Man treffe viele Menschen. Er erinnere sich an eine Finnin, deren Tochter an Krebs gestorben war und die durch das Wandern zu sich selbst finden wollte. «Das ist ein unheimlicher Boom zurzeit», staunt Kolly, doch der Jakobsweg habe seit dem Mittelalter immer wieder Hochs und Tiefs gehabt.

Von Tafers bis Freiburg

Ich habe Hunger. In einer Pizzeria in Tafers bin ich mit meinem geistlichen Führer verabredet, der mich auf dem zweiten Teil der Strecke heim nach Freiburg begleiten wird. Bruder Pascal Marquard ist Franziskaner. «Es braucht immer wieder Möglichkeiten, um sein Leben zu sortieren oder neu auszurichten. Und das Pilgern ist sehr geeignet dafür.» Deshalb gingen Leute an speziellen Schnittstellen ihres Lebens pilgern. «Das Pilgern ist ein auf ein Ziel hin ausgerichtetes Marschieren», umschreibt er. Sei es, dass man sich vor dem Studium besinnen, sich vor einer Ehe sammeln oder sich nach der Pensionierung orientieren will. Es sei ein guter Weg, sich mit sich selbst und mit Gott auseinanderzusetzen. Er sei selbst nach Padua/I marschiert und zwei Mal in Santiago gewesen. Der Jakobsweg sei auch deshalb beliebt, weil die Rahmenbedingungen mit Unterkünften oder den unterstützenden Jakobsgesellschaften sehr geeignet seien.

Schlafen in der Klosterzelle

Unterwegs treffen wir auf eine Frau aus dem Aargau mit dem Ziel Freiburg. Ihre Tochter sei nach Santiago marschiert, sie wolle diese Erfahrung auch einmal machen, erklärt sie. «Ist es Ihnen recht, wenn wir mit Ihnen laufen?», fragt Bruder Pascal. Sie bejaht. Sie wundere sich, sagt sie, keine anderen Pilger angetroffen zu haben. Zusammen gehen wir durch Felder und Wiesen und tauschen Lebenserfahrungen aus. Das vereinfacht das Vorwärtskommen. Mein Begleiter erzählt über die Pläne für eine kleine Pilgerherberge mit acht Betten in einer Zelle seines Klosters. In Heitenried habe man sich informiert und gelernt, dass geruchsabsorbierende Zimmerwände praktisch seien.

Bald gelangen wir nach Schönberg und überqueren die Saane. In der Kathedrale und im Franziskanerkloster erhalte ich, der Eintagespilger, die obligaten Stempel. Die Fortsetzung des Weges folgt. Aber nicht gleich heute.

Der Freiburger Franziskaner Pascal Marquard kennt den Weg ans legendäre Grab des heiligen Jakob aus eigener Erfahrung.Bild Mélanie Rouiller

Santiago de Compostela ist rund 100 Tagesreisen entfernt.Bild fca

Die Pilger folgen den Tafeln mit der goldenen Muschel.Bild fca

Jakobsweg: Der grosse Apostel, sein Weg und dessen Kennzeichnung

Jakobus der Ältere war einer der zwölf Apostel und zählte zum engsten Kreis der Jünger Jesu. Er wurde in Galiläa geboren und starb je nach Überlieferung den Märtyrertod in Jerusalem oder eben in Santiago de Compostela an der Nordwestecke Spaniens, wo er der Legende nach begraben liegen soll. Als Symbol wird ihm die zwölfstrahlige Jakobsmuschel zugeordnet, weil sie die Apostel und die Wege nach Santiago am äussersten Ende Europas symbolisiert.

Ab etwa dem Jahr 1000 wurde das Jakobsgrab zu einem beliebten Wallfahrtsort. Die Zahl der Ankünfte schwankte in neuerer Zeit zwischen 13 (1978) und gegen 280000 im Jahr 2010. Ein Grund für den Pilgerboom sind die unterstützenden Netzwerke. Die hiesigen Organisationen schlossen sich in einem Dachverband zusammen. Sie geben einen Pilgerpass und Broschüren heraus, beispielsweise über den Abschnitt von Schwarzenburg nach Romont. Pilger können sich aber auch an die dichte Beschilderung halten. Der Weg folgt dem nationalen Wanderweg vier, ist aber zusätzlich mit dem Muschelsymbol bezeichnet, wobei die Spitze der Muschel den Weg weist. Der erste Pilgerführer von 1495 empfiehlt übrigens von Freiburg her den südlichen Weg über Romont und nicht die Route über Avenches. Dies, weil das Gebiet seit den Burgunderkriegen noch immer verwüstet war.fca

Im Internet gibt es Infos unter: www.jakobsweg.ch (der beste Online-Führer zum Schweizer Jakobsweg, Pilgerpass beziehbar), www.pilgerstop.ch (Pilgerherberge Heitenried), www.heiligenlexikon.de (Eintrag zum heiligen Jakob), www.chemin-de-stjacques.ch (Freunde des Jakobswegs).

 

 

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