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Backstage mit Helene Fischer

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Eigentlich hätte der Titel dieser Kolumne «Die Komplexität der Dinge» heissen sollen. Aber seien wir ehrlich, eine Kolumne mit so einem sperrigen Titel hättet Ihr garantiert nicht gelesen. So leid es mir tut, es geht in diesem Text nicht direkt um die prickelnde Begegnung mit der erfolgreichsten Schlagersängerin seit Rex Gildo – obwohl ich tatsächlich neulich Backstage aus der gleichen Gummibärchenschale gegessen habe wie sie – uuuhhh, das war aufregend. Nein, es geht um eine verworrenere, undurchschaubarere und rätselhaftere Dame, als die alleinige, allmächtige und alleinherrschende Göttin des Schlagerhimmels. Es geht tatsächlich um Frau «Komplexität», mit Nachname «der Dinge». Deshalb: Sorry, Freunde, ich habe Euch reingelegt! Aber Ihr lasst Euch ja täglich von politischen Brandrednern, reisserischen Kurzfutternews und nackten Halbwahrheiten verarschen. Also nehmts easy. Da ich genau so doof bin wie Ihr, versuche ich mal, etwas Licht in unsere dunkle Einfalt zu bringen. Vielleicht seid Ihr ja gleicher Meinung, wie ich … Höre ich da ein leises Murren am Frühstückstisch? Okay, okay, vielleicht schaff ichs ja, da und dort die Helene in mein Traktat einzubauen. Ich habe genau eine Zugreise von Bern nach Freiburg Zeit, alles niederzuschreiben. Also los gehts.

 

Die Reduktion und das Herunterbrechen eines komplexen Themas ist die grosse Herausforderung des Songschreibens. Komplexe Harmonien werden weggelassen (ja, auch und vor allem die Helene macht das genau so und sogar viel mehr, als erlaubt). Man arbeitet mit wiederholenden Songstrukturen, mit einfachen, pulsierenden Rhythmen, mit einer aussagestarken, sinnbildlichen Sprache, mit eingängigen Melodien. Man schafft durch die Reduktion Raum für Interpretationen. Ich biete meist viel zu viel Raum, die Helene gar keinen – ergo, sie ist erfolgreicher als ich. Oder sehe ich das zu einfach?

Aber wartet, ich krieg da schon noch die Kurve … Ein Song will eine Reaktion hervorrufen: Am liebsten die Verbundenheit des Zuhörers, Ablehnung ist auch okay, alle Emotionen sind irgendwie willkommen, keine Reaktion ist schlimm. Traurig. Ja, es ist sogar ein sehr gutes Motiv, um mit dem Songschreiben aufzuhören … Es ist in letzter Zeit eine grosse Kunst geworden, den dauerunterhaltenen Mitbürger geistig und emotional zu stimulieren, ihn aus seiner Lethargie aufzuwecken und ihn mit mehr als nur Uh- und Ah- und Lalala-Melodien hinter seinem Thujahag hervorzulocken. Es kommt mir manchmal vor, als müsse ich an meinen Konzerten wie ein hyperaktiver Fitness-Vorturner Halbtote zum Halbleben erwecken; als lägen die Leute eingeschlossen in ihrem inneren Fondue-Stübli, gesättigt und vollgesogen mit allerlei Inhalten, die man ihnen im Sekundentakt in ihre Köpfe, Herzen und Rachen stopft. (Ihr könnt übrigens im Absatz oben das Wort «Song» auch mit Politik oder Werbung oder Schlagzeile etc. ersetzen, würde auch stimmen.)

Oder sehe ich das zu einfach? Sind wir wirklich gesättigt? Ich für meinen Teil brauche immer wieder neue Inhalte, neue Herausforderungen, neue Berge, die es zu überschreiten gilt. Ich bin nicht gesättigt oder abgestumpft. Ich bin vielleicht etwas verunsichert; denn wie soll ich mich für etwas entscheiden, wenn jede Möglichkeit drei andere hervorbringt? Vielleicht bin ich auch etwas abgelenkt, denn wie soll ich mich auf etwas konzentrieren, wenn mich gleichzeitig zwischen zwanzig E-Mails noch zehn Verpflichtungen ins Gewissen kneifen?

Es kann natürlich auch sein, dass ich einfach nur Angst habe: All die Panik-Parolen und Höhenfeuer und Themen, die derart komplex sind, dass ich sie mir von anderen erklären lassen muss. Ich bin abhängig. Abhängig von Fachleuten. Und diese Fachleute sind abhängig von anderen Fachleuten, und diese wiederum von anderen, und und und und … da brummt schon bald das Gehirn, weil am Schluss dieser Kette irgendeine Verschwörungstheorie steht: Kim Jong-un wird von Putin bezahlt, dieser wiederum von China unterstützt, und Chinas Wirtschaft gehört Trump, und der ist ein Alien oder so ein Scheiss … Die Welt verästelt sich wie eine Bronchie in immer mehr Details. Neue Zusammenhänge entstehen. Alles wird so verdammt komplex, dass auch kein Googeln mehr hilft.

Die gesamte Menschheit fällt ja bekanntlich bei jeder Abstimmung mindestens einmal in sich zusammen. Wir haben Angst. Das muss es sein: Angst, immer und überall. Angst vor Allergien, Unfällen in Wellnessbädern und selbstfahrenden Kinderwagen, Flugzeugentführungen und eingeschleppten Tigermücken, die aus genmanipulierten Reiskörnern schlüpfen, Angst vor der politischen Elite, vor Demagogen, Populisten und Präsidenten, Angst vor den Flüchtlingsströmen, Terroranschlägen und ungewaschenen Pouletbrüschtleni auf dem Grill. Angst, überall. Und immer. Ich habe schon Angstzustände, wenn ich an das Ende dieses Textes denke: Wohin führen mich all diese Überlegungen? In den Tod??!!! Muss ich mich aus dem Zug stürzen, bevor er auf der Grandfey-Brücke entgleist und in die Saane stürzt, der Koffer vom Zugnachbarn mir das Gesicht wegreisst und der Computer unter meinen Fingern meine Gedärme aufschneidet? Ahhhhh!!!!!!!

«Prochain arrêt Fribourg» … Danke liebe SBB, du reisst mich gerade zur rechten Zeit aus meiner Negativspirale heraus. Lasst mich einen kurzen Schlusssatz formulieren.

Liebe Freunde, in dieser komplexen Welt müssen wir uns auf das Wesentliche reduzieren: ein gesunder Menschenverstand, etwas Liebe für unsere Mitmenschen und ein guter Refrain zum Mitsingen: «Atemlooos, durch die Nacht …!»

 

Pascal Vonlanthen alias Gustav ist Musiker und lebt in Freiburg. Als FN-Gastkolumnist schreibt er regelmässig über selbst gewählte Themen.

Kolumne

«Wir haben Angst. Angst, immer und überall.»

«Alles wird so verdammt komplex, dass auch kein Googeln mehr hilft.»

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