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Behindertensession: Ein Blinder will nach Bern

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Im März findet im Bundeshaus die erste Behindertensession statt. Beeinträchtigte Personen aus der ganzen Schweiz werden dort über ihre politischen Anliegen diskutieren. Jonas Pauchard aus Düdingen stellt sich dafür zur Wahl. Ob er und die weiteren 13 Personen aus dem Kanton Freiburg teilnehmen können, entscheidet ein Online-Voting.

Behinderte Menschen stossen im Alltag regelmässig auf Hindernisse. Eine Person im Rollstuhl kommt die Treppen zum Eingang eines Gebäudes nicht hoch. Fehlende Leitlinien in öffentlichen Einrichtungen machen die Orientierung für Blinde zu einer Herausforderung. Im politischen Geschehen ist es nicht anders: Ohne Hilfe kann Jonas Pauchard zum Beispiel seine Wahlunterlagen nicht ausfüllen.

Der Düdinger kam mit einer Sehbehinderung auf die Welt. Das heisst: Er sah sehr wenig, 20 Prozent auf einem Auge – aber er sah. Noch als Sechsjähriger sollte bei ihm die Sehkraft mit einer Operation verbessert werden. Leider riss dabei die Netzhaut, seither ist er vollkommen blind. Der 30-Jährige hat keine Berührungsängste und erzählt offen von seiner Behinderung: «Dass ich früher etwas gesehen habe, erachte ich als Vorteil.» Farben hätten für ihn im Alltag durchaus eine Bedeutung. Wenn beispielsweise über eine saftig grüne Wiese oder einen farbenprächtigen Sonnenuntergang gesprochen werde, habe er davon eine klare Vorstellung.

Lesen durch Hören

Der reflektierte junge Mann kann sein Leben dank diverser Hilfsmittel selbstständig bestreiten, hat eine Lehre und anschliessend die Matura gemacht und studiert jetzt an der Universität Freiburg Rechtswissenschaften. Das Leben als Blinder sei für ihn vor allem durch technische Hilfsmittel einfacher geworden: «Die grosse Revolution war die erstmalige Möglichkeit, als blinde Person ein Smartphone via Touchscreen mit spezifischen Gesten und Sprachausgabe bedienen zu können.» Um Artikel, E-Mails oder Kurznachrichten zu lesen, nutzt er die vorinstallierte Sprachausgabe auf seinem iPhone. In hoher Geschwindigkeit, für ungeübte Ohren kaum verständlich, liest eine Frauenstimme jeweils das Geschriebene vor.

Kandidierende

Online-Voting entscheidet über Teilnahme an Behindertensession

Am 24. März 2023 findet im Nationalratssaal des Bundeshauses die erste Behindertensession der Schweiz statt. Psychisch, physisch oder kognitiv beeinträchtigte sowie hör- und sehbehinderte Personen aus der ganzen Schweiz werden einen Nachmittag lang diskutieren, was sie an der politischen Teilhabe hindert. Schliesslich verabschieden sie eine Resolution mit konkreten Forderungen, wie die politische Integration von Behinderten verbessert werden kann.

Die Session ist für die Teilnehmenden gleichzeitig ein Vernetzungsanlass. «Wir hoffen, dass daraus eine Bewegung entsteht», erklärte Philipp Schüepp, verantwortlich für den Bereich Public Affairs bei Pro Infirmis. Die Organisation für Menschen mit Behinderung ist die Organisatorin des Anlasses. Genau 44 Menschen mit Behinderung dürfen im März während eines Nachmittags in die grosse Kammer ziehen, was 22 Prozent der Nationalratssitze entspricht – der gleiche Anteil, den Behinderte in der Gesamtbevölkerung repräsentieren.

Über ein Online-Voting auf der Website von Pro Infirmis kann bis am 21. Januar für eine Kandidatin oder einen Kandidaten gestimmt werden. Von den 200 Kandidierenden kommen 14 aus dem Kanton Freiburg:

  • Amélie Baechler, Fribourg
  • Bastien Clerc, Broc
  • Vincent Crausaz, Marsens
  • Serge Lachat, Marly
  • Edith Leiser, St. Silvester
  • Peter Luder, Gurwolf
  • Gilbert Monney, Fribourg
  • Jonas Pauchard, Düdingen
  • Yves Raboud, La Tour-de-Trême
  • Francesco Eusebio Rullo, Gurwolf
  • Sandra Schüpbach, Estavayer-le-Lac
  • Daniel Suppan, Marsens
  • Nicole Tille, Châtel-St-Denis
  • Ueli Zahnd, St. Antoni

Steine im Weg

Trotz dieser Möglichkeiten sieht sich Pauchard immer wieder mit Herausforderungen konfrontiert. Viele Internetseiten und Webportale seien zum Beispiel nicht barrierefrei. «Barrierefreiheit kostet nicht mehr, wenn bei der Entwicklung von Websites und Apps von Anfang an darauf geachtet wird», betont der gelernte kaufmännische Angestellte. Über unformatierte Überschriften, Buttons, die nicht angeschrieben sind, und fehlende Alternativtexte für Bilder – die Sprachausgabe liest dann einfach den Dateititel wie beispielsweise «Grafik_476» vor – ärgert er sich am häufigsten.

Durch seine Sehbehinderung ist Jonas Pauchard mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Er möchte Verantwortung übernehmen für eine bessere Zukunft.
Aldo Ellena

Im politischen Alltag gibt es ebenfalls Hindernisse, wie eben der zu Beginn erwähnte Wahlzettel: «Aktuell erarbeitet der Bund die Voraussetzungen, um Blinden und Sehbehinderten Abstimmungsschablonen zur Verfügung zu stellen, damit Stimmzettel eigenständig und unter Berücksichtigung des Stimmgeheimnisses ausgefüllt werden können.» Bei Wahlzetteln sowie bei kommunalen und kantonalen Abstimmungen werde er aber weiterhin jemanden um Hilfe fragen müssen. Eine Lösung für das Problem würde eigentlich schon existieren: das E-Voting. «Dieses Thema geht für mich in der Politik deutlich zu langsam vorwärts», bedauert Pauchard, der selbst schon einmal für den Generalrat kandidiert hat.

Gemeinsam Lösungen finden

Ein politisches Amt hat er jedoch nicht inne. Stattdessen sieht er sich als Lobbyist für Barrierefreiheit: «Erst im Austausch mit anderen sieht man deren Herausforderungen». Deshalb geht er mit viel Geduld auf sein Gegenüber ein, erklärt, was ihn im Alltag behindert und welche Lösungen er vorschlägt, damit er irgendwann eben nicht mehr «behindert» wird. Besonders würde er sich freuen, an der ersten Behindertensession am 24. März im Bundeshaus (siehe Kasten) teilnehmen zu dürfen und dort auf andere tatkräftige Menschen mit Behinderung zu treffen. Sein Ziel: «Zusammenarbeiten und Lösungen finden, die für alle behinderungsübergreifend einen Mehrwert bieten.»

Behindertensession

Der Name ist Absicht

Den Organisatoren ist bewusst, dass der Begriff «Behindertensession» Verwirrung auslösen oder sogar provozieren kann. «Der Begriff soll die Leute dazu anregen, sich Gedanken zu machen», erklärt Philipp Schüepp von Pro Infirmis. Der Begriff provoziert nur, wenn er negativ behaftet und tabuisiert sei. Jonas Pauchard, Kandidierender für die Behindertensession, bestätigt: «In der jetzigen Zeit stimmt die Bezeichnung ‹Behinderte›, da wir tatsächlich in vielen Aspekten im Alltag behindert werden.» Er betont jedoch, dass diese Auffassung von Person zu Person verschieden sein kann.

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