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Chat GPT an Schulen: «Es ersetzt das eigene Denken nicht»

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Chat GPT an Schulen: Teufelswerk oder Heilsbringer? Philippe Froidevaux und Loraine Schmidhäusler vom Kompetenzzentrum Fritic sagen: «Weder – noch.» Es gelte einfach, einen kompetenten Umgang damit zu finden.

Philippe Froidevaux und Loraine Schmidhäusler: Welche Fragen stellen sich für die Schulen im Umgang mit der künstlichen Intelligenz, der KI? 

Philippe Froidevaux: Künstliche Intelligenz wirft sehr viele Fragen auf: bezüglich des Datenschutzes, des Umgangs und des Nutzens für Lehrpersonen und für Schüler. KI führt zur Frage, welche Kompetenzen die Schülerinnen im Rahmen des Unterrichts entwickeln müssen. Dies vor dem Hintergrund, dass gewisse Kompetenzen, die bisher Menschen übernommen haben, neu die KI übernimmt. Es stellt sich die Frage, was die Schülerinnen lernen müssen für die Welt von in zehn bis 20 Jahren. 

Viel zu reden gibt aktuell das webbasierte Tool Chat GPT. Was sind Ihrer Meinung nach die Vor- und Nachteile dieses Programms für die Schule?

Philippe Froidevaux ist Direktor von Fritic. Er plädiert wie der Staatsrat für einen offenen Umgang mit Chat GPT.
zvg

Philippe Froidevaux: Es gibt viele Vorteile für die Lehrpersonen. Sinnvoll eingesetzt, lässt sich damit wertvolle Zeit gewinnen, die dann zum Beispiel für Bereiche, die menschliche Interaktionen erfordern, genutzt werden kann. Man kann Chat GPT zum Beispiel anweisen, bei Unterrichts- und Prüfungsvorbereitungen zu helfen.

Können Sie sich tatsächlich vorstellen, dass Chat GPT für diese Aufgaben genutzt wird?

Loraine Schmidhäusler: Ja, ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Instrument zum Beispiel für das Zusammenstellen von Quizfragen genutzt wird, mit denen die Lektion abgerundet wird. Das Programm könnte auch zum stufengerechten Umschreiben von Texten genutzt werden. 

Man könnte Chat GTP also den Auftrag geben: Formuliere diesen Text um, indem du das Sprachniveau eines siebenjährigen Kindes übernimmst?

Loraine Schmidhäusler: Ja, genau. 

Und was halten Sie von der Korrektur von Prüfungen durch Chat GPT? Es gibt ja nicht immer nur richtig oder falsch. 

Loraine Schmidhäusler: Nur mit Chat GPT wird das nicht funktionieren. Es gibt zwar viele Beispiele, bei denen die Bewertung durch Chat GPT zufriedenstellend ist. Aber alle Lehrpersonen, die das ausprobiert haben, sagen auch, dass Chat GPT nur eine begrenzte Möglichkeit bietet, wie man den Lernenden Rückmeldungen geben kann. Die Bewertung durch Chat GPT muss als erster Entwurf angesehen werden, der unbedingt kritisch hinterfragt, bearbeitet und mit einer persönlichen Meinung ergänzt werden muss.

Denn die Lehrpersonen stehen ja in einer Beziehung zu den Lernenden. Das kann Chat GPT nicht bieten. Es liefert bloss Fakten.

Loraine Schmidhäusler
Pädagogische Mitarbeiterin Fritic
Die ehemalige Primarlehrerin Loraine Schmidhäusler arbeitet bei Fritic. Sie plädiert für einen kritischen und zugleich entspannten Umgang mit Chat GPT.
zvg

Philippe Froidevaux: Bei der Nutzung von Chat GPT ist immer zu beachten, dass es ein rein statistisches Werkzeug ist. Es antwortet auf Fragen gemäss den Daten, mit denen es trainiert wurde. Das bedeutet, dass alle Informationen, die Chat GPT liefert, überprüft werden müssen. Man kann sie nicht einfach übernehmen. 

Können Sie das an einem Beispiel erläutern?

Philippe Froidevaux: Chat GPT könnte zum Beispiel eine plausible Antwort auf eine widersprüchliche Frage geben wie ‹Wie harmonisch lebten Menschen und Dinosaurier vor 6000 Jahren zusammen?›. Andererseits kann das Programm aufgrund seiner Quellen oder aufgrund des Mangels an Quellen Antworten aus dem Nichts erfinden, einschliesslich der Erfindung wissenschaftlicher Referenzen. 

Sie haben die Vorteile für die Lehrpersonen erwähnt. Welche Vorteile hat Chat GPT für die Schülerinnen?

Philippe Froidevaux: Die Schüler können es wie die Lehrpersonen zu Recherchezwecken nutzen, um einen Text zu erstellen, zu bearbeiten, zu verändern oder zu verbessern. Aber dieselben Probleme, die sich für die Lehrpersonen stellen, stellen sich auch für die Lernenden. Man muss sich versichern, dass der Text korrekt ist und dass er die richtige Botschaft vermittelt.

Die Nutzer und Nutzerinnen von Chat GPT müssen den Text verantworten. Sie können es als zusätzliches Instrument einsetzen. Es ersetzt aber nicht das eigene Denken.  

Philippe Froidevaux
Direktor Fritic

Zu sehen, ob ein Text richtig ist, stelle ich mir unter Umständen aber sehr schwierig vor, zumal Chat GPT, wie Sie gesagt haben, nicht immer alle Quellen angibt. Wie kann dieses kritische Denken gelernt werden?

Philippe Froidevaux: Die Fähigkeit zu kritischem Denken ist unabdingbar für die Nutzung von Chat GPT. Das Problem von Fälschungen oder Vortäuschungen im Internet, etwa mithilfe von Fotomontagen, sowie von Fake News ist aber nicht neu. Schon heute kann jeder Text und jedes Bild von irgendjemandem in sehr guter Qualität und in kürzester Zeit verfälscht werden. Die Menschen sind sich dessen immer bewusster.

Wie kann eine Lehrperson denn überprüfen, ob eine Schülerin, ein Schüler einen Text selber verfasst und die Materie tatsächlich verstanden hat und nicht bloss wiedergibt, was der Computer generiert hat?

Loraine Schmidhäusler: Grundsätzlich ist vorauszuschicken, dass es rein technisch nicht möglich ist zu überprüfen, ob ein Schüler den Text selbst geschrieben hat oder ob er von KI verfasst wurde. Denn die Chat-GPT-Antworten sind einzigartig. Als Lehrperson hat man aber eine Beziehung zur Schülerin, und man kennt ihr Niveau, ihre Sprachgewohnheiten. Wenn sie dann plötzlich etwas ganz Erstaunliches präsentiert, kann man sich denken, woher das möglicherweise kommt. Aber das ist eigentlich nichts anderes, als wenn Eltern ihren Kindern helfen. Jetzt tut es einfach Chat GPT. 

Philippe Froidevaux: Genau. Vorher konnten sie bei anderen abschreiben, die Eltern konnten die Hausaufgaben für sie korrigieren. Schon heute können Lernende via Google Inhalte kopieren.

Chat GPT ermöglicht zwar neue Anwendungen, es verändert aber nichts in Bezug auf die Beobachtung und Kontrolle.

Philippe Froidevaux
Direktor Fritic

Die Kompetenzen der Schülerinnen müssen heute wie schon damals beobachtet und überprüft werden. 

Chat GPT wird die Lehrpersonen also nicht ersetzen? 

Philippe Froidevaux: Nein, genauso wie Bücher, Videos, Google oder Wikipedia die Lehrpersonen nicht ersetzt haben. Im Gegenteil, die Rolle der Lehrperson bleibt essenziell, um das Denken der Schülerinnen und Schüler noch weiterzuentwickeln und zu verfeinern.

Ist es denkbar, dass der Zugang zu Chat GPT während einer Prüfung verboten wird?

Loraine Schmidhäusler: Ja, das wäre technisch möglich.

Früher konnte man in der Schule mit Auswendiglernen brillieren. Dadurch, dass Faktenwissen heute aber so leicht im Internet abgegriffen werden kann, reicht das nicht mehr aus. Welche Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler bringt das mit sich?

Loraine Schmidhäusler: Auswendiglernen und dieses Wissen dann abrufen, ist die unterste Stufe ganz vieler Kompetenzstufen in der Taxonomie nach Bloom (Anm. Red.: Die Taxonomie nach Bloom ist ein Modell, um kognitive Leistungen zu beschreiben und zu klassifizieren, die Studierende am Ende einer Lehrveranstaltung beherrschen sollen). Im heutigen fächerübergreifenden, kompetenzorientierten Unterricht nach Lehrplan 21 liegt der Fokus aber auf dem Erlernen von Kompetenzen.

Man lernt etwas und überträgt es auf etwas anderes, weil man es als Ganzes verstanden hat. Das ist Schule von heute. Daran ändert auch Chat GPT nichts.  

Loraine Schmidhäusler
Pädagogische Mitarbeiterin Fritic

Ihren Aussagen entnehme ich zusammengefasst: Chat GPT ist nichts Schlechtes.

Philippe Froidevaux: Nein.

Loraine Schmidhäusler: Im Zusammenhang mit der Nutzung von Chat GPT an Schulen sorgt mich einzig, dass der kritische und korrekte Umgang damit nicht vermittelt wird. Denn das ist ein Muss.

In New York beispielsweise wurde Chat GPT an Schulen verboten. Können Sie das nachvollziehen?

Philippe Froidevaux: Bis jetzt haben wir über die Funktionalitäten von Chat GPT gesprochen, darüber, was das Tool bringen kann. Das wirft zwar auch Fragen auf.

Die Nutzung des Programms zu verbieten, wäre aber, wie wenn man den Taschenrechner im Unterricht verbieten würde, was jahrelang diskutiert wurde.

Philippe Froidevaux
Direktor Fritic

Dies aus Sorge, die Kinder könnten das Kopfrechnen verlernen. Chat GPT verursacht die gleichen Probleme auf einer höheren taxonomischen Stufe. Aber man kann es nicht verbieten. Die Schüler nutzen es schon heute. Sensibler ist die Situation hingegen in Bezug auf den Datenschutz. Einige Länder sehen den Datenschutz in Gefahr und verbieten darum Chat GPT. In der Schweiz dürfen Lehrpersonen und Lernende keine persönlichen Daten wie Klassenlisten oder sensible Gesundheitsdaten bei Chat GPT eingeben. Das verbietet das eidgenössische und kantonale Recht.

Zentral im Umgang mit Chat GPT ist und bleibt also kritisches Denken. Braucht es dafür neue pädagogische Konzepte, die im Lehrplan 21 nicht enthalten sind?

Loraine Schmidhäusler: Der aktuelle Modullehrplan Medien und Informatik behandelt bereits die Auseinandersetzung mit Medien, so wie auch den kritischen und verantwortungsvollen Umgang damit. Auf diesen Grundlagen können neue Programme wie Chat GPT in den Unterricht eingebaut und thematisiert werden. Spezifische Fortbildungen sind aber unabdingbar. Das Amt für deutschen obligatorischen Unterricht wird darum nächstens eine Veranstaltung zum Thema künstliche Intelligenz durchführen. In einem zweiten Schritt müssen dann die Lehrpersonen mit an Bord geholt werden. In Sachen Chat GPT stehen wir erst am Anfang.

Zahlen und Fakten

Das Kompetenzzentrum Fritic

Die Fachstelle Fritic ist das Kompetenzzentrum des Kantons Freiburg für alle Aspekte rund um den Themenbereich Medien sowie Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im Unterricht. Sie stellt den Schulbehörden, Schulen, Lehrpersonen und Lernenden Dienstleistungen sowie Beratungen im Zusammenhang mit Medien und IKT zur Verfügung. Sie beinhalten beispielsweise IT-Werkzeuge und Multimedia-Anwendungen zur Entwicklung und Erweiterung der pädagogischen Arbeit. Gleichzeitig fördert die Fachstelle auch eine kritische Auseinandersetzung mit den neuen Medien und Technologien und leistet so einen Beitrag zur politischen Bildung. Das Fritic-Team besteht aus rund 20 Fachkräften aus verschiedenen Bereichen. Philippe Froidevaux ist Direktor von Fritic, Loraine Schmidhäusler pädagogische Mitarbeiterin.

Zahlen und Fakten

Chat GPT

Chat GPT ist ein Chatbot, der vom US-amerikanischen Unternehmen Open AI entwickelt und Mitte März 2023 in seiner vierten Version veröffentlicht wurde. GPT ist die Abkürzung für «Generative Pre-trained Transformer». Chat GPT lernt, nutzt künstliche Intelligenz, um menschliche Sprache zu verstehen und so eine der menschlichen Sprache ähnelnde Antwort zu erzeugen. Die Userinnen können mit dem künstlichen Agenten, dem Chatbot, ein Gespräch führen. Anders als bei Suchmaschinen geht es nicht nur um die eine Antwort auf eine bestimmte Frage. Das Modell liefert Fakten, Definitionen und dient als Schreibassistent. Die Technologie basiert auf Erfahrungen und Lernprozessen von Algorithmen aus verschiedenen Netzwerken mit sehr grossen Datenmengen. Chat GPT wurde mit sehr vielen Texten aus dem World Wide Web trainiert und gibt auf dieser Grundlage zu den meisten Themen Antworten. Das Programm kann für fast alles Erdenkliche genutzt werden. Man kann innerhalb von kürzester Zeit ein Referat zu einem Thema erstellen lassen. Chat GPT kann Witze erzählen oder Gedichte schreiben. rsa

Serie

Künstliche Intelligenz: Revolution in Echtzeit

Artificial Intelligence (AI) oder zu Deutsch künstliche Intelligenz (KI) ist die wichtigste technologische Entwicklung unserer Zeit. KI ist bereits heute Teil unseres Alltags und nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken. Aber was ist eigentlich KI? Wohin führt die rasante Entwicklung, und welche Fragen müssen wir uns im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz stellen? In einer Serie versuchen die FN, einige Aspekte von KI näher zu beleuchten. rsa

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