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Damit Übernamen nicht vergessen gehen

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Die Männer einer Familie Bapst aus Plaffeien ergrauten schon in jungen Jahren. Sie erhielten deshalb den Übernamen «Wyssis». Der Name blieb an ihnen haften, denn er diente dazu, die Mitglieder dieser Familie von anderen Bapsts zu unterscheiden. Bald waren «Wyssis» besser bekannt unter diesem Namen als unter dem offiziellen Familiennamen. So erging es vielen Leuten im Sense-Oberland: Da es in vielen Dörfern mehrere Familien mit gleichem Namen gab, mussten Übernamen her, um die Familien auseinanderzuhalten.

 Ein Inventar der Namen

Waren die Übernamen vor einigen Jahren noch sehr gebräuchlich, geraten sie nun in Vergessenheit. Dem wollen der pensionierte Lehrer Roland Mülhauser und der Lokal-Historiker Kanis Zbinden entgegenwirken. Beide stammen ursprünglich aus dem Sense-Oberland. Sie erstellen ein Inventar der Übernamen und haben dafür einen Aufruf im Gemeindeblatt «Echo der Kaiseregg» veröffentlicht.

«Die Rückmeldungen sind enorm», sagt Mülhauser. Er habe nicht damit gerechnet, so viele Antworten zu erhalten. «Auch sagen die Leute bereits, dass sie dann auch ein Büchlein haben möchten. Dabei wissen wir noch gar nicht, wie wir das Ganze machen wollen», fügt er schmunzelnd an.

Der Herkunft auf der Spur

Neben der Inventarisierung wollen Mülhauser und Zbinden auch der Frage nachgehen, welchen Ursprung die Übernamen haben. Nicht immer ist dieser so einfach nachzuvollziehen wie beim Beispiel «Wyssis». Für die Übernamen gibt es unterschiedliche Motive: Einige weisen auf den Beruf eines Vorfahren hin, andere auf eine bestimmte Eigenschaft eines Familienmitglieds, wieder andere auf den Weiler, in dem die Familie wohnt, oder das Dorf, aus dem sie ursprünglich stammt. Und es gibt auch Übernamen, die beleidigend sind, weil sie auf eine negative Eigenschaft einer Person hinweisen. «Solche Namen werden wir nicht aufnehmen», sagen Mülhauser und Zbinden. Bei gewissen Übernamen ist das Motiv nicht erkennbar (siehe Kasten).

Kanis Zbinden hat bereits eine Liste erstellt mit rund 25 Familiennamen und fast 100 entsprechenden Übernamen. In die Tabelle trägt er auch ein, wann die Namen zum ersten Mal nachgewiesen wurden und woher sie kommen.

Publikation geplant

Mülhauser hatte die Idee, die Übernamen aus dem Sense-Oberland zu inventarisieren. «1955 bin ich von Plaffeien nach Schmitten gezogen», erzählt er. «Damals wurden die Todesanzeigen häufig ohne Fotos gedruckt.» Wenn also beispielsweise ein «Peter Raemy» gestorben sei, habe er nicht gewusst, um wen es sich handelt. «Solche gab es mindestens fünf in Plaffeien. Ich musste meine Mutter anrufen und fragen, wer nun gestorben sei. Sobald sie den Übernamen nannte, war alles klar.»

Mülhauser hat auch bemerkt, dass Übernamen im Mittel- und Unterland deutlich weniger gebräuchlich waren als im Oberland. Er habe das Inventar aber nicht alleine erstellen wollen und sich deshalb an Kanis Zbinden gewandt, von dem er wusste, dass dieser bereits mehrere lokalhistorische Studien gemacht hatte. Zbinden erwies sich als Glückstreffer, denn er hatte seine Liste mit den Übernamen bereits vor längerer Zeit begonnen.

Durch den Aufruf im «Echo der Kaiseregg» hoffen die beiden nun auf möglichst viele Übernamen. Ihr Ziel ist, ihre Arbeit in irgendeiner Form zu publizieren. Darin sind die beiden nicht unerfahren: Roland Mülhauser veröffentlichte bereits mehrere senslerdeutsche Geschichtsbände und Kanis Zbinden verfasste unter anderem ein Buch über den Dorfbrand in Plaffeien. «Es gibt aber keine wissenschaftliche Arbeit zu den Übernamen, sondern lediglich eine Dokumentation», betont Mülhauser. Wann eine solche erscheinen wird, wissen die beiden nicht. «Wahrscheinlich nicht mehr in diesem Jahr.»

Diese Beispiele zeigen, dass ein Zbinden Joseph «Lengus Hans Josi» genannt wurde und ein Johannes Offner «Rufene Hänsle». Beispiele zvg

Linguistik: Ähnliche Mechanismen wie bei der Entstehung der Familiennamen

F amiliennamen mit Übernamen zu ersetzen, ist nichts spezifisch Senslerisches. «Dieses Phänomen gibt es vielerorts», sagt Helen Christen, Linguistikprofessorin an der Universität Freiburg. Beispielsweise in der Innerschweiz seien solche Übernamen weit verbreitet. «Man sieht sie heute noch in Todesanzeigen», sagt Christen. Auch im Schwarzwald oder in Norddeutschland sind sie geläufig.

Für die Sprachwissenschaft seien Übernamen interessant, weil sie Aufschluss darüber gäben, wie Namen generell entstünden. «Bei unseren Familiennamen spielten wohl ähnliche Mechanismen.»

Übernamen wurden vor allem in überschaubaren, ländlichen Dörfern verwendet, wo viele Familien gleich hiessen. Übernamen seien wahrscheinlich unabhängig vom sozialen Status der Familien verliehen worden. Die Namen wurden weitergegeben und somit fixiert. «Sie erhielten fast offiziellen Charakter, die Personen waren besser unter dem Übernamen bekannt als unter dem Familiennamen», sagt Christen. Eine weitere Funktion der Übernamen ist eine Art Identitätsstiftung. «Wenn jemand den Übernamen für eine Person kennt, dann gehört er zur Gruppe. Ähnlich wie bei Schülern, die einem Lehrer einen Übernamen geben.» Da heute die Mobilität grösser ist und sich die Familiennamen deshalb stärker vermischen, sind derartige Übernamen nicht mehr notwendig und verschwinden. mir

Beispiele

«Hegùs», «Fenders» und «Landjiegersch»

Kanis Zbinden hat in den Archiven der Gemeinden Plaffeien, Oberschrot und Zumholz gestöbert. Er ist auf Dokumente gestossen, in denen Übernamen erwähnt werden; so in Todesregistern von 1800 bis 1830. Diese bilden einen Teil seiner Quellen, ein anderer sind Zuschriften, die aufgrund der Ausschreibung von Mülhauser und Zbinden eingingen; ein dritter Teil sind ihnen bekannte Namen. Beispiele: Eine Familie Grossrieder wurde «Hegùs» genannt, da ein Vorfahr Messerschleifer war. Messer heisst auf Senslerdeutsch «Hegù». Eine Familie Riedo hiess «Landjiegersch», weil ein Vorfahre Landjäger in Giffers war. Der Übername einer Familie Zbinden war «Fenders», weil die Familie stets den Bannerträger für die militärische Abteilung des oberen Sensebezirkes stellte. Jener war der «Fähndrich» oder «Fender». Letzteres ist dem Freiburger Volkskalender 1994 zu entnehmen. Bei anderen Übernamen, zum Beispiel «Ggooris» für «Thalmann», ist die Herkunft unklar. mir

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