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Bildungsqualität erfordert bessere Bedingungen

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Das Image des Lehrberufs muss aufgewertet werden. Das fordert der Berufsverband Lehrerinnen und Lehrer Deutschfreiburg. Die FN haben zum Beginn des neuen Schuljahres nachgefragt, wo der Schuh genau drückt.

Absprachen mit Heilpädagogen, Logopädinnen, Schulsozialarbeitern, Telefonate mit Eltern: Die Arbeit von Lehrpersonen hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt und reicht über das reine Vorbereiten von Lektionen und Unterrichten weit hinaus. Die Schule sei ein Abbild der Gesellschaft, sagt Primarlehrerin Christa Schwab, Vorstandsmitglied des Verbands Lehrerinnen und Lehrer Deutschfreiburg (LDF). Doch die Rahmenbedingungen, um diesem Wandel gerecht zu werden, hinkten der Realität in verschiedenen Bereichen hinterher. Das bestätigt auch Verbandspräsidentin und OS-Lehrerin Vanessa Luginbühl. 

Vanessa Luginbühl und Christa Schwab, welche Themen beschäftigen aktuell den Verband am meisten?

Schwab: Auf der Ebene der Primarschule ist es die Klassenleitungslektion. Im Gymnasium und in der Sekundarstufe 1 wird Klassenlehrpersonen eine Lektion pro Woche zugestanden, um Leitungsaufgaben wahrzunehmen. Zu denken ist an Absprachen mit Heilpädagogen, Logopädinnen, Schulsozialarbeitern, Fachlehrpersonen oder auch an Telefonate mit Eltern. In dieser Stunde kann auch Organisatorisches und Administratives erledigt werden. Das ist zwar nicht viel, aber auf der Primarschulebene gibt es sie gar nicht.

Obwohl Sie das schon lange fordern, hat der Kanton diese Stunde den Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern der Primarschule bisher nicht gewährt?

Schwab: Ja. Wir sind eine der wenigen Kantone, die das noch nicht haben. Andere Kantone arbeiten sogar schon an der Einführung einer zweiten Klassenleitungslektion für alle Stufen. 

Wie ist das zu erklären?

Schwab: Das hat wahrscheinlich historische Gründe. Früher hat das einfach zum Hundert-Prozent-Pensum einer Klassenlehrperson gehört. Aber unser Beruf hat sich so stark verändert, dass dies nicht mehr zeitgemäss ist. Die Erziehungsdirektion hat das Problem zwar erkannt, aber noch fehlt der politische Wille zur Umsetzung. Denn das hat natürlich auch finanzielle Folgen. Aber die Basis will diese Stunde, weil sie sie braucht.

Luginbühl: Denn am Ende leidet die Schulqualität, und damit leiden die Schülerinnen, die Schüler und die Eltern. Wenn beispielsweise ein Kind, eine Jugendliche abgeklärt werden muss, ist es wichtig, dass die Netzwerkarbeit zwischen Eltern, Schülern und Fachkräften stattfinden kann.

Schwab: Es geht dabei nicht um Geld, sondern um ein Zeitgefäss, dass sich die Lehrpersonen wünschen, um die Dinge in Ruhe erledigen zu können.

Das heisst, der administrative Aufwand hat gegenüber früher zugenommen. Sie sind ja beide schon lange im Geschäft, wie hat sich das verändert?

Nach dem Unterricht ist noch lange nicht Schluss mit der Arbeit. Vanessa Luginbühl und Christa Schwab wünschen sich, dass die Realität besser abgebildet wird.
Charles Ellena

Schwab: Als ich vor fast 30 Jahren angefangen habe, durfte ich einfach nur unterrichten. Es gab mich und die Klasse. Wir hatten vielleicht vier Sitzungen im Jahr. Mit der heutigen Integration und der individuellen Förderung haben wir wöchentlich mehrere fixe Sitzungstermine, und diese sind nirgends abgebildet, weder zeitlich noch monetär. Man hat auch viel mehr Administratives zu erledigen, auf der Primarstufe noch mehr als auf der Sekstufe. Obwohl wir hoffen, dass mit der gewährten Aufstockung der Arbeitszeitressourcen der Primarschuldirektionen das Problem auch bei uns ein wenig entschärft wird. Es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler unterstützt werden, aber wenn man das richtig machen will, braucht es Zeit. Auch mit den Eltern. Offiziell müssen wir ein obligatorisches Elterngespräch führen. Aber es gibt Eltern, mit denen redet man wöchentlich. 

Der Kanton Freiburg ist da langsam im Zugzwang, und das ist das, was die Basis bewegt.

Christa Schwab
Vertreterin Primarschulen im LDF

Welche Probleme beschäftigen Sie sonst noch?

Luginbühl: Die Klassengrösse, die Sonderschüler und die verhaltensauffälligen Schüler.

Bleiben wir gerade bei der Klassengrösse. Sind die Klassen zu gross?

Schwab: Sie sind vor allem unterschiedlich. Ich spreche mal für die Primarschule. Dort haben wir die sogenannte Pool-Lösung. Beispiel: Wir haben 600 Schülerinnen, das gibt so und so viele volle Klassen. Das führt zu abstrusen Umverteilungen sowie Halbklassen, wo zwei Stufen zusammengelegt werden. Und das führt zu Stress.

Und wie kam es dazu?

Schwab: Die Pool-Lösung war eine Sparmassnahme. Die Aufteilung findet jedes Jahr neu statt. Für Kinder mit weniger Sozialkompetenz ist es schwierig, wenn sie von einem aufs andere Jahr aus dem Klassenverband gerissen werden.

Ist das in diesem Jahr vorgekommen?

Schwab: In meiner Klasse dieses Jahr nicht, aber im letzten Jahr.

Wie ist das auf der Sekundarstufe?

Luginbühl: Die Pool-Lösung existiert auf der Sekundarstufe nicht. Der LDF und überhaupt Bildung Freiburg legen darum den Fokus auf die Primarschule. Wenn dort gute Bedingungen herrschen, zahlt sich das auch auf der Sekstufe aus.

Schwab: Es ist allerdings zu sagen, dass auch auf Sekundarstufe die Klassengrösse ein Problem darstellen kann. In Murten gibt es aktuell zwei Klassen mit 27 Schülern und Schülerinnen. Das ist untragbar.  

Wie sollte das Problem Ihrer Meinung nach gelöst werden?

Luginbühl: Das ist eben nicht so einfach, weil alles so vernetzt ist miteinander. Das macht es für alle Seiten schwierig. Auch für das Amt für den deutschsprachigen obligatorischen Unterricht (DOA), das die Politik für das Thema sensibilisieren muss. Darum ist die aktuell gute und enge Zusammenarbeit mit den Ämtern für uns so zentral. 

Schwab: Wir machen der Erziehungsdirektion auch keine Vorwürfe. Wir weisen einfach darauf hin, dass es noch Handlungsbedarf gibt. Man muss auch sehen, dass die Anzahl Schülerinnen und Schüler im Kanton stark angestiegen ist, und die Schulen können damit organisatorisch nicht immer Schritt halten.

Als weiteres Thema haben Sie die Sonderschüler angesprochen. Welche Problematik stellt sich hier?

Luginbühl: Wir befürworten die Inklusion, aber die Rahmenbedingungen und die Ressourcen müssen stimmen. Wenn die nicht da sind, ist es schwierig für die betroffenen Schülerinnen und – was man manchmal vergisst – für die nicht betroffenen Schüler.

Werden Ihnen denn genügend Heilpädagoginnen zugestanden? Oder liegt das Problem darin, dass es nicht genügend ausgebildete Heilpädagogen gibt?

Schwab: Es wird viel zugestanden, aber die Aufgaben, die mit der Inklusion verbunden sind, sprengen manchmal einfach unseren Rahmen.

Jetzt könnte man ja sagen: Ein Sonderschüler zählt so viel wie drei Regelschüler. Ich stelle mal provokativ die Frage, was stellen Sie sich so an?

Schwab: Ja. Aber Faktum ist, dass es Sonderschülerinnen gibt, mit denen man fast eins zu eins arbeiten muss. 

Luginbühl: Wenn man mit einem Schüler eins zu eins arbeiten muss und daneben noch mit dem Rest der Klasse, wird es schwierig. Gleichzeitig sollte jedes Kind individuell dort abgeholt werden, wo es steht, und man sollte die entsprechenden Kompetenzen fördern. Am Ende stellt sich auch hier die Qualitätsfrage. 

Erziehungsdirektorin Sylvie Bonvin-Sansonnens betonte an der Jahresmedienkonferenz, dass der Kanton keine absolute Inklusion verfolge. Liegt genau da der Hund begraben? Dass es nämlich schwierig ist, von Fall zu Fall die Grenzen zu setzen und zu sagen, diese Schülerin können wir in der Regelklasse nicht mehr mitnehmen?

Luginbühl: Vielleicht. Die Aussage von Frau Bonvin ist aber richtig. Wir streben die Inklusion an, dort wo es gewünscht und möglich ist. Für alles andere würde es einfach mehr Ressourcen brauchen.

Schwab: Es ist auch zu sagen, dass die Anzahl Sonderschüler zugenommen hat. Es kann nicht für jeden ein Platz in einer speziellen Einrichtung geschaffen werden, das ist sehr teuer. Es ist eine gesellschaftliche Frage, wie wir damit umgehen wollen.

Was die verhaltensauffälligen Schüler angeht, spüren Sie da Entlastung durch die jüngste Sozialarbeiterinnen-Offensive?

Luginbühl: Sozialarbeiter sind sicher eine Bereicherung. Sie entlasten, haben einen anderen Fokus und erlauben einen anderen Zugang. Dass sie eine pauschale Lösung für das Problem verhaltensauffälliger Kinder wären, kann so nicht gesagt werden. Jedes Kind ist anders. 

Bis jetzt haben wir über die Primar- und Sekundarschule gesprochen. Wie steht es eigentlich um die Befindlichkeit der Kindergärtnerinnen? Ist dort alles paletti?

Schwab: Nein. Wir haben die Rückmeldung bekommen, dass viele Lehrpersonen beim Kindergartenstart überfordert sind. Dies seit der Einführung des Lehrplans 21 und damit seit der Schulpflicht ab vier Jahren. Das hat mit dem jungen Alter der Kinder zu tun und mit den Anforderungen, die an die Kinder gestellt werden. Die Lehrpersonen wünschen sich da mehr Unterstützung.

Können Sie das näher erklären?

Schwab: Mit vier Jahren kommen viele Kinder erstmals mit Regeln in Kontakt. Sie können viele elementare Dinge, wie anziehen, zuhören, ruhig sitzen und so weiter noch nicht. Dabei macht ein Jahr sehr viel aus. Auch Aufträge zu verstehen ist für sie nicht immer einfach, vor allem für fremdsprachige Kinder. 

Müsste man da früher ansetzen, in der Früherziehung, um die Kinder auf die Schule vorzubereiten?

Schwab: Das war mal ein Thema. Die Frage ist, welchen Zugriff hat der Staat in der vorobligatorischen Zeit. Die Lehrpersonen würden es jedoch begrüssen, wenn sie wenigstens bei der Einführung bis in den Herbst hinein Hilfe von einer Zweitperson, etwa von einer Studentin, bekämen. Die bisherigen Massnahmen empfinden die Kindergärtnerinnen jedenfalls als unzureichend. 

Ein grosses Thema in den letzten Jahren war auch der Lehrermangel. Für dieses Schuljahr ist es der Erziehungsdirektion gelungen, mit der Pädagogischen Hochschule (PH) eine Vereinbarung zu treffen, wonach Studierende im dritten Jahr für die Arbeit an einer Schule freigestellt werden können. Geht das weit genug?

Luginbühl: Das ist eine erste sehr gute Massnahme. 

Schwab: Das hat auch Symbolcharakter. Das haben wir sehr positiv aufgenommen.

Luginbühl: Es braucht aber auch noch einen weiteren Schritt, nämlich die berufsbegleitende Ausbildung. Im Kanton Freiburg ist es immer noch nicht möglich, neben dem Studium als Lehrperson zu arbeiten ohne Doppelbelastung.

Wir schliessen uns grundsätzlich unserem Dachverband LCH an, der ganz klar sagt: Ziel ist eine starke, stabile und zukunftsgerichtete Bildungsqualität.

Vanessa Luginbühl
Präsidentin LDF

Wir begrüssen die im Kanton eingeleiteten kurzfristigen Massnahmen, zum Beispiel die eingeführten Praxiscoaches. Jetzt braucht es aber auch noch die langfristigen Massnahmen. Es geht darum, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und die entsprechenden politischen Instrumente zu nutzen.

Hat der LDF noch weitere Forderungen?

Luginbühl: Ja, ein weiteres Anliegen ist die Gleichstellung der Lehrpersonen auf Sekundarstufen. Aktuell ist es so, dass Lehrpersonen, die allgemeine Fächer unterrichten, wie Deutsch, Französisch und Mathe, für ein Hundert-Prozent-Pensum nur 26 Lektionen unterrichten müssen. Wer spezielle Fächer unterrichtet, wie bildnerisches Gestalten, der muss 28 Lektionen geben. Angesichts des Lehrplans 21, der kompetenzorientiert und interdisziplinär ausgerichtet ist, ist diese Regelung inkohärent. Nur ein Beispiel: Der Stromkreislauf wird auch im Werken thematisiert. 

Sie haben viele Bereiche genannt, in denen die Realität die bestehende Organisation überholt hat. Der Kanton plant aktuell eine Überarbeitung des Reglements für das Lehrpersonal. In diesem Zusammenhang will die Erziehungsdirektion herausfinden, wie viele Stunden pro Woche die Lehrpersonen für welche Aufgaben aufwenden. Im Sommer 2024 sollen die Ergebnisse ausgewertet werden. Was erhoffen Sie sich davon?

Luginbühl: Wir hoffen, dass damit belegt wird, was der LCH bereits in mehreren Studien aufgezeigt hat, dass nämlich der Istzustand mit dem Sollzustand nicht mehr übereinstimmt. Bis jetzt hat man gesagt, dass eine Lehrperson mit vollem Pensum 1900 Arbeitsstunden pro Jahr leisten muss. Diese Stunden wurden in verschiedene Arbeitsbereiche aufgeteilt: Unterricht, Vorbereitung, Absprachen. 

Schwab: Und der dafür berechnete Aufwand entspricht schon lange nicht mehr der Realität. Wir setzen also grosse Hoffnungen in die Umfrage und die entsprechende Revision des Reglements, das hoffentlich zukunftsgerichtet ist und unseren Beruf besser abbildet und anerkennt. Denn oft wird nicht verstanden, was der Lehrerberuf alles erfordert.

Luginbühl: Ich muss allerdings betonen, dass die Umfrage nur möglich wurde, dank der engen Zusammenarbeit mit dem DOA und der Erziehungsdirektion. 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Luginbühl: Dass das Image des Lehrerberufs aufgewertet wird, dass sich die Arbeitsbedingungen stärker unserer Wirtschaftswelt annähern, zum Beispiel, was die Kündigungsfristen angeht, die Karrierechancen und die finanzielle Abgeltung, und auch, dass eine Sensibilisierung für den gesellschaftlichen Wandel und seine Auswirkungen auf die Schule stattfindet.

Verdienen Lehrpersonen im Kanton Freiburg zu wenig?

Luginbühl: Das kann man so nicht sagen. Man muss immer das Gesamtpaket anschauen, wo sind die Entlastungen, wo werden die Ressourcen eingesetzt. Darum ist die Arbeitszeiterfassung so wichtig. 

Schwab: Die Basis wünscht sich primär eine Entlastung von all den Pflichten, von der Mental Load. Wir haben ja schon Ferien, aber man kann nicht alles vorbereiten, vieles findet in der Unterrichtszeit statt. 

Macht, ob all der Probleme, Unterrichten überhaupt noch Spass?

Schwab: Ja, sehr. Wir wollen nicht jammern.

Luginbühl: Ich unterrichte sehr gerne und bin vor dem ersten Schultag immer noch nervös. Wir wollen uns wirklich nicht beklagen. Uns geht es lediglich um das Image der Lehrperson. Der Beruf soll attraktiv sein, wir brauchen Menschen, die diesen Beruf machen wollen, und wir brauchen kompetente Personen auf der Primarschulstufe. 

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