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«Das ist nicht menschenwürdig»

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Seit letztem Samstag durften Heimbewohner ihre Angehörigen nach acht Wochen striktem Besuchsverbot wieder sehen. Diese Treffen waren für beide Seiten emotionale Momente. Doch so innig und persönlich, wie sich viele das Wiedersehen vorgestellt hatten, verlief dieses wegen der Vorschriften in Bezug auf Abstand und Hygiene nicht. Zwei Frauen aus dem Sensebezirk haben sich an die FN gewandt, weil sie finden, dass die Umstände dieser Besuche alles andere als menschenwürdig sind.

Wie im Gefängnis

«Die Schutzmassnahmen sind unverhältnismässig», so Jacqueline Haymoz aus Düdingen, die ihre demenzkranke Mutter im Haus Magnolia in Tafers besuchen wollte. «Ich hatte zunehmend das Gefühl, in ein Gefängnis zu gehen.» Sie schildert den auf 45 Minuten limitierten Besuch, der in einem speziellen Raum an einem langen Tisch mit einer Plexiglasscheibe in der Mitte und mit einer Schutzmaske auf dem Gesicht stattgefunden hat. «Ich durfte meine Mutter nicht berühren, nicht mit ihr spazieren gehen.» Sie stellt klar, dass sich ihr Unmut nicht gegen das Pflegepersonal richtet, welches nur umsetze, was von höherer Stelle angeordnet worden sei.

Die Verantwortlichen seien sich bei der Ausarbeitung der Schutzkonzepte nicht bewusst gewesen, was diese in der Praxis bedeuteten. «Werden die Bewohner nun weiterhin weggesperrt, ohne dass sie danach gefragt werden, ob sie einverstanden sind?», fragt Jacqueline Haymoz. Diese Menschen hätten Kriege überlebt, seien nach Schicksalsschlägen wieder aufgestanden und hätten ihr Leben bisher ohne solche rigorosen Schutzmassnahmen gemeistert. «Sind sie nun nicht mehr ‹systemrelevant›, so dass sie getrost ungefragt im letzten Lebensabschnitt auf die so wichtigen sozialen Kontakte mit ihren Liebsten verzichten können?»

Die Behörden sollten Angehörigen und Heimbewohnern zutrauen, Verantwortung zu übernehmen, um bei Besuchen die mittlerweile bekannten Vorkehrungen zu treffen. «Ich rufe die Verantwortlichen auf, dringend ihre Schutzkonzepte zu überarbeiten, so dass Menschen in Heimen ein würdevolles Leben trotz Covid-19 in Begleitung ihrer Angehörigen und Freunde wieder möglich ist», so Jacqueline Haymoz.

Es geht nicht um die Sterberate

Es sei Zeit, darüber zu reden, dass Covid-19 noch lange da sein werde und dass bei Todesfällen nicht nach Schuldigen gesucht wird. «Von den Heimverantwortlichen erwarte ich, dass sie sich für das Wohl der Bewohner einsetzen und nicht versuchen, eine möglichst tiefe Sterberate zu haben.» Das töne jetzt zwar sehr hart. Aber sie habe das Gefühl, dass die Schuldfrage und die Sterbestatistik momentan sehr im Vordergrund seien. «Ob die Menschen indirekt daran gestorben sind, erscheint in der Statistik nicht.»

Das Gesicht an der Scheibe

Ähnliche Erfahrungen hat Manuela Habegger aus St. Silvester beim Besuch ihrer Mutter in der Demenzstation gemacht. Ihre demenzkranke Mutter habe nicht verstanden, was los war und wollte aus Angst nicht in das Besuchszimmer gehen. Als sie einen Blumenstrauss für ihre Mutter abgeben wollte, sei dieser zwar entgegengenommen worden, doch die Türe zwischen ihr und ihrer Mutter von der Pflegenden trotz genügendem Abstand nicht geöffnet worden. «Meine Mutter hat ihr Gesicht an die Scheibe gedrückt. Sie konnte nicht verstehen, was ich sagte und warum die Türe für ein kleines Hallo nicht aufging», beschreibt sie die Situation. «Es hat mir das Herz zerrissen und ich musste weinen, so hat es mich geschmerzt, wie sie behandelt worden ist.»

«So beschützen wir sie nicht vor der Krankheit, so machen wir sie noch mehr krank.»

Manuela Habegger

Tochter einer demenzkranken Mutter

«Ist dies noch menschenwürdig?», fragt Manuela Habegger. Sie verstehe die Angst vor dem Virus, nicht aber, dass man deswegen derart über die Heimbewohner bestimme. «So beschützen wir sie nicht vor der Krankheit, so machen wir sie noch mehr krank», ist sie überzeugt. «Wir nehmen ihnen alles, was sie noch haben: die Besuche von ihrer Familie.» Sie erzählt auch, wie sehr ihr noch zu Hause wohnender Vater darunter leide, seine Frau nicht besuchen zu dürfen. «Ich finde, es sollte nun genug sein.» Abstand und Hygiene ja, «aber sicher nicht Abstand von der eigenen Familie. Familie ist das Wichtigste, was wir im Leben haben.» Sie hoffe sehr, dass bald wieder ein normales Leben stattfinde, in dem sich alle frei bewegen können, so Manuela Habegger.

Reaktion

Ausnahmen sind nicht möglich

Beim Gesundheitsnetz Sense zeigt man Verständnis für die Reaktion der beiden Frauen. Präsident Peter Portmann und Geschäftsführer Guido Hagen nehmen die Kritik entgegen, können aber an der Situation nichts ändern. «Wir setzen lediglich die Vorgaben um, die uns das Bundesamt für Gesundheit und das kantonale Führungsorgan auferlegt haben. Wir sind nur das ausführende Organ», sagt Guido Hagen auf Anfrage. Dazu gehörten etwa klar definierte Besucherblöcke und begrenzte Zeiten mit vorgängiger Anmeldung. Auch der abgetrennte Raum sei eine zwingende Vorgabe, und nach jedem Besuch müssten alle Kontaktpunkte an Tischen, Stühlen und Plexiglas desinfiziert werden.

Diese Massnahmen seien nicht als Schikane getroffen wurden. «Es geht um den Schutz der Heimbewohner», so Guido Hagen. Die strikte Handhabung scheine auf den ersten Blick hart und unnachgiebig, «doch wir dürfen und können keine Ausnahmen machen.» Denn komme es zu einer Ansteckung, riskiere das Heim, dass das Besuchsrecht für alle widerrufen werde. Er persönlich verstehe sehr gut, dass dies als menschenunwürdig erscheine, gerade für Menschen, die an Demenz leiden. «Sie sind aber nicht eingeschlossen, sondern werden behütet.»

Christine Meuwly, Leiterin der Koordinationsstelle des Gesundheitsnetzes Sense, zieht eine gute Bilanz der ersten Besuchstage. Gerade die Zeitfenster am Wochenende seien genutzt worden. «Während der Woche ist es ruhiger, deshalb haben wir die Einschränkungen, etwa in Bezug auf die Zahl der Besuche pro Bewohner, gelockert.» Das Gesundheitsnetz gebe die Erfahrungen im Hinblick auf weitere Lockerungen an die kantonalen Stellen weiter.

 

 

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