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«Das Leben ist surreal»

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«Der Mensch ist des Menschen Wolf», lautet ein berühmtes Zitat des Philosophen Thomas Hobbes. Thierry Jobin, künstlerischer Leiter des Internationalen Filmfestivals Freiburg (Fiff), hat den Ausspruch diese Woche so umformuliert: «Hier wird der Wolf der Frau zum Menschen.» Der Film, den Jobin mit dem eigensinnigen Wortspiel ankündigte, war nicht im Festivalprogramm zu finden. Er wurde als Überraschungsfilm gezeigt und blieb so lange geheim, bis der Titel über die Leinwand flimmerte. In den Minuten bis dies geschah, verwirrte Jobin das Publikum genüsslich mit kryptischen Fragen: «Leben Sie in der Nähe eines Waldrandes?», fragte er in die Runde.

Für Hartgesottene

Was darauf folgte, war zutiefst verstörend. «Wild», so der Titel des Überraschungsfilms, handelt von Ania, einer jungen Bürokraft, die in einem Stadtpark einen Wolf einfängt. Das tut sie nicht etwa, um das Tier zu domestizieren, sondern um mit dem haarigen Raubtier eine amouröse Beziehung einzugehen. Dabei entfernt sie sich zunehmend von der Zivilisation und wird selbst immer mehr zum Tier.

Die eigenwillige Variation des Rotkäppchen-Stoffs der deutschen Regisseurin Nicolette Krebitz eröffnete am diesjährigen Fiff die Parallelsektion der Midnight Screenings, jener Reihe von Filmen, die erst spätabends laufen und nur noch die hartgesottenenFestivalgänger anlocken. Die Mitternachtsvorstellungen lehnensich an die amerikanische Tradition der Midnight Movies an. In den Siebzigerjahren avancierten die Spätvorstellungen in den Kinos der USA zu einer Plattform für ungewöhnliche, billig produzierte Filme, die sich von den gewohnten Kinoerlebnissen der Hauptvorstellungen abhoben.

Horror, Kitsch und Poesie

Auch am Fiff bieten die Mitternachtsfilme dem Publikum eine andere Form von Kino und ein Gegenprogramm zu den Wettbewerbsfilmen. In einem oftmals politischen Festival sind die Midnight Screenings ein Ventil für das Brutale, Absurde und Geschmacklose. Das kann für schwache Gemüter mitunter unangenehm werden. Doch wer sich in eine der späten Vorstellungen wagt, weiss, dass er sich auf alles einstellen muss. Etwa auf «TAG», den neuen Film von Sion Sono, dem Enfant terrible des japanischen Kinos.

Der Plot von Sonos Streifen beginnt so hanebüchen wie genial: Ein mysteriöser mörderischer Wind macht Jagd auf Schulmädchen. Der Film lebt von überzeichneten Gewaltexzessen, die er in ästhetische Bilder kleidet. Mit den Mitteln des Horrorkinos und mit ganz viel Kitsch kreiert Sono geradezu poetische Bildwelten und ein Filmerlebnis, das den Zuschauer mit unerwarteten Wendungen vor den Kopf stösst. «Wenn mir jemand erklären kann, wovon dieser Film handelt, bitte melden», sagte Thierry Jobin vor der Vorstellung. Spätestens nach der Hälfte des Films fühlte sich das Publikum so verwirrt wie Jobin und wie Mitsuko, die Protagonistin im Film. «Das Leben ist surreal, lass dich nicht davon verzehren», sagt eine Mitschülerin zu ihr.

Furchterregende Realität

Der Psychothriller «The Invitation» verlangte dem Publikum einiges ab. Dabei dreht sich das psychotische Kammerspiel eigentlich nur um eingemütliches Abendessen unterFreunden. Doch Will, einer der Gäste, wird das Gefühl nicht los, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Ist sein Verdacht gerechtfertigt, oder ist er bloss heillos paranoid? Regisseurin Karyn Kusama lässt den Horror in gut Hitchcock’scher Manier im Kopf des Zuschauers stattfinden. Dabei hält der Film über 90 Minuten die Spannung. Das ist elektrifizierend und beängstigend.

Wem das noch nicht derb genug war, bot «Knock Knock» das Eintrittsticket in die gewalttätige Welt von Eli Roth, dem amerikanischen Grossmeister des schlechten Geschmacks. Der Regisseur lässt in seinem Film zwei hübsche Männerfantasien zum schlimmsten Albtraum eines Familienvaters werden. Definitiv nichts für schwache Nerven.

 Das Furchterregendste, was die Midnight Screenings zu bieten hatten, kam aber ganz ohne Gewaltdarstellungen aus: Der nüchterne Dokumentarfilm «Going Clear: Scientology and the Prison of Belief» ermöglichte dem Publikum einen Einblick in die Welt der Sekte Scientology. Die Schilderungen von Gehirnwäschen und vom unmenschlichen Umgang mit Abweichlern in der Sekte lassen jeden Horrorfilm alt aussehen und machten den Zuschauern eines klar: Die absurdesten und verstörendsten Geschichten ereignen sich nicht in fingierten Filmwelten, sondern in der Realität.

Schlussfilm: Eine Welt ohne Männer

W as wäre, wenn sich die Frauen ohne die Hilfe der Männer fortpflanzen könnten? «No Men Beyond This Point», der letzte Film der Reihe der Mitternachtsfilme, beantwortet diese Frage. Im Stile einer Dokumentation zeigt die absurde Komödie von Mark Sawers eine Welt, die von Frauen regiert wird und in der das männliche Geschlecht vom Aussterben bedroht ist. Der mit Abstand lustigste Film des Festivals! lr

«No Men Beyond This Point» läuft heute um 22.30 Uhr im Arena 5.

 

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