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Der «Brasilianer», der aus Heitenried kam

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Der «Brasilianer», der aus Heitenried kam

Julius Tinguely erzählt über sein Leben in Südamerika

Julius alias Jules Tinguely ist ein stiller und durchaus zäher Mensch. Das sieht man ihm an: Der 82-Jährige ist in Heitenried aufgewachsen, hat Käser gelernt und ist mit 24 Jahren nach Brasilien ausgewandert. Jedes Jahr kommt er in «sein» Dorf zurück. Die FN haben ihn getroffen.

Von IRMGARD LEHMANN

Eintritt bei der Firma Nestlé im Jahre 1944; Versetzung nach Brasilien im Jahre 1946; Fabrikationschef von 1946 bis 1956; Fabrikdirektor von 1956 bis zur Pensionierung 1982. Klar und deutlich sind die E-Mail-Mitteilungen des Auslandschweizers Julius Tinguely. Klar und deutlich auch seine Antworten anlässlich eines Gesprächs auf der Redaktion während seines Heimaturlaubs kürzlich im «geliebten Heitenried.»

Von Heitenried
nach Rio de Janeiro

Im «Sternen» logiert er und trifft, wen es noch zu treffen gibt. «Vie-
le sind gestorben», sagt er mit gedämpfter Stimme. Doch er kom-
me trotzdem her. Seit der Pensionierung im Jahre 1983 jedes Jahr 14 Tage. Nostalgie – Heimwehschweizer?

Einen Tag nach dem Gespräch ruft Tinguely auf der Redaktion an, um ja sicher zu sein, dass das «wegen Heimat und so» auch klar sei: «Brasilien ist meine zweite Heimat.» Und er habe all die Jahre kein einziges Mal daran gedacht jemals wieder in die Schweiz zurückzukehren.

Vom Käser zum Fabrikdirektor

Man glaubt es ihm. Julius oder Jules, wie ihn sein Neffe nennt, hat mit 24 Jahren in Brasilien Fuss gefasst. So sehr, dass ihm in die Stadt Barra Mansa (Stadt mit 300 000 Einwohnern), wo er 18 Jahre lang Fabrikdirektor war, das Ehrenbürgerrecht verliehen hat. Seine Frau ist Brasilianerin und die beiden Söhne wohnen mit ihren Familien in São Paulo.

In Brasilien hat Tinguely, «der arme Leute Bub aus Heitenried», Karriere gemacht. Die sprichwörtliche Karriere vom Tellerwäscher zum Millionär etwa? «Ja, meinen Sie», lacht der 82-Jährige. «Im Leben muss man auch Glück haben, beruflich kompetent und im richtigen Moment am richtigen Platz sein.»

Das war er wohl, der gelernte Käser, der seinen Vater (Sattler) mit fünf Jahren verlor, nach der Primarschule mit «Ach und Krach eine Lehrstelle fand», in den Kriegsjahren viel Militärdienst leistete und mit 22 Jahren bei der Nestlé anklopfte: «1944 gab es bei uns kaum Arbeit und so habe ich ganz einfach der Nestlé in Vevey einen Brief geschrieben. Und die haben mich genommen.»

Vom Käser
zum grössten Arbeitgeber

Julius Tinguely – so lautet der Name auf seiner Visitenkarte – beantwortet jede Frage zunächst mit Schweigen. Auch jene, welche seine zuletzt geleitete Firma betrifft. Und dabei hätte er allen Grund loszuplaudern. Immerhin war er in der Stadt Araras (170 km nordwestlich von São Paulo mit 100 000 Einwohnern), wo er heute noch wohnt, der grösste Arbeitgeber. Tinguely war Fabrikationschef einer Fabrik mit 1000 Angestellten (Nestlé-Milchprodukte). «Heute arbeiten 2000 Personen dort», meint er so nebenbei.

Bald 60 Jahre in Brasilien – Ob er sich als Ausländer zeitweilig auch unsicher gefühlt habe? Phasen, in denen Ausländerfirmen im Visier von extremen Gruppierungen waren, habe es gegeben. «Aber über Politik möchte ich nicht reden.»

Von der Nestlé und
nächtlichen Träumen

Erst beim Stichwort Nestlé kommt der 82-jährige gross gewachsene, hagere Sensler ins Schwärmen. Nestlé sei eine gute Schule gewesen. «Solche Aufstiegsmöglichkeiten hätte ich in der Schweiz nie gehabt.»

Nestlé habe im Land Ausbildungszentren erstellt, regelmässige Kurse für Fabrikdirektoren durchgeführt und Arbeitsplätze ausgebaut: «In der Fabrik Barra Mansa haben wir 1970 die erste Jogurtproduktion aufgenommen.» Auch seien Heimaturlaube immer bezahlt gewesen.

«Wichtige ausländische Autohersteller (Volkswagen, General Motors, Ford, Fiat) wie auch pharmazeutische Firmen haben in den Fünfzigerjahren in Brasilien Fuss gefasst.»

Allein auf weiter Flur

Ob er sich an seine Ankunft noch erinnern mag? «Und wie! Ich war ledig, konnte kein Wort Portugiesisch und fühlte mich gottverlassen.» Es sei sehr hart gewesen. «Jahrelang handelten meine nächtlichen Träume von der Schweiz.»

Also doch ein Heimwehschweizer? «Nein, aber die Schweiz ist halt so schön.» Warum er denn nicht länger bleibe? Stille. «Meine Frau ist an Alzheimer erkrankt.» Julius Tinguely sagts und seine Augen werden nass.

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