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«Der Dialog überwindet Ängste»

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Zwei Gelehrte, der eine christlicher Theologe, der andere ein muslimischer Jurist, beide aus Istanbul. Pater Claudio Monge und Professor Emre Öktem waren vergangene Woche in Freiburg und haben im Rahmen eines mehrteiligen Kurses an der Universität einen interreligiösen Dialog geführt. Der Austausch, den sie seit Jahren praktizieren, würde auch im Studienzentrum für Islam und Gesellschaft geführt, wie es in Freiburg vorgesehen ist.

 

 Claudio Monge, Sie waren von Beginn an in die Planung für das geplante Zentrum für Islam und Gesellschaft involviert. Wieso Ihr Engagement?

Claudio Monge: Menschen definieren sich nicht nur über ihre Religion. Auch in diesem Zentrum soll ein Dialog zwischen Personen geführt werden, die mehr wollen als nur über Religion diskutieren. Sie sollen über ihre Sicht auf die Gesellschaft diskutieren. Wir müssen einen interkulturellen Dialog führen. Diese Universität ist der beste Platz dafür.

 

 Die Ankündigung der Lancierung des Studienzentrums hat viel Sand aufgewirbelt.

Monge: Die Heftigkeit der Debatte erstaunt mich. Am Anfang steht wohl ein Kommunikationsproblem. Für die islamische Theologie ist es undenkbar, dass an einer staatlichen Universität in einem christlichen Land und in einer katholischen Fakultät Imame ausgebildet werden. Diese Ausbildung würde nie anerkannt. Jedoch hat ein Studienzentrum, das sich mit Islam und Gesellschaft beschäftigt, ein Ort, an dem sich Menschen zum wissenschaftlichen Austausch treffen, eine Berechtigung. Gerade einem Land wie der Schweiz mit ihrer multikulturellen und vielsprachigen Gesellschaft würde diese Debatte gut anstehen.

 

 Sie führen selbst einen intensiven Dialog miteinander. Wie soll man sich diesen vorstellen?

Emre Öktem: Ich höre die Leute oft sagen, dass der interreligiöse Dialog nicht funktionieren könne. Dann erinnere ich sie ans 19. Jahrhundert, als die Physiker sagten: Nichts, was schwerer ist als Luft, wird je fliegen. Aber wir sind alle schon mal geflogen und wissen, dass es möglich ist. Interreligiösen Dialog gibt es, und er funktioniert. Wie erfolgreich er ist? Ob wir mit den Resultaten zufrieden sind und welche Ziele zu erreichen sind – das ist eine andere Frage.

 

 Wie erleben Sie den Dialog mit Ihren Gesprächspartnern, Herr Monge? Funktioniert der interreligiöse Dialog?

 Monge: Wenn ich mich bereit erkläre, in einen Dialog einzutreten, stelle ich nicht gleich meine ganze Religion infrage. Aber ich bin bereit, über meine Wahrnehmung, über die Art, wie ich meine Religion lebe, nachzudenken. In einer Universität kommen wir nicht zusammen, um unsere Überzeugung in ihrer reinsten Form zu verteidigen. Manchmal müssen wir unser Denken revidieren. Nicht selten sind wir überrascht und enttäuscht, aber es birgt auch Chancen: Wir verstehen, dass unsere Vorstellungen nicht ganz durchdacht waren.

 

 Öktem: Jedes Gespräch ist eine Entdeckung. Wir finden immer wieder neue Aspekte, die in keinem Buch stehen und deren wir uns nicht bewusst waren. Dafür brauchen wir aber Courage. Denn wir müssen anerkennen, dass angebliche Realitäten, die wir von unseren jeweiligen Religionen kannten, nicht ganz stimmen. Beim interreligiösen Dialog geht es nicht darum, den anderen von der Richtigkeit der eigenen Religion zu überzeugen. Wir wollen nicht missionieren. Es geht darum, die Besonderheiten der Religion des anderen kennenzulernen. Denn Religion ist mehr als Lehre, mehr als heilige Texte. Es geht darum, Wissenslücken zu schliessen.

 

 Wie kommen Sie in Ihrer Gemeinschaft an mit Ihren Bemühungen, das Gespräch mit dem anderen zu suchen?

Monge: Manchmal habe ich den Eindruck, selbst in meiner eigenen Gemeinschaft als Exot dazustehen. Meine Brüder können nicht immer nachvollziehen, was ich mache und sage. Ich tausche mich seit 18 Jahren mit einer Kultur aus, die ganz anders ist als unsere. Ich bin selbst manchmal enttäuscht. Es ist kein einfacher Weg. Aber die Gesellschaft um uns herum verändert sich. Unter diesen Umständen ist Dialog alles andere als ein Luxus. Es ist eine absolut notwendige Grundlage. Denn die Gefahr besteht, von Angst und Zweifeln überwältigt zu werden, und nicht selten sind diese nicht unberechtigt. Man kann Angst nur durch Dialog überwinden.

 

 Welche Reaktionen gibt es in Ihrer Gemeinschaft, Herr Öktem?

Öktem: In der Türkei gibt es Menschen, vor allem konservative, denen der interreligiöse Dialog an sich suspekt ist. In einer anderen Universität als derjenigen in Galatasaray, mit ihrer westeuropäischen Tradition, würde ich mit meiner Arbeit wirklich auf Widerstand stossen. Wir bewegen uns auf dünnem Eis. Ein Beispiel: Es ist üblich, dass muslimische Geistliche die christlichen und die jüdischen Amtsträger zum Fastenbrechen im Fastenmonat Ramadan einladen. Nun geschieht das auch umgekehrt, die Muslime werden eingeladen. Das stört konservative Kreise, denn das Fastenbrechen ist für sie ein religiöser und den Muslimen vorbehaltener Akt. Zur Zeit des Osmanischen Reiches war dies jedoch Teil der Kultur, auch und gerade um den Dialog zu fördern. Das schockierte damals niemanden. Das haben wir leider vergessen.

Zu den Personen

Anderer Hintergrund, ähnliche Interessen

Emre Öktem ist Professor für internationales Recht an der Universität Galatasaray in Istanbul. Er ist gläubiger Muslim, kennt die theologischen Fragen des Islams und ist spezialisiert auf Menschenrechte und Religionsfreiheit. Der Italiener und Dominikaner Claudio Monge lebt seit zwölf Jahren in Istanbul. Monge amtet als Präsident der Union der Religionen in der Türkei, als Vorsteher des Ordenskonvents in Istanbul und als Mitglied des Päpstlichen Rats für den interreligiösen Dialog.fca

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