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Der Kampf gegen den Abfalltourismus

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Steigende Abfallmengen und höhere Kosten: Die Gemeinde Bösingen musste in Sachen Sammelhof die Notbremse ziehen. Die betroffenen Gemeinderäte und ein Experte erklären, wie es so weit kam.

Es ist Freitagnachmittag, und der grosse Karton- und Papier-Container der Sammelstelle in Bösingen ist schon wieder voll. Etwas unbeholfen versuchen einige Bösingerinnen und Bösinger ihr Papier und Karton doch irgendwie in die Mulde zu stopfen.

«Ich rufe gleich an, damit sie die Mulde abholen», ruft Daniel Käser über den Platz des Abfallsammelhofs der Gemeinde. «Morgen ist erst Samstag, die Mulde muss heute noch geleert werden», erklärt Käser, der als stellvertretender Werkdienstleiter für die Gemeinde Bösingen arbeitet. Während er zum Telefon greift, läuft Daniel Käser quer über den Sammelhof zum kleinen Bagger auf Rädern. Er manövriert das Gefährt zum überquellenden Karton-Container und beginnt die Inhalte mit der grossen Schaufel zusammenzudrücken, um so ein wenig Platz zu schaffen.

Bilder von übervollen Grüngut- und Kartonmulden kennt Gemeindepräsident Martin Bäriswyl seit einigen Jahren nur zu gut. Auch er ist an diesem Nachmittag auf dem Sammelhof und erklärt: «Noch bis letzten Herbst hatten wir kaum Zugangsbeschränkungen für unsere Sammelstelle hier – aber die Entsorgungsmasse hat so stark zugenommen, dass wir reagieren mussten.»

Wegen solcher Bilder musste die Gemeinde Bösingen den Zugang zum Sammelhof einschränken.
Sarah Neuhaus

Warum die Mengen an Grüngut, Karton, Papier und anderem Sammelgut in kurzer Zeit so stark angestiegen sind, weiss Martin Bäriswyl nicht abschliessend. «Aber es wurde deutlich, dass wir etwas unternehmen müssen, sonst wären die Kosten komplett aus dem Ruder gelaufen.» Um die Lage besser zu verstehen, engagierte die Gemeinde einen Spezialisten. Stephan Textor ist Ingenieur und beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit Umwelt- und Entsorgungsfragen. Sein Unternehmen Kommunalpartner AG berät regelmässig Verbände, Städte und Gemeinden, wenn es darum geht, Abläufe und Angebote im Bereich Entsorgung zu optimieren.

Martin Bäriswyl (links), Gemeindepräsident von Bösingen, und Daniel Käser, stellvertretender Werkdienstleiter.
Sarah Neuhaus

Von Auswärtigen und Firmen ausgenutzt

«Wir haben festgestellt, dass es in Bösingen wohl sehr viele Auswärtige gab, die zu allen Unzeiten grossen Mengen an Sammelgut abluden», sagt der Experte auf Anfrage der FN. Das seien vermutlich nicht nur Privatpersonen gewesen, die ausserhalb von Bösingen leben, sondern auch Unternehmen, die vom kostenlosen Entsorgungsangebot profitierten.

«Laut der Analyse haben wir so viel Sammelgut abtransportiert wie eine Gemeinde mit mindestens 5000 Einwohnerinnen und Einwohnern», sagt der zuständige Gemeinderat Erich Boschung. Aber die Rechnung geht nicht auf: In Bösingen leben nur 3400 Menschen. Für den Gemeinderat sei auf Basis dieser Analyse klar geworden, dass die Lage dringend optimiert werden müsse. «Personen, die nicht in Bösingen leben, zahlen auch keine Entsorgungsgebühren – es darf nicht sein, dass wir diese Mehrkosten einfach auf unsere Einwohnerinnen und Einwohner abwälzen», betont Erich Boschung.

Seit Oktober befindet sich Bösingen in einer Pilotphase. Als Erstes wurden eine Barriere installiert und klare Öffnungszeiten definiert.
Sarah Neuhaus

Striktere Zugangsbeschränkung

Um der Entsorgungslage Herr zu werden, startete die Gemeinde Bösingen im Oktober eine Pilotphase. In einem ersten Schritt wurde eine Barriere installiert, mit der die Sammelstelle komplett geschlossen werden kann. Und auch die Öffnungszeiten wurden eingeschränkt. Statt jeden Tag können die Bösingerinnen und Bösinger jetzt an vier Tagen in der Woche entsorgen. Dazu kam, dass die Gemeinde die Entsorgungsgebühren erhöhte.

Ein eingeschränktes Angebot und gleichzeitig höhere Gebühren – diese Kombination stiess bei vielen Einwohnerinnen und Einwohnern auf Unverständnis. Obwohl die Pilotphase noch bis Ende März dauert, ist für Erich Boschung schon jetzt klar: «Unser Ziel ist es, die Gebühren wieder zu senken – aber wir hatten keine andere Wahl.»

Der Sammelhof befindet sich auf dem Areal des Werkhofs der Gemeinde – auch das führt zu Komplikationen.
Sarah Neuhaus

Restriktionen wirken

Die anderen Massnahmen haben bereits Wirkung gezeigt. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 entsorgte die Gemeinde Bösingen insgesamt 230 Tonnen Karton und Papier. 2022 waren es noch 180 Tonnen. Und auch die Menge an Grüngut konnte die Gemeinde bereits deutlich senken: 2022 wurden 90 volle Container abtransportiert – 2021 waren es noch 115 Container.

Während der bisherigen Dauer der Pilotphase habe man ausserdem festgestellt, wie wichtig es sei, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinde auf der Sammelstelle präsent seien, sagt Martin Bäriswyl. 

Sobald keine Aufsicht da ist, landet Plastik oder Sagex in der Kartonmulde, oder das Sammelgut wird einfach irgendwohin gestellt.

Daniel Käser fischt Plastik aus dem Karton-Container.
Sarah Neuhaus
Unsauber getrennte Materialien gehören in Bösingen zum Alltag.
Sarah Neuhaus

Der Werkdienstmitarbeiter Daniel Käser bestätigt diese Beobachtungen. «Es hat sich herumgesprochen, dass man in Bösingen immer entsorgen kann und dass niemand kontrolliert – wir hatten zum Teil Kartons aus dem Seeland hier. Und sobald keiner von uns vor Ort ist, bricht das Chaos aus.»

Die ständige Präsenz von Gemeindemitarbeitenden treibt die Kosten aber ebenfalls in die Höhe. Darum sucht Martin Bäriswyl aktuell nach Alternativen. «Wir überlegen uns, ob wir mit Seniorinnen und Senioren zusammenarbeiten könnten, die solche Aufsichtsdienste übernehmen möchten.»

Welches Material eine Gemeinde sammelt, ist teilweise ihr überlassen. Nur gewisse Materialgruppen sind gesetzlich bestimmt.
Sarah Neuhaus

Bösingen ist nicht allein

Bösingen ist mit seinen Sammelhofsorgen kein Einzelfall. «Für kleinere Gemeinden ist es eine echte Herausforderung, ein ökologisches und kosteneffizientes Entsorgungsangebot aufzubauen», weiss Stephan Textor. Glas, Papier, Karton, Metalle, Grünabfälle und Textilien – das sind die Materialien, für die eine Gemeinde eine Sammelmöglichkeit anbieten muss. «Alles andere ist eine politische Frage», betont Textor. «Die Gemeinden müssen sich fragen, was sie ihrer Bevölkerung bieten wollen.»

In Bösingen kann auch Kunststoff gesammelt werden.
Sarah Neuhaus

Eine regionale Aufgabe

Für den Ingenieur ist klar, dass in Sachen Abfall ein Umdenken stattfinden muss: Stephan Textor betont:

Abfallwirtschaft ist meines Erachtens eine regionale Aufgabe – keine kommunale.

Es ergebe ökonomisch und ökologisch viel mehr Sinn, wenn die Sammelstellen, die Logistik und die Verwertung von Sammelgut auf regionaler Ebene organisiert werde, sagt Textor. «Wenn Gemeinden zusammen Ausschreibungen machen und die Mengen poolen würden, könnten sie viel bessere Preise erzielen.»

Textor nennt ein Beispiel aus dem Kanton Luzern: Dort haben sich 22 Gemeinden zu einem Verband zusammengeschlossen. «Das funktioniert gut – der Verband kümmert sich um alles», so Textors Urteil. So habe man 30 Prozent der Kosten einsparen können. «Vorher hatte jede Gemeinde eigene Verträge mit einem Logistikanbieter und unterschiedliche Angebote – das verursachte unnötige Kilometer und Kosten.» Unabhängig davon, wie sich eine Gemeinde oder eine Region aber organisiert, ist für Stephan Textor eines klar: «Das Allerwichtigste im Zusammenhang mit der Abfallwirtschaft ist, dass wir weniger Ressourcen verbrauchen und so auch weniger Abfall generieren – das kann man gar nicht genügend oft betonen.»

Laut dem Experten Stephan Textor sollten sich Gemeinden zusammenschliessen, wenn es um Entsorgung geht.
Sarah Neuhaus

Zahlen und Fakten

Abfallmengen stagnieren

Laut den neusten Zahlen des kantonalen Amts für Umwelt haben die Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Freiburg im Jahr 2021 durchschnittlich 371 Kilogramm Siedlungsabfälle produziert. Nach einer Phase des Anstiegs sank die Abfallproduktion wieder auf einen Wert, der in etwa dem Wert vom Jahr 2002 entspricht. Während der Jahre 2014 bis 2021 ist eine Stabilisierung der Gesamtmenge an produzierten Siedlungsabfällen trotz des Anstiegs der Bevölkerung zu beobachten, seit 2018 ist sogar ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Es ist schwer zu sagen, ob dieser Rückgang auf das Bewusstsein der Bevölkerung oder auf andere Faktoren, insbesondere wirtschaftlicher Art, zurückzuführen ist.

Mit insgesamt 71‘744 Tonnen stellt der zwecks stofflicher Verwertung getrennt gesammelte Siedlungsabfall den wichtigsten Teil der gesammelten Abfälle dar. Dies entspricht etwa 59 Prozent der durch die Gemeinden gesammelten Abfälle. Die Hauptmasse der getrennten Siedlungsabfälle entfällt auf drei Kategorien: biogene Abfälle (31 Prozent), Papier/Karton (16 Prozent) und Glas (10 Prozent). Die Metalle sind mit einem Anteil von rund 3 Prozent der kleinste Teil der gesammelten Abfälle. san

Kommentar (1)

  • 11.01.2023-Leser

    Es würde auch viel einfacher gehen… statt dass jeder mit dem PKW an die Sammelstelle fährt, könnte ja Karton, Altpapier und Grüngut wieder vor bei den Leuten abgeholt werden… wie es früher ja auch problemlos funktioniert hat… und in der Stadt Freiburg zum Beispiel ist es heute noch so inkl. Sperrgut … Sammelstellen sind in der Stadt für Glas und Altöl etc… vorhanden… da gibt es keine Probleme…
    Wäre auch aus rein ökologischen Gründen sinnvoller, statt die endlosen Autokolonnen, die jeweils zu den Sammelstellen fahren…
    Und wer nun meint es sei zu teuer, der Mehrpreis dürfte nicht sehr ins Gewicht fallen, denn die Sammelstellen, das Personal, die Entsorgung etc. kosten ebenfalls…

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