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Der Schneidermeister von Drifontein

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Der Schneidermeister von Drifontein

Der 80-jährige Linus Schwaller, Mitglied der Missionsgesellschaft Bethlehem

Linus Schwaller macht in Simbabwe das, was er in Europa längst nicht mehr könnte: Er führt eine Schneiderei – mit zwei Angestellten und vier Lehrlingen.

Von DAVID COULIN

Bei Fairfield ist Schluss mit Asphalt. Die Überlandstrasse zieht sich zwar weiter pfeilgerade durch die Weiten des simbabwischen Buschlandes. Wir biegen jedoch ab, nach links, und finden uns schon nach wenigen Metern auf einer Staubpiste im dichten Eukalyptuswald wieder. Nach einiger Zeit werden im Abendlicht die ersten Häuser einer Siedlung sichtbar – erste Vorboten der Missionsstation von Drifontein, einer kleinen Stadt mit Kirche, Post, Bäckerei, Metzgerei, Polizei, Primar- und Sekundarschule, Metallwerkstatt, Garage, Schreinerei, einer Haushaltschule und einer Schneiderei.

All dies wurde einst von der Missionsgesellschaft Bethlehem Immensee aufgebaut und ist jetzt, ganz gemäss der Philosophie der Bethlehem Missionare, in einheimische Hände übergeben worden. Einzig in der Schneiderei betreibt noch ein Bruder der Missionsgesellschaft Bethlehem (SMB) sein Atelier. Adrett gekleidet erscheint er vor der Türe des unscheinbaren Steingebäudes, mit aufrechtem Gang und schlohweissem Haar: Linus Schwaller, 80-jährig, aus Heitenried – der Schneidermeister von Drifontein.

Robust und zuverlässig

Ein grosser Tisch bestimmt das Innere des Raumes, an der Wand ist eine Dampfbügelanlage aufgebaut, und in einer Nische gegenüber nimmt eine Webmaschine ihren Raum ein. Darin eingespannt ist eine halbfertige Stola. An der Fensterfront schliesslich, neben einem Overlocker und einer Blindstichmaschine, sind drei Nähmaschinen festgeschraubt. Unverwüstliche Singer-Nähmaschinen, die älteste steht so lange in dieser Werkstatt wie er selbst: 43 Jahre.

Linus Schwaller schwört auf sie: «Keine moderne Maschine ist robuster und zuverlässiger», sagt er und, auf die Tretnähmaschine in der Ecke zeigend, «keine so geeignet für die Lehrlingsausbildung.» Er muss es wissen: Weit über fünfzig Lehrlinge hat er schon betreut, vier Lehrlinge stehen momentan bei ihm in der Ausbildung. Sie alle wird er als junge Berufsleute in eine sichere Zukunft entlassen können. Denn die Schneiderei ist hoch geachtet in diesem Land. Anzüge, Uniformen, Hemden, elegante Deux-Pièces und Abendroben – eine dezente, korrekte Bekleidung gehört hier zum guten Ton, und das Atelier von Linus Schwaller ist dafür die erste Adresse weitherum.

Kundschaft hat gewechselt

Bis vor einigen Jahren machten die weissen Farmerinnen einen grossen Teil seiner Kundschaft aus. «Aber das hat sich seit der umstrittenen Landreform von Robert Mugabe vor fünf Jahren geändert», sagt Linus Schwaller. Viele Farmer mussten das Land verlassen und sind ausgewandert – «nach Botswana oder Neuseeland», weiss Linus Schwaller, der mit einigen immer noch korrespondiert. Dafür suchen jetzt vermehrt schwarze Ärzte und Lehrer den Weg zu ihm.

Um den Betrieb – neben den Lehrlingen beschäftigt er zwei einheimische Schneider – mit neuen Stoffen zu versorgen, geht Linus Schwaller einmal im Monat auf Shoppingtour nach Gweru oder gar in die 200 Kilometer entfernte Hauptstadt Harare. «Keine einfache Sache», betont er. «Manchmal ist es Glückssache, an einen schönen Stoffballen zu kommen.»

Neue Ideen aus dem Modekatalog

Die Ideen für neue Kreationen – so weit die eingeschränkte Stoffauswahl solche zulassen – entnimmt er der «Rundschau für internationale Herrenmode». Sie lässt ihn von weitem teilhaben an einer Entwicklung, die er aus der sicheren Warte des Schneidermeisters der alten Schule heraus interessiert beobachtet.

Die Lehre hat Linus Schwaller bei PKZ in La Chaux-de-Fonds gemacht, dann bei demselben Modefachgeschäft in Zürich gearbeitet, bevor er sich mit dreissig entschied, sich einer Missionsgesellschaft anzuschliessen. «Zufällig fuhr ich auf der Suche nach einer Mission mit dem Fahrrad von Einsiedeln herkommend in Immensee vorbei. Das grosse Gebäude bei der hohlen Gasse erregte meine Aufmerksamkeit. Ich lungerte etwas herum, bis eine Schwester kam und fragte, was ich da suche», erzählt Linus Schwaller. Er tat seinen Wunsch kund, wurde sofort zum Generaloberen durchgereicht und als Bruder angenommen. Sieben Jahre arbeitete er dann in der Schneiderei des Priesterseminars Schöneck, und seither ist er hier inmitten des südlichen Afrika sein eigener Herr und Meister.

Chef und «Baba»

Nur von Zeit zu Zeit ist er bei seinen Mitbrüdern im Regionalhaus der Missionsgesellschaft zu Besuch, obwohl es nur einen Steinwurf von seinem Atelier entfernt ist. Denn er gilt offiziell als ein «Aussenpöstler», und als solcher fühlt er sich auch. Trotzdem schätzt er die Nähe des Regionalhauses, und der begabte Laienschauspieler und Jodelimitator Linus Schwaller ist dort ein gern gesehener Gast.

Ansonsten aber ist es ihm am wohlsten in seiner Welt, dem Atelier, wo er zuschneidet, kontrolliert und in bestem Shona seine Mitarbeiter anleitet. Sie achten ihn – als Chef und als «Baba», wie es sie in diesem von Armut und Not gezeichneten Land nicht mehr viele gibt. Mit niemandem möchte er tauschen. Und er stellt an die Adresse der Verschleissgesellschaft in den Ländern des Nordens die denkwürdige Frage: «Wo sonst könnte ich in diesem Alter noch ein beruflich so erfülltes Leben führen?»

Weltweit tätig

Die Missionsgesellschaft Bethlehem zieht sich in Simbabwe langsam aus ihrer Projekttätigkeit zurück. Weltweit engagiert sich jedoch die im Jahr 2000 gegründete Nachfolgeorganisation Bethlehem Mission Immensee mit Sitz in Immensee weiterhin für Benachteiligte. Sie setzt dabei auf die Präsenz vor Ort, um eine soziale und nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen und den interkulturellen Austausch zu pflegen.

Neben den Priestern und Brüdern der Missionsgesellschaft Bethlehem sind über sechzig freiwillige Fachpersonen im Auftrag der Bethlehem Mission Immensee in Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas in der Pastoral-, Bildungs- und Entwicklungsarbeit tätig. Schwerpunktländer sind Taiwan, Philippinen, Sambia, Kenia, Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien.

Durch Bildungs- und Informationsarbeit in der Schweiz regt die Bethlehem Mission Immensee zu solidarischem Denken und Handeln an. Sie ist auch Trägerin des RomeroHauses in Luzern und Herausgeberin der Zeitschrift «Wendekreis». dc

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