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Der Wahrheit auf der Spur

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Der Wahrheit auf der Spur

Franziska Bolliger über ihre Arbeit als Untersuchungsrichterin

Sie erteilt der Polizei den Auftrag, Opfer und Zeugen zu befragen. Sie ordnet eine Hausdurchsuchung an und sie kann einen Beschuldigten in Untersuchungshaft nehmen: Ein Wortwechsel mit Franziska Bolliger, die seit gut einem Jahr Untersuchungsrichterin ist.

Mit FRANZISKA BOLLIGER
sprach IRMGARD LEHMANN

Als Untersuchungsrichterin OHG (Opferhilfegesetz) befassen Sie sich vorab mit Widerhandlungen gegen die sexuelle Integrität von Frauen und Kindern. Oft müssen Sie fremden Männern zum Intimbereich peinliche Fragen stellen. Macht Ihnen das Mühe?

Nein, ich will ja in sachlicher und unbefangener Weise einen Sachverhalt abklären. Dies gibt mir genügend Distanz zu meinem Gegenüber, so dass für peinliche Gefühle kaum Raum bleibt.

Gibt es Fälle, welche Sie belasten oder allenfalls über die Arbeitsstunden hinaus beschäftigen?

Ja, dies kommt immer wieder vor. Am meisten beschäftigen mich jene Fälle, wo sich die Ergebnisse der Ermittlungen nicht mit den Angaben des offensichtlich traumatisierten Opfers decken. Ich mache mir jeweils viele Gedanken über das «Weshalb und Warum».

Ein Untersuchungsrichter oder eine Gerichtspräsidentin müsste aber auch Psychologe sein. Ist er, ist sie das? Oder besteht eine Lücke in der Ausbildung?

Ein Richter sollte meiner Meinung nach über eine gute Menschenkenntnis und viel Einfühlungsvermögen verfügen, was nicht unbedingt erlernbar ist. Für die psychologische Beurteilung von Täter oder Opfer ist jedoch immer der Experte (Psychiater) und nicht der Richter zuständig.

Es beginnt in der Regel damit, dass durch eine Strafanzeige eine mögliche Straftat angezeigt wird. Ich eröffne dann ein Strafverfahren und beginne zu ermitteln. Das heisst, ich lasse das Opfer, verdächtige Personen und Zeugen durch die Polizei einvernehmen. Manchmal ordne ich eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahme zur Beweissicherung an.

Besteht Flucht-, Wiederholungs- oder Verdunkelungsgefahr, kann ich einen Beschuldigten ebenfalls für eine gewisse Zeit in Untersuchungshaft nehmen. Oft ist es auch notwendig, Arztberichte einzuholen oder Expertengutachten anzuordnen.
Bei grösseren Verfahren lade ich gegen Schluss meiner Untersuchung die beschuldigte Person zu einer Schlusseinvernahme vor. In Anwesenheit der Rechtsvertreter beider Parteien sowie der Staatsanwaltschaft wird die beschuldigte Person zu den Vorwürfen befragt und mit den Untersuchungsergebnissen konfrontiert. Zuletzt setze ich mit einer so genannten Überweisungsverfügung den Beschuldigten in den Anklagestand und überweise ihn zur Beurteilung an das zuständige Bezirksgericht.

Wann kommt das Strafrecht und wann das Zivilrecht zum Zug?

Das Strafrecht kommt immer dann zur Anwendung, wenn jemand eine Tat begeht, bei der das Gesetz ausdrücklich eine Strafe vorsieht. Darunter fallen beispielsweise Diebstahl, Sachbeschädigungen oder auch Verstösse gegen die Verkehrsregelung, wie etwa Fahren im angetrunkenen Zustand. Aber auch derjenige, der gegen Umwelt- und Gewässerschutzbestimmungen verstösst, macht sich strafbar.

Das Zivilrecht hingegen regelt zu einem guten Teil unser alltägliches Handeln, unsere Beziehungen untereinander, und zwar von der Geburt bis zum Tode. Ehescheidung oder auch einklagbare Forderungen aus Verträgen (Kauf-, Miet- oder Arbeitsvertrag) fallen unter das Zivilrecht.

Ein Richter sagte mir jüngst: «Fragen Sie drei Richter zum Gleichen und Sie haben drei unterschiedliche Antworten.» Alles sei eine Ermessensfrage. Was sagen Sie dazu?

Vieles ist beim Richter eine Ermessensfrage. Dieses Ermessen hat aber immer einen Rahmen, welcher durch Gesetz und Rechtssprechung gegeben ist. Die Juristerei ist bekanntlich keine exakte Wissenschaft. Sie ist abhängig von gesellschaftlichen und sozialpolitischen Faktoren, die das Rechtsbewusstsein von uns allen in verschiedener Weise prägen können.

Sie sind verheiratet und Mutter von zwei erwachsenen Söhnen. Eine Doppelbelastung? Wie schaffen Sie es?

In meiner heutigen Situation kann ich nicht von Doppelbelastung sprechen. Meine berufliche Belastung entspricht etwa einer 30-Prozent-Anstellung. Unsere Söhne, 23- und 25-jährig, sind ausgeflogen resp. nur noch zeitweise zuhause. Sie kommen ganz gut im eigenen Haushalt zurecht und sind nicht mehr auf meine «Infrastruktur» angewiesen – worauf ich übrigens recht stolz bin. Einer Doppelbelastung bin ich ganz bewusst immer ausgewichen. Ein intaktes Familienleben erschien mir immer als etwas sehr Kostbares, das ich nicht gefährden oder gar verlieren wollte. Erst 1993 schien mir die Zeit reif, mein 1978 abgebrochenes Studium wieder aufzunehmen und abzuschliessen.

Also steht die Juristerei nicht im Zentrum Ihres Denkens?

Nein. Um ganz glücklich zu sein, brauche ich sowohl Kopfarbeit als auch viel Zeit für kreatives Arbeiten, sei dies nun im Garten, beim Basteln oder beim Gestalten von Webseiten, inbegriffen das Arbeiten mit Grafik- und Fotoprogrammen.

Was kann Sie auf die Palme bringen?

Wenn jemand versucht, meine Gutmütigkeit auszunützen.

Gibt es in Ihrem Leben einen Traum, den Sie noch irgendwann verwirklichen möchten?

Da ich jeden Tag versuche, meinen Traum zu leben, habe ich keinen Traum, den ich irgendwann verwirklichen möchte. Ich bin zufrieden und dankbar für alles, was mir das Leben bis heute gebracht hat, weil ich mir bewusst bin, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist.

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