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«Die Familien sind in ihrer Not allein»

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«Die Familien sind in ihrer Not allein»

Autor: Imelda Ruffieux

Zugegeben: Nicht Maria und Josef suchen eine Unterkunft, und es geht auch nicht um den Hoffnungsträger des Christentums. Aber sonst hat die Suche der Stiftung «Abri – Obdach» durchaus Ähnlichkeiten mit der biblischen Erzählung von der Herbergssuche.

Selbst betroffen

Marie-Theres Meuwly aus Tafers hat vor vier Jahren in ihrer Familie miterlebt, welche Folgen die chronische Abhängigkeit von Alkohol bei einem Familienmitglied für das nähere Umfeld hat. Entzug, Therapie, Rückfall, erneuter Entzug und wieder ein Rückfall. «Es kommt eine Zeit, da können die Familienmitglieder den Betroffenen trotz aller Liebe und viel Mitgefühl nicht mehr helfen, können sie nicht mehr dauernd um sich haben», erzählt sie. Die Suche ihrer Familie nach einem Wohnplatz für den Kranken gestaltete sich schwierig. «Es gibt keinen Platz für Leute, bei denen die Alkoholsucht als untherapierbare Krankheit akzeptiert wird.»

Marie-Theres Meuwly hat viel über das Thema gelesen und beschlossen, im Kanton Freiburg ein solches Angebot auf die Beine zu stellen. «Eine Umfrage bei Amtsvormundschaften und Sozialdiensten ergab, dass eine grosse Nachfrage besteht», sagt sie. «Niemand will diese Leute.» Zusammen mit Gleichgesinnten gründete sie 2008 die Stiftung «Abri – Obdach». Vertreter des psychosozialen Dienstes, des Bereichs der Suchttherapie, der Kirchen und der Politik waren dabei. Die katholische und die reformierte Kirche sprachen 50000 Franken, um die Stiftung zu gründen. Diese wird vom Arzt Claude Uehlinger, früherer Leiter des psychosozialen Dienstes Freiburg, präsidiert (siehe Kasten).

Ein Konzept war schnell erstellt: «Wir wollen eine palliative Betreuung anbieten, also die bestmögliche Versorgung der Betroffenen ohne Versuche, sie zu therapieren.» Die Stiftung ist überzeugt, dass die Kosten für die Allgemeinheit mit einem solchen Wohnangebot massiv verringert werden könnten. «Die Notfalleintritte in das Spital mit Entzug, Therapien und Nachkuren könnten vermieden werden.»

Zwei Hürden

Die Sicherung der Finanzen und die Suche nach einem Standort erwiesen sich als grosse Hürden. Mehr als ein Dutzend Liegenschaften, Häuser und Hausteile hat die Stiftung in den letzten drei Jahren angeschaut. Oft war sie sich mit dem Eigentümer einig, als im letzten Moment wieder etwas schief ging, weil sich zum Beispiel die Gemeindebehörden querlegten. «Wir haben an viele Türen geklopft. Überall kamen nur Absagen.»

Die Stiftung hat von Anfang an versucht, ihr Projekt der kantonalen Gesundheitsdirektion schmackhaft zu machen. Marie-Theres Meuwly ist frustriert, wie langsam die Mühlen in den kantonalen Dienststellen mahlen. Die Anfrage der Stiftung sei immer wieder verzögert worden. «Dabei ist das Geld vorhanden», ist die Initiantin überzeugt. Der Bund schüttet aus dem Alkoholfonds (gespeist über die Alkoholsteuer) Geld an die Kantone aus. Der Freiburger Anteil an diesem «Alkoholzehntel» betrug 2009 rund 1,7 Millionen Franken. Die Gelder sind für Prävention, als Zuwendung für Institutionen wie Suchprävention, für Früherkennung, Forschung, Ausbildung und Weiterbildung vorgesehen.

In einer Anfrage haben die Grossräte Christine Bulliard, Stiftungsratsmitglied, und Daniel de Roche 2009 den Staatsrat gefragt, warum das Projekt nicht über diese Gelder finanziert werden könne. In der Antwort hiess es, dass der Kanton seit 2009 daran sei, einen kantonalen Alkoholaktionsplan zu erarbeiten. Mit dem Geld aus dem Alkoholzehntel wolle der Staatsrat nicht langfristig angelegte Leistungen finanzieren.

Die beiden Grossräte haben 2010 in einer Motion verlangt, dass im Gesundheitsgesetz auch die Überlebenshilfe und Massnahmen für chronisch Suchtkranke verankert werden. In seiner Antwort bestätigt der Staatsrat zwar, dass die Betreuung für diese Kranken verbessert werden müsse. Dies soll durch die seit 2008 laufende Studie «Koordination der Betreuung drogen- und alkoholabhängiger Personen» erreicht werden. Darin werde auch die Situation von chronisch Kranken berücksichtigt. Der Staatsrat empfahl, die Motion abzulehnen. Dies geschah knapp mit 46 zu 42 Stimmen.

Neuer Anlauf

Jetzt nimmt die Stiftung einen neuen Anlauf. «Wir suchen nicht mehr eine grosse Liegenschaft für 20 Personen, sondern eine bis zwei grosse Wohnungen in einem allein stehenden Gebäude oder einem Mehrfamilienhaus», sagt Marie-Theres Meuwly. «Wir fangen klein an und beweisen, dass unser Konzept funktioniert.» Dieses Vorgehen bedingt allerdings ein grösseres Startkapital, weil eine professionelle Betreuung rund um die Uhr und sieben Tage die Woche auch mit wenigen Bewohnern gewährleistet sein muss. Damit wird für das erste und zweite Betriebsjahr das Defizit grösser. Ab 16 betreuten Personen wird das Projekt selbsttragend finanziert – über die Leistungen von AHV, IV, Ergänzungsleistungen und allenfalls Sozialhilfe. Marie-Theres Meuwly hofft für diese Startfinanzierung auf die Hilfe von Privatpersonen, Werken der Diakonie oder Stiftungen mit karitativem Charakter.

Kontakt:Marie-Theres Meuwly: 0794474783; Isabelle De Aguiar: 0793065635.

Die Stiftungsratsmitglieder (vorne, v.l.): Daniel Ruffieux, Marie-Theres Meuwly, Jean-Christoph Stucki, Thomas Meyer; (hinten, v.l.): Elisabeth Reber, Isabelle De Aguiar.Bild Corinne Aeberhard

Staatsrat:Schlussberichte von zwei Studien abwarten

Staatsrätin Anne-Claude Demierre, Vorsteherin der Gesundheits- und Fürsorgedirektion, hat Verständnis für das Projekt von «Abri – Obdach». Bevor der Kanton Geld spricht, soll eine bessere Koordination der verschiedenen Angebot angestrebt werden.

 

Sehen Sie im Kanton ein Bedürfnis für das Angebot der Stiftung «Abri – Obdach»?

Ich sehe durchaus ein Bedürfnis. Im Rahmen der Studie «Koordination der Betreuung drogen- und alkoholabhängiger Personen» ist vorgesehen, dass wir Strukturen für chronisch Kranke schaffen. Ob dies durch die Stiftung «Obdach – Abri» geschieht oder durch eine bereits bestehende Institution wie Le Tremplin, Le Torry oder Le Radeau, wird noch abgeklärt.

 

Gibt es eine Chance für die Stiftung, vom Kanton finanziell unterstützt zu werden?

Die Schlussberichte der oben erwähnten Studie sowie des kantonalen Alkoholaktionsplans liegen nach dreijähriger Arbeit wie geplant Ende dieses Jahres vor. Sie werden nächstes Jahr dem Staatsrat vorgelegt. Dieser entscheidet, welche Massnahmen und Projekte prioritär behandelt werden. Erst dann ist die Finanzierung ein Thema. Selbst wenn also das Projekt der Stiftung zum Zuge käme, dauert es noch eine Weile, bis es von Kantonsgeldern profitieren kann.

 

Die Stiftung kritisiert, dass die beiden Arbeitsgruppen so lange an der Arbeit waren. Was sagen Sie dazu?

Es sind zwei parallele Studien, die aber zwei unterschiedliche Themen behandeln. Die jeweilige Problematik wurde sehr breit analysiert. Der Alkoholaktionsplan nennt beispielsweise Massnahmen, wie der Alkoholkonsum unter Jugendlichen, das exzessive Trinken, die Probleme mit chronischer Alkoholsucht, mit dem Alkoholkonsum auf der Strasse oder im öffentlichen Raum usw. vermindert werden können. Die Studie «Koordination der Betreuung drogen- und alkoholabhängiger Personen» soll klären, wie bestehende Angebote im Kanton Freiburg untereinander besser vernetzt werden und wo noch Lücken bestehen. Dies alles zu analysieren, braucht seine Zeit.

 

Die Stiftung will in der Zwischenzeit mit privaten Mitteln anfangen. Erhält sie eine Betriebsbewilligung?

Es braucht ein geeignetes Konzept und einen angemessenen Ort. Dies wird von uns geprüft. Wenn alles in Ordnung ist, erteilen wir die Bewilligung.

Claude Uehlinger:«Für Menschen am Rande der Gesellschaft»

Claude Uehlinger war Arzt am psychosozialen Zentrum. Er hat die Stiftung «Obdach – Abri» vor drei Jahren mitgegründet.

 

Warum engagieren Sie sich für die Anliegen der Stiftung «Abri – Obdach»?

Ich bin seit 26 Jahren als Psychiater tätig und habe mich in dieser Zeit mit dem Thema geistige Gesundheit im Allgemeinen und Abhängigkeit im Speziellen befasst. Daher erschien es mir als logischer Schritt, die Anliegen dieser Stiftung zu unterstützen.

 

Gibt es im Kanton genügend Angebote für chronisch Kranke?

Ich bin überzeugt, dass es neben all den bestehenden Angeboten unbedingt eine palliative Betreuung braucht. Es gibt für viele Arten von Krankheiten sehr gute Möglichkeiten für die Therapie, die Betreuung oder die Unterbringung. Aber es gibt auch Fälle und Situationen, für welche die heutigen Institutionen keine Lösung bieten können. Das betrifft suchtkranke Menschen, für die es keine Hoffnung auf Therapierbarkeit gibt. Das sind Menschen, die ausgegrenzt sind und sich am Rande der Gesellschaft befinden. Viele von ihnen haben nicht nur ein Problem, sondern es kommen neben der eigentlichen Sucht weitere Probleme zusammen.

 

Wie beurteilen Sie die Chancen der Stiftung, vom Kanton eine Betriebsbewilligung zu erhalten?

Ich glaube, die Chancen sind durchaus intakt. Wir werden eine Möglichkeit finden, wie wir unser Projekt verwirklichen können. Vielleicht ein wenig angepasst, vielleicht in kleinen Schritten. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir vorwärtskommen.

 

Was passiert, wenn die Bewilligung nicht erteilt wird?

Dann finden wir eine andere Möglichkeit, das Konzept umzusetzen, eine, für die es keine Betriebsbewilligung braucht. Wir bleiben flexibel, aber unser Ziel bleibt, nicht therapierbaren Suchtkranken zu helfen.

 

Warum haben die Stiftungsratsmitglieder in den drei Jahren nie die Energie und den Mut verloren?

Alle Mitglieder der Stiftung haben in ihrem Arbeitsalltag seit Jahren mit Suchtkranken zu tun. Sie sind auch vertraut mit den politischen und administrativen Hindernissen, die bei der Hilfe von Betroffenen entstehen. Deshalb ist es ein Team mit viel Geduld und einem langen Atem. Dieser Enthusiasmus führt dazu, dass die Flamme für das Projekt immer weiter brennt. im

Stiftungsratspräsident Claude Uehlinger.Bild Charles Ellena

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