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Drei Welten in Addis Abeba

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Eine Schweizerin auf den Spuren der Strassenfegerinnen

Autor: Von URS HAENNI

Als Corinne Kuenzli sich ans Drehen für ihren Erstlingsfilm «Sweeping Addis» machte, schloss sie hinter sich die Tür der Schweizer Botschaft in Äthiopien, liess ein Leben mit Hausangestellten, Empfängen und diplomatischem Protokoll zurück und begab sich zu den Strassenfegerinnen der Millionenstadt auf die Strasse. Sie unterhielt sich mit städtischen Angestellten, die täglich in Dreierteams den Dreck und Staub aufwischen, dabei zwar recht gut verdienen, gesellschaftlich aber fast zuunterst stehen. Und wenn diese Strassenfegerinnen Corinne Kuenzli dann bei sich zuhause in ihren Hütten empfingen, dann fand die Schweizerin ländliche Strukturen vor: Plumpsklo, Hühner im Hof, Feuerstellen, an Fäden aufgehängtes Fleisch.

Landflucht als Frauenbewegung

Die Begegnung dreier so verschiedener Welten auf den Strassen ist nach Ansicht Kuenzlis typisch für das Leben der Vier-Millionen-Metropole. Addis Abeba sei eine stark durchmischte Stadt mit geringen Unterschieden von einem Quartier zum anderen. Aber sie verändere sich wahnsinnig: Man treibe die Armen in die Peripherie, während die Reichen sich im Zentrum niederliessen.Das Landleben erschien Corinne Kuenzli in Addis Abeba allgegenwärtig. Dass die Strassenfegerinnen allesamt weiblich sind, ist kaum ein Zufall. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist die Landflucht in Äthiopien eher eine Frauenbewegung. Sie fliehen vor Zwangsheiraten auf dem Land in die schützende Anonymität der Stadt.In der Stadt ist das Leben zwar nicht unbedingt leichter – Corinne Kuenzli hat gesehen, wie beim Busbahnhof Zuhälter auf die ankommenden jungen Frauen warten – und doch war im Gespräch mit der Schweizer Filmemacherin bei den Strassenfegerinnen die uralte Tradition des Landes kaum je ein Thema. Im Gegenteil: Ländliche Traditionen können für die Frauen eine Belastung sein, in der Stadt hingegen lernen sie lesen und schreiben.

Filmen auf der Strasse ist heikel

Ob es nun in Äthiopien leichter ist, einen Film in der Stadt oder auf dem Land zu drehen, lässt sich nicht allgemein sagen. Corinne Kuenzli ist der Meinung, dass in der Stadt das Medienbewusstsein grösser sei: «Jede Hochzeit wird gefilmt, in der Stadt hat jeder Dritte einen Fernseher – da sind sie sich eine Kamera eher gewohnt.» Doch das Filmen auf der Strasse stellt auch ein Problem dar, weil das Publikum naturgemäss viel zahlreicher ist. «Dort zu filmen ist heikel», sagt Corinne Kuenzli. «Passanten beschimpften die Strassenfegerinnen und sagten ihnen, sie sollen sich etwas Anständiges anziehen, wenn sie sich schon filmen lassen.»Für Aufnahmen im öffentlichen Raum überliess die Schweizerin denn auch das Filmen meist einer äthiopischen Crew mit Kamerafrau. Sie habe die Einheimischen machen lassen und sei während dieser Zeit in ein Café warten gegangen. Auf diese Art gab es auch weniger Probleme mit Bettlern. «Wenn Weisse filmen, dann braucht es Security, um die Bettler fernzuhalten. Und dann hat man das ständig im Ton.» Die Strassenfegerinnen hätten Mut gebraucht, um sich auf der Strasse filmen zu lassen. Deshalb sind zu Beginn des Filmes deren Gesichter auch meist bedeckt. Vor allem wollten die Äthiopier nicht schon wieder einen Film, der Mitleid erregen würde.Sie habe rund anderthalb Jahre recherchiert und Vertrauen schaffen müssen, bis sie mit dem Filmen habe beginnen können, sagt die Schweizer Filmemacherin. Mit ihrem Kameramann Peter Liechti konnte sie die Strassenfegerinnen schliesslich auch zuhause filmen. Da entstanden die intimsten Aufnahmen des Films bei zum Teil engen und dunklen Aufnahmebedingungen. «Das Vertrauen, das dauert lange», sagt Corinne Kuenzli. «Plötzlich mischt sich wieder ein Mann oder ein Bruder ein und sagt: ?Spinnst du? Die Nachbarn werden schwätzen…?.»

«Sie haben mein Leben gefilmt»

Kuenzli hat aber auch gemerkt, dass die einzelnen Frauen sehr unterschiedlich mit der Kamera umgingen. Während sich einige Frauen davon eher einschüchtern liessen, hatte es eine andere Strassenfegerin, die sich gerne ein bisschen exponierte. Diese übernahm dann auch eine Art Führungsrolle und ging auf ihre Arbeitskolleginnen zu.Dass Corinne Kuenzli mit «Sweeping Addis» das Thema genau auf den Punkt traf, zeigte sich, als sie den Film erstmals vor den Angestellten ihrer Botschaft vorführte. Nach der Vorführung sass nämlich die Köchin heulend in einer Ecke und sagte schliesslich: «Jetzt weiss ich endlich, was Sie da draussen immer gemacht haben. Sie haben mein eigenes Leben gefilmt.»

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