Ein Kanton – Zwei Systeme
Primarschule im Zentrum des Politapéros
Die deutschsprachigen Schulen des Kantons Freiburg machen sich für die Schulleitung stark. Die französischsprachigen hingegen für das «Projet d’etablissement»: Anlässlich des Politapéros der «Parlamentariergruppe Erziehung und Bildung» am Dienstag zeigten sich Fronten.
Von IRMGARD LEHMANN
Eigentlich wollen alle das Gleiche. Nämlich die Ausbildung an den Primarschulen des Kantons verbessern. Doch die Wege dahin sind verschieden. Währenddem die deutschsprachigen Schulen auf das System «Schulleitung» pochen, setzen sich die französischsprachigen für das «Projekt d’etablissement» ein.
Wo liegt der Unterschied? Im französischsprachigen Projekt tritt ein Projektleiter in Erscheinung, der lediglich mit Koordinationsaufgaben betraut ist. Im Konzept «Schulleitung» sind die Kompetenzen jedoch viel weiter gefasst. Nebst organisatorischen Aufgaben hat der Schulleiter oder die Schulleiterin vorab Führungsverantwortung wahrzunehmen. Erziehungsdirektorin Isabelle Chassot erwähnte in diesem Zusammenhang den Kanton Luzern: Da die Schulleitung die Aufgabe der Inspektoren übernimmt, wird diese Funktion überfällig. Inspektoren sollen künftig als pädagogische Berater funktionieren.
Unterschiedlich gelagert
Die umfassende Führungsverantwortung einer Schulleitung ist allerdings ein Aspekt, mit dem sich die französischsprachigen Schulverantwortlichen nicht anfreunden können. Dies jedenfalls war am Dienstagabend anlässlich des Politapéros der «Parlamentariergruppe Erziehung und Bildung» unter dem Präsidium von Grossrat Beat Vonlanthen deutlich herauszuspüren. Man wolle keine Hierarchien schaffen, hiess es. Und ob Lehrkräfte einen der ihren als höher gestellte Person akzeptieren würden, sei ohnehin fraglich. Doch damit scheinen die deutschfreiburger Schulen kein Problem zu haben.
Nach einer dreijährigen Projektphase – sieben Primarschulen waren daran beteiligt – sind an allen Primarschulen Deutschfreiburgs Schulleiterinnen oder Schulleiter eingesetzt worden. Finanziell beteiligen sich sowohl der Staat wie auch die Gemeinden. Vorderhand stellt der Kanton ein Pensum von 3,5 Vollzeitstellen zur Verfügung. Die restlichen Entlastungsstunden übernehmen die Gemeinden (es bestehen Unterschiede).
Aber auch im französischsprachigen Teil wird seit drei Jahren an rund 20 Schulen das «Projet d’etablissement» angewendet.
Rahmenbedingungen schaffen
Voraussichtlich soll im Grossen Rat das Thema «Verbesserung der Qualität der Ausbildung in den Primarschulen» in der Herbstsession zur Debatte stehen. Letztendlich wird sich die Frage um die Kosten drehen. Denn die «Schulleitung» – der Endausbau sieht 10,5 Vollzeitstellen vor – soll einiges mehr kosten als das französischsprachige Konzept.
Ist das französischsprachige Schulsystem mit dem deutschsprachigen überhaupt vergleichbar? Nein, lautete der Tenor unter den anwesenden deutschsprachigen Grossrätinnen und Grossräten. «Die Schulzentren in Deutschfreiburg weisen auch ganz andere Dimensionen auf als jene im französischsprachigen Teil», ergänzte Staatsrätin Chassot. Düdingen beispielsweise zähle rund 500 Schülerinnen und Schüler.
Chancen im Grossen Rat?
Walter Stoll und Pierre Dessibourg, stellvertretende Vorsteher bei der Direktion für Schule, Kultur und Sport, haben die beiden Systeme am Dienstag vorgestellt. Doch wie stehen die Chancen im Grossen Rat? Beat Vonlanthen zeigt sich skeptisch. Er sieht die Lösung in einem Kompromiss. «Man könnte im Gesetz ein allgemeines Prinzip festhalten, das den Schulen Teilautonomie zugesteht.» Sowohl die französisch- wie die deutschsprachigen Schulen könnten so das Ziel «bessere Ausbildungsqualität in den Primarschulen» nach ihren eigenen Vorstellungen realisieren.