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«Ein Wechsel ist ein riskantes Unterfangen»

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Autor: karin aebischer

Am 26. Mai ist der Sensler Grossrat Emanuel Waeber offiziell als Freiburger Nationalratskandidat nominiert worden: jedoch nicht von seiner langjährigen Partei, der CVP, sondern von der SVP, zu der er Anfang März 2011 übergetreten war. Mit seinem Parteiwechsel steht Waeber auf dem politischen Parkett nicht alleine da (siehe Kasten). Die FN wollten von Nicolas Hayoz, Professor der Politikwissenschaften an der Universität Freiburg, wissen, welches die häufigsten Gründe für einen Parteiwechsel sind und wie es in der Folge um die politischen Karrierechancen der Überläufer steht.

Nicolas Hayoz, wie häufig sind Parteiwechsel?

In nicht-demokratischen Ländern wie Russland kommen sie häufig vor. In Ländern mit instabilen Parteiensystemen und häufigen Koalitionswechseln sind sie ebenfalls oft zu beobachten, und vor allem auch in Transformationskontexten, wo Parteien ständig verschwinden und neu entstehen. In stabilen Demokratien sind sie eher selten. In der föderalistischen Schweiz gibt es auch nur wenige. Hierzu gibt es aber keine Studien. Man geht wahrscheinlich nicht fehl mit der Annahme, dass die Polarisierung des schweizerischen Parteiensystems vermehrt zu Parteiwechseln motivieren wird.

In welche Richtung gehen diese Parteiwechsel?

Die Richtung ist offensichtlich und geht von den historischen Parteien zu den neueren Themenparteien. Der wachsende Erfolg von populistischen Parteien auf Bundes- und Kantonsebene kann die Häufigkeit der Parteiwechsel erhöhen.

Aus welchen Gründen wechselt ein Politiker die Partei?

Die Gründe können ideologischer Natur sein; wenn ein Politiker mit der Anschauung seiner Partei nicht mehr einverstanden ist. Parteiwechsel haben aber auch mit dem Wettbewerb zu tun. Es wechselt, wer bessere Alternativen sieht. Weitere Gründe sind der Wechsel durch Neugründung, zum Beispiel von den Grünen zur GLP; oder der Wechsel bedingt durch Rauswurf, wie bei Eveline Widmer-Schlumpf von der SVP zur BDP.

Was macht für den Überläufer eine bessere Alternative aus?

Die Argumentation der «Switcher» zeigt auf, dass sie in der neuen politischen Heimat klarere Positionen, klarere Profile und eine klarere Themenbesetzung als in der alten Partei vorfinden oder erwarten. In der individuellen Perspektive kommt wohl eine ganze Palette von Motivationen für den Parteiwechsel zusammen. Dies sind Profilierungsmöglichkeiten und stärkere ideologische Geschlossenheit in der neuen Partei, Konflikte in der alten Partei, erfolgreichere Politik in der neuen Partei usw.

Den Wechselnden wird oft Opportunismus vorgeworfen.

Wer mit dem Vorwurf von Opportunismus oder Fahnenflucht kommt, hat nicht begriffen, dass Politiker immer ein Stück weit opportunistisch vorgehen und dass die Wahl in ein Amt das alles überragende Kriterium ist. Man braucht dazu eine Organisation und Netzwerke, die man nicht so ohne weiteres «wechseln» kann. Ein Parteiwechsel ist immer ein schwieriges und riskantes Unterfangen. Und natürlich wird nur gewählt, wer politische Themen erfolgreich besetzen kann, so wie die SVP oder die GLP es vormachen.

Also doch Opportunismus.

Es kann durchaus opportun sein, dass Politiker aufgrund der Perspektive, ihre Themen und ihre Karrieremöglichkeit bei einer anderen Partei in einer für sie günstigeren Konstellation zusammenbringen zu können, die Partei wechseln. Es werden dies – unter demokratischen Verhältnissen – immer nur wenige tun können, weil nur wenige Politiker über ihre Person, das heisst über Charisma, Reputation und mediale Sichtbarkeit, das Risiko dazu eingehen können. Das ist natürlich auch Opportunismus, aber ein gut kaschierter: Die Politiker sehen neue politische Einsatzmöglichkeiten und können den Wechsel unter der Etikette «menschlicher Faktor» verkaufen und werden wiedergewählt.

Ob ein Parteiwechsel gelingt oder nicht, hängt also auch von der Bekanntheit eines Politikers ab?

Erfolgreiche und charismatische Politiker bleiben auch nach einem Parteiwechsel erfolgreich. Ist ein Politiker nicht im ganzen Kanton als starke Persönlichkeit bekannt, hat er nach einem Parteiwechsel viel stärker zu kämpfen als ein gestandener Politiker. Erfolglose Politiker wechseln gar nicht erst, das Risiko eines Mandats- und Gesichtsverlusts wäre für sie zu hoch. Man kann erfolglosen «Hinterbänklern» zwar ein gutes Angebot machen in der anderen Partei, dass sie gewählt werden, ist aber unwahrscheinlich.

Schadet ein Wechsel der Glaubwürdigkeit eines Politikers?

Nur dann, wenn die Argumente des Wechsels nicht überzeugen. Es kommt auch darauf an, wie extrem der Wechsel ist. Ein SP-SVP-Wechsel ist weniger gut nachvollziehbar als ein CVP-SVP-Wechsel.

In welchen politischen Lagern kommen Parteiwechsel am häufigsten vor?

Die allermeisten aufsehenerregenden Parteiwechsel sind innerhalb des bürgerlichen, beziehungsweise rechten Lagers zu beobachten. Auffallend ist, wie schon angedeutet, der Wechsel zu den erfolgreicheren neueren Themenparteien. Von Parteiwechseln bei der SP ist wenig bekannt. Da könnte man annehmen, dass es eine linke Polpartei ist, die in den letzen Jahren nach links abgedriftet ist, so wie die SVP nach rechts, und von daher ideologisch fixierter ist und über ein klareres Profil verfügt, was ja gerade den schwächer werdenden Mitteparteien abgeht.

Gibt es Unterschiede zwischen Kantons- und Bundespolitik?

Auf kantonaler Ebene kommen Parteiwechsel häufiger vor als auf Bundesebene. Bei 26 kantonalen Parlamenten und Regierungen mit mehr oder weniger grossen Unterschieden in der Parteienlandschaft ist das zu erwarten. Es gibt ja auch viel mehr Parteien auf kantonaler Ebene, die in der Bundesversammlung nicht vertreten sind. Die Parteizugehörigkeit selbst wird weniger wichtig, je tiefer die politische Ebene ist. Auf Gemeindeebene kommen Parteiwechsel am häufigsten vor. Dabei kann die nationale Politik einer Partei Motivation sein für einen Wechsel. Oft sind es nur Streitereien zwischen Politikern auf kantonaler und Gemeindeebene, die zum Parteiwechsel führen. Man könnte sagen: Je lokaler das politische Mandat, desto einfacher ist auch ein Parteiwechsel.

Wird es Partei-Switcher in Zukunft vermehrt geben?

Die Veränderungen in der Parteienstärke nach den Wahlen im Herbst könnten darüber Aufschluss geben, ob und wie sehr das Phänomen des Parteiwechsels in Zukunft häufiger zu beobachten sein wird. Es könnte durchaus sein, dass die neueren erfolgreichen Themenparteien vermehrt Politiker aus den alten historischen Parteien zum Wechsel zu bewegen vermögen.

«Je lokaler das politische Mandat, desto einfacher ist auch ein Parteiwechsel», sagt Nicolas Hayoz.Bild Charles Ellena

Beispiele: Auch Rime wechselte die Partei

Emanuel Waeber ist nicht der Erste, der im Kanton Freiburg die politische Partei gewechselt hat. Vor ihm taten es zum Beispiel der heutige SVP-Nationalrat Jean-François Rime (von FDP zu SVP), Grossrat und Nationalratskandidat Ruedi Vonlanthen (CSP zu FDP), der ehemalige Grossrat und Gemeinderat Yvan Aeby (CVP zu SVP), der ehemalige Gemeinderat Roman Grossrieder (CVP zu CSP) oder auch alt Staatsrat Félicien Morel (SP zu Demokratisch-Sozialer Partei). Auf nationaler Ebene hat im Januar 2011 der Wechsel des St.Galler Nationalrats Thomas Müller (CVP zu SVP) für Schlagzeilen gesorgt. Müller stellt sich als SVP-Nationalrat der Wiederwahl. Dass der Zürcher Nationalrat Martin Bäumle in seinem Heimatkanton 2004 heimlich den Aufbau einer Konkurrenzpartei vorantrieb, führte zum Rausschmiss bei den Grünen. Zusammen mit der heutigen Ständerätin Verena Diener gründete Bäumle darauf die Grünliberale Partei GLP. ak

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