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«Eine CD kann nicht die Hand geben»

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«Das letzte Mal hatten wir einen Text von Karin Keller-Sutter. Wie wäre es diesmal mit Georg Kohler?», fragt Annemarie Schläpfer. Auf dem Schoss liegt ein Buch mit verschiedenen Aufsätzen. Sie sitzt auf dem weissen Sofa in der Stube von Jean-Charles Comment, neben ihr sitzt ihr 90-jährige Gastgeber. Dieser nickt. Und während sein Besuch aus dem dicken, roten Buch vorliest, lauscht er aufmerksam, wackelt ab und zu mit dem Kopf, und wenn ihn etwas besonders interessiert oder bei ihm eine Erinnerung auslöst, unterbricht er die Vorleserin.

Hilft gegen Einsamkeit

Seit mehreren Jahren erhält Comment jeden Dienstag und Freitag Besuch von Vorleserinnen des Vereins «Lecture à la carte» (siehe Kasten). Die Lektüre sei für ihn sehr wichtig, sagt Comment. Da seine Augen zu schwach seien, um zu lesen, besitze er viele Hörbücher. Obwohl diese den Vorteil hätten, dass er sie dann einschalten könne, wenn es im gut gehe und er aufnahmefähig sei, meint er: «Eine CD kann einem nicht die Hand geben, und sie kann nicht mit einem diskutieren. Diese Vorlesestunden helfen gegen meine Einsamkeit.»

Schwelgen in Erinnerungen

Neben philosophischen Schriften–beispielsweise vom römischen Kaiser Marc Aurel–lässt sich Jean-Charles Comment auch immer wieder gerne Biografien oder Texte vorlesen über Leute, deren Weg er gekreuzt hat. So beispielsweise eine Biografie über den Minister Walter Stucki, mit dem er zusammenarbeitete, oder eine Doktorarbeit zum algerischen Unabhängigkeitskrieg und zum Spionageskandal um den Bundesanwalt René Dubois. Dieser war während mehrerer Jahre Comments Chef bei der Bundesanwaltschaft. Dabei erfahre er nicht immer viel Neues, sagt er. «Ich weiss manchmal mehr, als was in diesen Büchern steht.» Trotzdem geniesse er es, von diesen Persönlichkeiten zu hören und in Erinnerungen zu schwelgen.

Neue Texte kennenlernen

Dies bestätigt auch Annemarie Schläpfer. «Die effektive Lektüre dauert wohl meist etwa eine Viertelstunde. Den Rest der Zeit verbringen wir mit dem Reden über Erinnerungen», sagt sie lachend. Über eine Freundin ist sie vor sieben Jahren zum Verein gestossen–als erste deutschsprachige Vorleserin.

Sie finde diese Aufgabe sehr bereichernd, sagt die Rentnerin, die durchschnittlich drei bis vier Einsätze im Monat hat. Sie lese selbst sehr gerne. Dadurch, dass die älteren Personen die Lektüre selbst wählen können, lerne sie auch viel Neues kennen, «zum Teil auch Texte, die ich selbst nie gelesen hätte», sagt sie.

Auch den Kontakt zu ihren Zuhörern findet sie spannend. «Klar braucht es manchmal etwas Geduld, aber ich erfahre viel über ihr Leben und nehme auch Anteil.»

Ein Branchli zum Abschied

Nach einer Stunde klappt Annemarie Schläpfer das Buch zu. Zum Abschied hält ihr Jean-Charles Comment ein Branchli hin. «Ich freue mich immer, wenn jemand kommt. Deshalb habe ich dies zur Tradition gemacht», erklärt er. Er freue sich auch schon auf das nächste Mal. Dann wird eine andere Frau kommen und ihm etwas vorlesen–wie jedes zweite Mal jedoch auf Französisch.

«Diese Vorlesestunden helfen gegen meine Einsamkeit.»

Jean-Charles Comment

Kunde von «Lecture à la carte»

Verein: Eine Vorlesestunde nach Wahl

D er im Jahr 2002 gegründete Verein «Lecture à la carte» will durch die Lektüre der Einsamkeit vorbeugen und Elan ins Leben vieler betagter Menschen bringen. Die mittlerweile über zwanzig Vorleserinnen – darunter auch einige deutschsprachige – sind sowohl in privaten Haushalten als auch in Altersheimen tätig, wo sie während einer Stunde vorlesen. Die Freiwilligen sind vor allem in Freiburg und Umgebung tätig. Sie besuchen regelmässig Weiterbildungskurse. Eine individuelle Lektüre kostet für die Zuhörer 10 Franken, eine kollektive Lektüre 15 Franken. rb

Mehr Informationen: 026 475 18 26 und lecturealacarte@gmail.com

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