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Eine deutsche Südseeballade

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Autor: Aldo Fasel

Vor allem eine Rezension im Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» zu Krachts «Imperium» hat eine hitzige Rassismusdebatte hervorgerufen. Völlig zu Unrecht! Im Gegenteil, in Krachts Werk findet sich keine Spur von Herrenmenschentum oder totalitärem Denken. Der Schweizer Autor hat einen sehr lesenswerten, sprachlich anspruchsvollen Roman über den Versuch von Kaiser Wilhelm, ein Kolonialreich zu gründen, geschrieben. Frei von jeglicher Deutschtümelei zeigt der Roman keine weissen Herrenmenschen, die «minderwertige Völker» bekehren und kultivieren, sondern auf der ganzen Linie gescheiterte Existenzen, die in wahnhaften Traumwelten leben oder gar sexuelle Übergriffe verüben. Von rassistisch gefärbter Kolonialverherrlichung ist weit und breit nichts zu erkennen.

Spirale des Wahnsinns

Worum geht es? Die Hauptfigur August Engelhardt will die Welt retten, eine neue Religion stiften, gar ein eigenes Reich gründen – eine Utopie verwirklichen, die nicht nur ihn selbst, sondern die Menschheit erlöst. Dies soll fernab der europäischen zerstörerischen Zivilisation geschehen, die gerade aufbricht in die Moderne und in die Katastrophen des Ersten und Zweiten Weltkrieges.

Doch in der Abgeschiedenheit der Südsee gerät Engelhardt, ein von einem vegetarischen Spleen besessener Sonnenanbeter, in eine Spirale des Wahnsinns, die die Abgründe des 20. Jahrhunderts vorwegnimmt. Mit Verlaub, war nicht der «grösste Feldherr aller Zeiten» selbst ein radikaler Vegetarier und hat, so will es die Legende, am Abend nur einen Apfel gegessen?

Die göttliche Frucht

In relativ kurzer Form (242 Seiten) zeichnet der Autor die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Kokovoren-Imperiums. Kracht greift dabei zu zahlreichen historischen Anspielungen: Adolf Hitler, Thomas Mann, Hermann Hesse, Franz Kafka, um nur die berühmtesten Personen zu nennen. Kokovoren? August Engelhardt hat die Einsicht gewonnen, die Kokosnuss sei die göttlichste aller Früchte und mit ihrer Milch, ihrem Fett und ihrem Fruchtfleisch sei sie dazu geeignet, ganz allein den Nahrungsmittelbedarf der Menschheit zu decken und jeglichen Fleischverzehr als absolut unnötig und geradezu barbarisch blosszustellen.

Also macht er sich auf den Weg Richtung Südsee mit dem hehren Ziel vor Augen, auf der Insel Neupommern im Schutzgebiet Kaiser-Wilhelm-Land eine Kokosnussplantage zu erwerben und daselbst einen Orden für Gleichgesinnte zu gründen. Die Eingeborenen helfen dem nackt auftretenden weissen Mann – Nacktheit als Zeichen der Naturnähe – bereitwillig, indem sie ihm vor allem Nüsse ernten, aus denen er Kokosöl presst und zum Verkauf anbietet. Engelhardts Projekt scheint erfolgversprechend. Als dann – allerdings erst nach längerer Zeit – auch Gleichgesinnte ankommen, nimmt das Projekt katastrophale Züge an…

Christian Kracht: Imperium. Roman, Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2012, 242 S.

Aldo Fasel ist Leiter der Volksbibliothek Plaffeien-Oberschrot-Zumholz.

Zur Person

Für den «Spiegel» in Indien

Christian Kracht, geboren am 29. Dezember 1966 in Saanen, ist ein schweizerischer Schriftsteller und Journalist. Er wuchs in der Schweiz, den USA, Kanada und Südfrankreich auf. Nach seinem Studium war er als Volontär und ab 1991 als Redakteur für das Magazin «Tempo» tätig. Mitte der 1990er-Jahre arbeitete er als Indien-Korrespondent für den «Spiegel». Danach lebte er in Bangkok. Von dort aus bereiste er verschiedene asiatische Länder und veröffentliche Reiseberichte. af/im

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