Fast 60 Prozent der Freiburger Bevölkerung befürwortet einen kostenlosen öffentlichen Verkehr. Der Kanton und ein Experte sehen es kritischer.
Das Institut Delahaut befragte auch über die Einstellung zu Gratis-ÖV. Um den Benzinverbrauch zu senken und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu fördern, soll der ÖV der Bevölkerung kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Über 57 Prozent der Befragten befürworten dies. Knapp 37 Prozent sind dagegen und 6 Prozent unentschlossen. Heute ist der öffentliche Verkehr beispielsweise in Luxemburg oder in der estnischen Hauptstadt Tallinn kostenlos.
Kanton gegen Gratis-ÖV
Der Freiburger Staatsrat hat in seinem Mobilitätsgesetz festgelegt, dass er den Anteil des öffentlichen Verkehrs und des Langsamverkehrs erhöhen will, um damit den Benzinverbrauch zu senken. Wie der Grosse Rat hat sich der Staatsrat jedoch gegen Gratis-ÖV ausgesprochen. «Damit würden wir mit dem Giesskannenprinizp entlasten. Auch diejenigen, die es sich sehr gut leisten könnten, müssten nichts bezahlen», begründet Staatsrat Jean-François Steiert, Vorsteher der Direktion für Raumentwicklung, Infrastruktur, Mobilität und Umwelt, gegenüber den FN die Ablehnung. «Das bringt keine Umstiegswirkung, aber die Einnahmen würden massiv verringert.» Der Kanton könnte die Einnahmeverluste zwar kompensieren, wird jedoch aufgrund der begrenzten Ressourcen dazu neigen, das Angebot zu reduzieren, das er bei den Verkehrsbetrieben einkauft. Damit sänke die Nachfrage und damit auch der gewünschte Klimaeffekt.
Ähnlich sieht es der Experte Kay W. Axhausen, Professor für Verkehrsplanung an der ETH: «Es wären grosse Herausforderungen zu bewältigen, um die Kostenentwicklung und die Servicequalität im Griff zu behalten», teilte er auf Anfrage der FN mit. Nach Einschätzung des ETH-Professors würden bei kostenlosem ÖV mehr Personen dieses Angebot nutzen. In erster Linie würden aber nicht die Autofahrer auf den ÖV umschwenken, sondern Personen, die sonst zu Fuss oder mit dem Fahrrad unterwegs sind. Axhausen weist darauf hin, dass ÖV-Linien, die heute schon stark ausgelastet sind, zusätzliche Fahrzeuge und Kurse benötigen würden, um die Servicequalität aufrechtzuerhalten. Wenn es darum geht, die CO2-Belastung zu senken, so seien beispielsweise mehr Radwege und eine Verdichtung des ÖV-Takts bessere Massnahmen als ein kostenloser ÖV für alle.
Die FN haben sich bei einigen Freiburgerinnen und Freiburgern umgehört, was sie von einem kostenlosen ÖV halten:
Unterstützung für Bedürftige
Steiert weist darauf hin, dass statt einer generellen Kostenfreiheit der Grosse Rat beschlossen hat, gezielt gewisse Personengruppen zu unterstützen. So wurde folgende Bestimmung ins Gesetz aufgenommen: «Der Kanton und die Gemeinden können Massnahmen ergreifen, um bestimmten Personengruppen wie Schülern, Jugendlichen, Personen in bescheidenen Lebensverhältnissen oder Rentnern einen ermässigten oder kostenlosen Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln zu ermöglichen.
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