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«Es gibt kein Bürgerrecht auf Probe»

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Justiz- und Sicherheitsdirektor Erwin Jutzet zu den Fällen von sexuellem Missbrauch in Schmitten

Autor: Mit ERWIN JUTZET sprach CHRISTOPH NUSSBAUMER

Die Untersuchungsbehörden informierten anfangs Woche über die Fälle von sexuellem Missbrauch in Schmitten. Wie haben Sie als kantonaler Justiz- und Sicherheitsdirektor davon erfahren?

Ich wurde etwa Mitte Januar durch die Polizei informiert, als die Verhaftungen erfolgten. Ich habe dann die Mitglieder des Staatsrats ins Bild gesetzt, damit sie nicht aus den Medien davon erfahren.

Was ging Ihnen spontan durch den Kopf, als Sie die Mitteilung der Polizei erhielten?

Es hat mich traurig gemacht und schockiert. Es gab zwar schon früher sexuelle Übergriffe. Wir müssen jetzt nicht so tun, als ob das nun das erste Mal wäre. Was mich sehr beschäftigt, ist das mangelnde Unrechtsbewusstsein der mutmasslichen Täter – diese Handlungen werden quasi als selbstverständlich erachtet. Schockierend ist auch, dass es sich nicht um eine einmalige Sache handelt, sondern dass sich diese Taten über mehr als ein Jahr erstreckten und niemand den Mut hatte, das zur Anzeige zu bringen.

Ist das eine Art Bankrott-Erklärung für die Funktionsweise unserer Gesellschaft?

Der Begriff «Bankrott-Erklärung» ist vielleicht etwas überzeichnet. Aber es ist schon so: Es geht nicht an, Augen, Ohren und Nase zuzuhalten und wegzuschauen, weil uns ein derartiger Fall vielleicht nicht unmittelbar betrifft. Diese Haltung ist leider weit verbreitet und das ist ein Problem. Ich bin überzeugt, dass im vorliegenden Fall verschiedenste Leute über die Situation im Bild waren. Das ist unannehmbar und da gibt es viel zu tun bei der Bewusstseinsbildung – über die Schulen, aber auch über die Medien.

Härtere Strafen für jugendliche Delinquenten, die Ausweisung von ausländischen Straftätern oder die Aberkennung ihres Schweizer Bürgerrechts. Was halten Sie als Justizdirektor von solchen Forderungen?

Punkto Strafen bin ich schon der Meinung, dass man frühzeitig eingreifen muss. Bei kleinen Fällen passiert zu wenig und so gehen die Jugendlichen immer weiter. Es gibt bei ihnen keine Hierarchie der Delikte und die müssten sie schon klar zu spüren bekommen. Bei der Frage der Ausweisung von ausländischen Straftätern ist es so, dass es bei schweren Delikten diese Möglichkeit bereits heute gibt. Zum Entzug des Bürgerrechts schliesslich sage ich klar Nein: Es gibt kein Bürgerrecht auf Probe. Wenn jemand eingebürgert ist, so ist er Schweizer. Eine Ausbürgerung – das hat man in der ehemaligen Sowjetunion gemacht und in der DDR. Bei uns ist eine solche Massnahme undenkbar.

Sehen Sie bezüglich der Forderung nach härteren Strafen auch konkreten Handlungsbedarf im Kanton Freiburg?

Ich habe die Gewaltentrennung zu respektieren, aber ein Aussenstehender kann effektiv das Gefühl haben, dass zu wenig streng durchgegriffen wird. Täter von Gewaltakten oder von grösseren Diebstählen sind manchmal nach nur wenigen Stunden wieder auf freiem Fuss – das können die Leute nicht verstehen. Es müsste hier ein rascheres Verfahren geben. Es gibt aber auch die Problematik der verfügbaren Plätze. In diesem Bereich besteht zwar eine Zusammenarbeit mit anderen Kantonen. Die Plätze in diesen Vollzugsstellen kosten aber bis zu 400 Franken pro Tag. Ist der Steuerzahler denn auch bereit zu solchen Ausgaben?

Was wollen Sie nun als Justiz- und Sicherheitsdirektor in dieser Hinsicht unternehmen? Was sind Ihre Ideen und Projekte?

Wir müssen zwischen kurz- und mittelfristigen Massnahmen entscheiden: Im Mai steht im Grossen Rat das Konzept der «Bürgernahen Polizei» zur Debatte. Zu diesem Konzept gehören Gassenarbeiter und Polizisten in Uniform, die an Ort und Stelle eine Vernetzung haben und die Leute in den Quartieren kennen. Man schaut dann eben nicht weg und die Leute haben eine Ansprechperson. Dann geht es aber vor allem um die Frage der Integration. Davon müssen wir nicht bloss reden, sondern auch handeln, z. B. den beruflichen Einstieg für Ausländerinnen und Ausländer erleichtern. Alle sind dafür – sogar die SVP. Das Problem ist aber, dass die nötigen Mittel fehlen – auch im Kanton Freiburg. Da gibt es eine Verzettelung der Kräfte. Es wird zwar gute Arbeit geleistet – in den Schulen, im Gesundheitsdepartement, auch die Gemeinde Schmitten zum Beispiel unternimmt vieles. Was aber fehlt, ist eine Koordination dieser Anstrengungen. Das muss so schnell wie möglich an die Hand genommen werden.

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