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Familienpolitik wird nicht mit der Steuererklärung betrieben

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Niemandem käme es in den Sinn, eine Wegpauschale für Heimarbeiter zu fordern; oder einen Essensabzug für Mütter, die nicht erwerbstätig sind. Diese Kosten fallen nicht an–also können sie auf der Steuerabrechnung nicht abgezogen werden.

Genau das aber will die Familieninitiative der SVP, über welche das Schweizer Stimmvolk am 24. November befindet: Kosten geltend machen, die gar nicht entstanden sind. Heute können erwerbstätige Eltern einen Betreuungsabzug geltend machen, wenn ihre Kinder von einer Tagesmutter oder in einer Kindertagesstätte betreut werden. Dieser Abzug wurde eingeführt, damit Familie und Beruf besser vereinbart werden können. Auf diese Weise wird verhindert, dass ein grosser Teil des zweiten Lohnes für die Kinderbetreuung weggeht; so lohnt sich das Arbeiten ausser Haus.

Der Betreuungsabzug ist also keine Prämie für Kinder oder eine Unterstützung für Familien–sondern eine Hilfe für Erwerbstätige. Sie ist klar an die Arbeit gekoppelt; so wie eine Wegpauschale oder ein Essensabzug. Darum macht es keinen Sinn, wenn die SVP nun auch einen Betreuungsabzug für Familien fordert, die ihre Kinder selber betreuen.

 

 Die SVP argumentiert, heute seien jene Familien, die keine ausserfamiliäre Betreuung in Anspruch nehmen, steuerlich benachteiligt. Würden jedoch alle Familien einen Betreuungsabzug geltend machen können, wären die Familien bevorteilt, die ihre Kinder selber betreuen–da sie Kosten abziehen können, die gar nie angefallen sind. Dann stünden Familien mit zwei Einkommen steuerlich schlechter da.

 

 Der SVP geht es mit ihrer Initiative weniger um eine Gleichstellung beim Steuerabzug als vielmehr um Familienpolitik. Die Volkspartei will die Familie stärken. Dabei denkt sie an einen erwerbstätigen Vater und an eine Mutter, die zu Hause bleibt und ihre Kinder betreut. Dies ist aber längst nicht mehr die Durchschnittsfamilie. Immer mehr Mütter arbeiten ausser Haus–die einen zu hundert Prozent, andere an einem oder zwei Tagen in der Woche. So leben heute in der Schweiz Familien mit unterschiedlichsten Rollenaufteilungen: hier die klassische Familie nach dem Gusto der SVP, dort die Familie, in der sich beide Elternteile die Haus-, Erziehungs- und Erwerbsarbeit teilen. Und dazwischen gibt es die grosse Mehrheit jener Familien, in denen zwar beide Elternteile erwerbstätig sind, in denen aber nach wie vor die Mutter die Hauptverantwortung für Kinder und Haushalt trägt und der Vater den Hauptteil des Lohns verdient. Nicht zu vergessen sind die Alleinerziehenden.

All diese Familien bestehen nebeneinander; keine ist wertvoller als die andere, jede muss ihr eigenes Gleichgewicht finden. Die SVP will nun über die Steuererklärung Familienmodelle gegeneinander ausspielen. Sie möchte ein Modell–die klassische Einverdienerfamilie mit der Mutter am Herd–bevorzugen. So argumentiert die Partei im Abstimmungsbüchlein des Bundes, ein Ja zur Initiative «bedeutet auch, dass weniger staatliche Krippenplätze benötigt werden».

Steuern sind jedoch nicht das Mittel, um gesellschaftspolitische Fragen zu lösen oder Wertschätzung gegenüber Familien zu zeigen. Steuern sind der Beitrag jedes Einzelnen an die gemeinsame Infrastruktur, an den Staat. Steuervergünstigungen sind dazu da, um anfallende Kosten zu entgelten–und nicht, um Einstellungen und Ideologien zu entschädigen.

 

 Viele Familien sind finanziell knapp dran–egal, ob alleinerziehend, Einverdienerfamilie oder Doppelverdiener. Mit der SVP-Initiative wird sich dies nicht ändern: Nur jede zweite Familie bezahlt überhaupt direkte Bundessteuern und käme so in den Genuss des Abzuges, den die Volkspartei fordert. Einverdiener-Familien mit zwei Kindern zahlen erst ab einem Bruttoeinkommen von 97 500 Franken direkte Bundessteuer, Doppelverdiener mit zwei fremdbetreuten Kindern erst ab 126 000 Franken. So profitieren vor allem besser situierte Familien. Gerade jene Familien, die auf eine Unterstützung angewiesen sind, würden also vom Abzug gar nicht profitieren.

 

 Wer das konservative Familienmodell fördern will, vergisst, dass es volkswirtschaftlich durchaus sinnvoll ist, dass immer mehr Frauen einer Erwerbsarbeit nachgehen. Keinen Sinn macht es hingegen aus volkswirtschaftlicher Sicht, wenn Frauen eine Ausbildung machen–ob eine Berufslehre oder eine Hochschulbildung–, um dann nur kurz auf ihrem angestammten Beruf zu arbeiten, weil sie sich der Familie widmen. Von den Kosten, die ein Wiedereinstieg nach einer jahrelangen Familienpause mit sich bringt, spricht die SVP nie. Die Gesellschaft übernimmt sie stillschweigend.

 

 Der Bundesrat geht davon aus, dass bei einer Annahme der Initiative jährlich rund 390 Millionen Franken an Bundessteuer ausfallen würden; den Kantonen und Gemeinden würden noch einmal rund eine Milliarde Franken an Steuern entgehen. Solche Steuerausfälle kann sich zurzeit niemand leisten: Zahlreiche Kantone schnüren einschneidende Sparpakete, und reihum erhöhen Gemeinden die Steuern. Neue Steuererleichterungen würden ein riesiges Loch in die Haushalte des Bundes, der Kantone und der Gemeinden reissen.

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