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«Für mich ist jeder Film ein Schatz»

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«Für mich ist jeder Film ein Schatz»

Autor: Carole Schneuwly

Wenn heute im Cap’Ciné der chilenische Western «Salt», der Eröffnungsfilm des diesjährigen Filmfestivals Freiburg (Fiff), beginnt, geht für Thierry Jobin eine anstrengende Zeit zu Ende: Der neue Direktor hat seit dem vergangenen Mai Festivals auf der ganzen Welt besucht, rund 2000 Filme gesichtet und unzählige Menschen getroffen – und freut sich jetzt auf das Ergebnis seiner Arbeit.

 

Thierry Jobin, heute startet das erste Fiff unter Ihrer Leitung. Wie sehen Sie der bevorstehenden Woche entgegen?

Ich bin sehr entspannt. Letzten Sommer war das noch anders: Ich habe geträumt, dass ich am Eröffnungstag ohne einen einzigen Film dastehe und in letzter Minute ein Programm aus meiner DVD- und Video-Sammlung zusammenstellen muss. Zum Glück hat sich dann herausgestellt, dass ich nicht allein bin, sondern auf ein sehr gutes Team zählen kann. Meine Assistentin Delphine Jeanneret zum Beispiel hat sich bei der Suche nach Filmen als wahrer Indiana Jones erwiesen. Sie trieb Kopien auf, kümmerte sich um Filmrechte und Untertitel – alles Sachen, die für mich neu waren.

 

Dann haben Sie sich in erster Linie um die grossen inhaltlichen Linien gekümmert?

Ja, und ich habe mich gefreut, dass ich dabei eine grosse Freiheit hatte. Ich konnte meine Ideen umsetzen und meine Wünsche erfüllen. Mit einer einzigen Ausnahme haben wir alle Filme bekommen, die wir haben wollten. Dabei hat sicher der gute internationale Ruf des Filmfestivals Freiburg geholfen. Das hatte ich so nicht erwartet: dass das Fiff auf der ganzen Welt so bekannt ist und so geschätzt wird.

 

Viel reisen und viele Filme sehen – sieht so der Alltag eines Festivaldirektors aus?

Ich bin tatsächlich so viel gereist wie noch nie zuvor. Ich habe Festivals besucht und viele Menschen getroffen: interessierte und leidenschaftliche Menschen, die sich für Filme einsetzen, die nie in einem normalen Kinoprogramm zu sehen sind. Auf den Festivals bin ich eine Art Radar: Ich muss herausfinden, welche Filme für Freiburg in Frage kommen. Ein gutes Beispiel sind zwei iranische Filme, die mir in Cannes aufgefallen sind.

 

Wie viele Filme haben Sie während der Vorbereitung des Festivals gesehen?

Allein für die Wettbewerbsselektion haben wir gegen 2000 Filme gesichtet; die meisten erreichten uns per Post oder per Internet. Es war mir wichtig, alle Filme wenigstens ausschnittsweise persönlich zu sehen. Zusammen mit Delphine Jeanneret habe ich so eine fundierte Vorauswahl für die Auswahlkommission treffen können.

 

Das Ergebnis ist ausserordentlich vielfältig.

Ja, im diesjährigen Wettbewerb befinden sich zwölf Filme aus zwölf Ländern und zwölf Genres. Das war zwar keine Absicht, aber es freut mich sehr. Die Jury wird keine leichte Aufgabe haben. Die Filme sind nur schwer miteinander zu vergleichen: Die Bandbreite reicht vom poetischen Beitrag aus Taiwan über die Komödie aus Jordanien bis zum Fantasyfilm aus Brasilien.

 

Das zeigt auch, wie sehr sich das Fiff seit seiner Gründung 1981 entwickelt hat.

In den ersten Jahren zeigte das Festival vor allem Filme aus Afrika, damals eine völlig unbekannte Welt. Das war wichtig und richtig, weil es half, Ängste und Vorurteile abzubauen. Gleichzeitig bestand die Gefahr, ins militante «Drittweltlertum» abzurutschen. Zu Beginn der Neunzigerjahre liess sich das Fiff meiner Ansicht nach von der Entwicklung des Weltkinos abhängen. Damals entstanden in vielen Ländern, etwa in Südkorea, interessante Filme, in denen es jedoch nicht um Hunger, Armut oder die Rettung der Welt ging. Das Fiff wollte diese Filme nicht, und das war ein Fehler. Es überliess das Feld anderen Festivals und blieb selbst in seinem Dritte-Welt-Image gefangen.

 

Das ist aber schon seit einigen Jahren nicht mehr so.

Spätestens mein Vorgänger Edouard Waintrop hat viel frischen Wind gebracht. Er hat das Feld für eine inhaltliche und geografische Vielfalt geöffnet. Und ihm war die Qualität eines Filmes genauso wichtig wie der Inhalt. Diese Ansicht teile ich: Es gibt nichts Schlimmeres als einen schlecht gemachten Film, auch wenn das Thema noch so wichtig ist. Solche Filme will ich nicht zeigen.

 

Edouard Waintrop hat auch die Türen für ein populäreres Kino geöffnet, hat Kriminalfilme gezeigt und sein letztes Festival mit einem Jackie-Chan-Film eröffnet. Das diesjährige Programm schliesst daran an, etwa mit Western, Horror und Erotik …

Ich bin überzeugt, dass man die Kinokultur eines Landes nur dann versteht, wenn man sich sowohl mit Autorenfilmen als auch mit dem sogenannten populären Kino beschäftigt. Die Grenzen sind fliessend. Nehmen Sie den aktuellen französischen Kassenschlager «Intouchables»: für mich ein typischer Fiff-Film.

 

Die stetig steigenden Besucherzahlen zeigen, dass der neue Kurs beim Publikum ankommt.

Dem Fiff ist es gelungen, ein neues Publikum anzuziehen, ohne das alte zu verlieren. Leute meiner Generation haben das Festival entdeckt: Leute mit einem breiten Zugang zum Film, die mit dem Kino, aber auch mit Videos und später DVDs gross geworden sind. Das ist auch mein persönlicher Hintergrund: Ich bin in Delsberg aufgewachsen, da gab es im Kino nicht so viele Filme. Also sah ich viele Filme auf Video oder im Fernsehen. Gerade weil der Zugang nicht so leicht war, wurde für mich jeder Film zu einem Schatz.

 

Liegen da die Wurzeln Ihres späteren Berufs als Filmkritiker?

Ich wollte tatsächlich nie etwas anderes werden. Als Filmkritiker erlebte ich dann genau das Gegenteil von dem, was meine Jugend geprägt hatte: Der Zugang zu den Filmen wurde mir bei bequemen Pressevorführungen sehr leicht gemacht. Dass das nicht selbstverständlich ist und dass es ausserhalb dieser Kanäle unendlich viele sehenswerte Filme gibt, habe ich jetzt beim Fiff wiederentdeckt.

 

Und was haben Sie im neuen Job sonst noch für Entdeckungen gemacht?

Ich habe etwa 800 Produktionshäuser aus aller Welt kontaktiert und mir Filme schicken lassen, um ihre Arbeit zu verstehen. Da habe ich unglaubliche Sachen entdeckt, etwa ein kleines Unternehmen in Taiwan, das Kinderfilme produziert. Die Hoffnung auf solche Einblicke war mit ein Grund gewesen, warum ich mich beim Fiff beworben hatte. Eine andere Erkenntnis war, dass sich einem Festivaldirektor viel mehr Türen öffnen als einem Filmjournalisten: Überall mit offenen Armen empfangen und auf Augenhöhe behandelt zu werden, war eine neue Erfahrung.

 

Ab heute steht Freiburg für acht Tage im Zeichen des Fiff. Worauf freuen Sie sich speziell?

Auf den Austausch, der hoffentlich auf allen Ebenen stattfinden wird: zwischen den eingeladenen Filmschaffenden, aber auch zwischen ihnen und dem Publikum. Bei uns gibt es weniger Berührungsängste als bei anderen Festivals. Unsere Gäste suchen nicht den roten Teppich, sondern den Kontakt mit dem Publikum.

Thierry Jobin: «Es gibt nichts Schlimmeres als einen schlecht gemachten Film, auch wenn das Thema noch so wichtig ist.»Bild Aldo Ellena

Zur Person

Vom Filmkritiker zum Festivaldirektor

Thierry Jobin wurde am 7. Januar 1969 geboren und ist in Delsberg aufgewachsen. Als 16-Jähriger verfasste er seine ersten Filmkritiken für Zeitungen und Radios. Um professioneller Filmkritiker zu werden, studierte er an der Universität Freiburg Französisch, Journalistik und Soziologie. Als Filmjournalist arbeitete er für «Le Nouveau Quotidien» und ab 1998 für «Le Temps». Im Mai 2011 trat er die Stelle als Direktor des Fiff an. Jobin ist Vater von drei Kindern im Alter von zwei, vier und acht Jahren. Vor kurzem ist er von Lausanne nach Freiburg gezogen. Seine private Filmsammlung umfasst je 3000 DVDs und Videokassetten. cs

Programm: Filme und Begegnungen

Thierry Jobin hat für das Filmfestival Freiburg einen Traum: «Ich wünsche mir, dass einmal eine Filmproduktion entsteht aus einem Kontakt, der in Freiburg geknüpft wurde.» Kontakte ermöglichen und den Austausch fördern, das liegt dem neuen Direktor besonders am Herzen. Im Rahmenprogramm des Festivals finden sich darum viele Veranstaltungen, die Filmschaffende und andere Experten vereinen und diese auch mit dem Publikum zusammenbringen.

Nebst dem vielfältigen Rahmenprogramm bietet das Festival wie gewohnt ein Wettbewerbsprogramm mit zwölf Filmen, drei Kurzfilmprogramme und mehrere thematische Programme. Letztere hat Thierry Jobin in der Form von sogenannten Sektionen, die sich jährlich wiederholen sollen, neu organisiert. Insgesamt sind in den bevorstehenden acht Fiff-Tagen über 120 Filme zu sehen. Ein Überblick.

 

•Die Wettbewerbsfilme:«11 Flowers» (China, Frankreich), «Asmaa» (Ägypten), «Countdown» (Südkorea), «Fable of the Fish» (Philippinen), «Histórias Que Só Existem Quando Lembradas» (Brasilien, Argentinien, Frankreich), «Honey PuPu» (Taiwan), «In the Open» (Argentinien, Frankreich), «Lucky» (Südafrika), «Never Too Late» (Israel), «One.Two.One» (Iran), «The Last Christeros» (Mexiko, Niederlande), «The Last Friday» (Jordanien, Vereinigte Arabische Emirate).

 

•Die Sektionen:Genrekino (Western), Entschlüsselt (Islam), Diaspora (Patrick Chappatte), Hommage (Pierre-Alain Meier), Terra incognita (Bangladesch), Passeport suisse (Stefan Schwietert und Hans Vogel), Carte blanche (Festival Locarno).

 

•Die Extras (Auswahl): Diskussionen: Bangladesch (25.3.), Schweizer Filmer im Ausland (26.3.); Patrick Chappatte (27.3.); Bild des Islams im Westen (29.3.), Western (30.3.). Foren: «Spotlight on Bangladesh» mit Filmschaffenden aus Bangladesch (26.3.); Masterclass mit Ivan Passer (30.3.). Ausstellungen: «Georges Schwizgebel – Bewegte Bilder» in der Kantons- und Universitätsbibliothek, GMB Akash bei Art Buvette. cs

Das Festival dauert vom 24. bis zum 31. März. Details und komplettes Programm unter: www.fiff.ch.

Western: «Salt».Bilder zvg

Bangladesch: «Guerilla».

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