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Gallische Kindergärten

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Gastkolumne

Autor:

Gallische Kindergärten

Autor: Boris Boller

Im Mai haben sich die Abstimmenden der Kantone Basel-Stadt und Zürich dafür ausgesprochen, Hochdeutsch als Unterrichtssprache im Kindergarten zu verbannen oder einzuschränken. Mittlerweile sind in weiteren Deutschschweizer Kantonen Initiativen in Vorbereitung, welche die Kindergärtnerinnen und die handvoll Kindergärtner ebenfalls «grundsätzlich» auf Mundart im Unterricht festlegen wollen. Dabei gingen und gehen die Emotionen hoch, wie immer, wenn es in letzter Zeit um Fragen geht, die irgendwie mit Identität aufgeladen werden können.

Leicht messbar ist das etwa an den stündlichen Zuwachsraten der Leserkommentare in den Online-Ausgaben von Zeitungen. Angesichts von Inhalt und Stil vieler Kommentare, aber auch der bereits geglätteten Stellungnahmen in der Berichterstattung kriegt man das Gefühl nicht mehr los, dass es – wie so oft in der Bildungspolitik – nicht hauptsächlich um pädagogische Fragen geht, sondern, dass die Abstimmung auch dazu benutzt wurde, um es der Globalisierung, den Experten (bzw. den sogenannten Experten) und der Arglist der Zeit im Allgemeinen wieder mal richtig zu zeigen

Bei vielem, was in Folge des PISA-Schocks zur Verbesserung der Position in der Rangliste eingeleitet wurde, ist die Frage zwar legitim, ob die Reform auch hält, was sie verspricht. Auch ob die teilweise Verwendung von Standarddeutsch im Kindergarten zu besseren Sprachkompetenzen führt und die Kinder besser fürs Leben ausrüstet als der Gebrauch des Dialekts, darf und soll durchaus Gegenstand von Diskussionen werden. Insbesondere wenn die öffentlichen und verständlichen Erklärungen der zuständigen Stellen nicht sehr zahlreich sind.

Dennoch mutet es bizarr an, wie der Kindergarten zum gallischen Dorf stilisiert wird, das als letzte Bastion der heimischen Dialekte hyperaktiven Bildungspolitikern und sprachimperialistischen Eliten in der Rolle der römischen Legionen noch Widerstand leistet.

Dass es bei den Dialektinitiativen nicht nur um den Erhalt der Chrottepösche (Schwiiblueme bzw. Löwenzahn) geht, zeigte etwa einer der Initianten der Zürcher Mundartinitiative, der festhielt, dass es um Mundart an sich gehe: Ob in den Zürcher Kindergärten Berndeutsch oder Bayrisch gesprochen werde, spiele dabei keine Rolle. Tatsächlich legt etwa der neue Absatz im Zürcher Volksschulgesetz nicht fest, welche Mundart zu verwenden ist. Damit wird allerdings das Argument der lokalen Integration von anderssprachigen Kindern mittels Dialekt deutlich entkräftet, und eine grosse Anzahl von Dialektbefürwortern dürften das mit der Mundart anders verstanden haben.

In der Hitze des Sprach- und Identitätsgerangels ging gerne vergessen, dass die Schweiz nicht nur aus Teilen des alemannischen Sprachraums besteht: «In der Schweiz wird Schweizerdeutsch geredet und damit basta!» Auch wenn etwa nach unerwünschtem Stimmverhalten der Westschweiz einige Kommentatoren die Romandie aus der Schweiz verstossen wollen, so kann doch in den meisten Fällen von schlichtem Vergessen ausgegangen werden – was die Sache allerdings nicht viel besser macht und in Zeitungen der Westschweiz auch dementsprechend zur Kenntnis genommen wurde. Es ist allerdings nicht unbedingt ein Geheimnis, dass östlich der Brünig-Napf-Reuss-Linie die Schweiz etwas anders wahrgenommen wird als im breiteren Umfeld der Saane.

Boris Boller ist im Thurgau geboren, besuchte die Schulen in Bern und lebt heute in Freiburg. Er studierte und arbeitete an deutsch- und französischsprachigen Abteilungen der Universität und überquert zurzeit praktisch täglich die Sprachgrenze, um zur Arbeit zu fahren. Boris Boller ist Mitglied einer FN-Autoren-Gruppe, die im Monatsrhythmus frei gewählte Themen zur Zweisprachigkeit bearbeitet.

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