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Gegenangriff mit Strohhalmen

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Gegenangriff mit Strohhalmen

Staatsanwältin Anne Colliard fordert für Chef-Drogenfahnder Paul Grossrieder zehn Monate Gefängnis bedingt

Vor dem Gericht des Saanebezirks ist der Prozess gegen Paul Grossrieder in die zweitletzte Runde gegangen. Staatsanwältin Anne Colliard bezeichnete den angeklagten Ex-Chef-Drogenfahnder des Kantons Freiburg in ihrem Plädoyer mehrfach als «Lügner», der mit einer bedingt ausgesprochenen Gefängnisstrafe von zehn Monaten für seine Vergehen büssen solle.

Von JOHANNES HOFSTETTER

Nachdem André Clerc, der Verteidiger des Beschuldigten, im Verlauf des fünftägigen Beweisverfahrens immer wieder versucht hatte, die Glaubwürdigkeit der Prostituierten und Hauptbelastungszeugin Z. nachhaltig zu erschüttern, holte seine Gegenspielerin Anne Colliard am Mittwoch zum Gegenschlag aus.

Im Verlauf ihres rund dreistündigen Plädoyers wollte die Staatsanwältin nachweisen, dass es sich bei Paul Grossrieder keineswegs um das Opfer eines von Untersuchungsrichter Patrick Lamon eingefädelten Komplotts gehandelt habe. Sondern dass es sich der suspendierte Chef der lokalen Brigade selber zuschreiben müsse, wenn er – nach einer 27-monatigen Untersuchungsphase – nun auf der Anklagebank sitze.

Um ihre These zu untermauern, stellte Colliard Grossrieder als «Lügner» dar, der wegen seines Temperaments schon früher mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Vor rund zehn Jahren wurde Grossrieder in eine Disziplinaruntersuchung verwickelt, weil er eine Dirne mit der Dienstwaffe bedroht haben soll.

«Herr Grossrieder gab immer nur das zu, was ihm zweifelsfrei bewiesen werden konnte», stellte Colliard in einem jener raren Momente, in dem sie auf Deutsch plädierte, fest. Genauso habe es sich nun auch beim aktuellen Fall verhalten: «Sowohl bei seiner ersten Einvernahme nach seiner Verhaftung am 20. März 1998 als auch bei einer späteren Befragung hatte der Angeklagte gestanden, mit der Prostituierten Z. sexuelle Kontakte zu pflegen. Im Gegenzug sei Z. von ihm vor einer Strafverfolgung wegen Drogenhandels und -konsums geschützt worden. Später hat er diese Aussagen widerrufen und erklärt, er habe diese Tatbestände nur auf Druck von Lamon und Polizeikommandant Pierre Nidegger zugegeben.»

Grossrieder hatte vor Gericht nie bestritten, bei den fraglichen Untersuchungen nicht die Wahrheit gesagt zu haben. «Ich wollte einfach so schnell wie möglich aus diesem Schlamassel heraus und habe schliesslich etwas gestanden, was ich nie getan hatte», gab er dem Vorsitzenden Richter Peter Rentsch mehr als einmal zu verstehen.

Er habe auf eine baldige Absetzung der beiden Untersuchungsrichter Patrick Lamon und Jacques Reyroud spekuliert, um später einem unabhängigen Ermittler die ganze Wahrheit erzählen zu können. Diese Hoffnung habe sich – spät zwar, aber immerhin – schliesslich erfüllt.

Von Druck keine Spur?

In dem sie über weite Strecken aus dem Bericht der beiden auswärtigen Experten Pierre Cornu und Gérard Piquerez, aus Dokumenten der Untersuchungsrichterin Barbara Ott sowie aus Stellungnahmen des ebenfalls ausserordentlichen Ermittlers Jean-Pierre Schroeter zitierte, versuchte Colliard, die Kreditwürdigkeit des Angeklagten zu untergraben. Von Pressionen seitens Lamons, dessen Kollegen Jacques Rayroud oder Polizeichefs Nidegger habe nie die Rede sein können.

Und wenn, hätte sich Grossrieder nach Ansicht Colliards ohne weiteres bei diversen zuständigen Stellen – darunter auch bei ausländischen Geheimdienstlern – über diese Behandlung beschweren können.

Sehr glaubwürdig erscheint Colliard (Clercs Behauptungen zum Trotz) die Zeugin Z., welche keinen Grund gehabt haben könne, im «Fall Grossrieder» falsch auszusagen: «Als Informantin wurde sie von Grossrieder jahrelang protegiert. Doch als sie die sexuelle Beziehung mit ihm aufgeben wollte, packte er sie an den Haaren und beschimpfte sie aufs übelste.»

Grossrieder habe seit Jahren gewusst, dass Z. wiederholt gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen habe und trotzdem auf eine Anzeige verzichtet. Darüberhinaus habe er, Grossrieder, selber auf Grund von Aussagen von Z. Informationen in die Wege geleitet und könne sich nun nicht darüber beschweren, wenn Lamon dasselbe getan hat.

Dass es sich bei Personen, die Informationen zum Drogenhandel oder zur Prostitution geben, nicht immer um Ausbünde an Tugenden handle, sei klar. Ihre Angaben verdienen es laut Colliard aber dennoch, überprüft zu werden.

Behaarter «Hintertitel»

Die Strategie der Staatsanwältin überraschten den Angeklagten und seinen Anwalt sowie die einmal mehr zuhauf aufmarschierten Prozessbeobachter deutlich weniger als der Umstand, dass Anne Colliard sehr, sehr lange zuwartete, dem Gericht eine Art Beweis für ihre Behauptungen zu liefern. Mit ihrer Feststellung, Z. habe sich immerhin genau an den behaarten «Hintertitel» Grossrieders erinnert, sorgte die Anklage aber immerhin für einen kleinen Heiterkeitserfolg im Saal.

«Brief hatte nichts
mit Verhaftung zu tun»

Was den ominösen Brief anbetrifft, in dem sich Grossrieder zusammen mit einigen Kollegen über die Arbeitsmethoden der Untersuchungsrichter Lamon und Rayroud beschweren wollte, so erklärte Colliard, dass kein Zusammenhang mit dem geplanten Absendedatum und der Arrestierung des Angeklagten bestehe (Grossrieder wurde, nachdem sein Telefon abgehört worden war, an dem Tag verhaftet, an dem er das Schreiben zur Post bringen wollte).

Dazu meinte Anne Colliard, die Verhaftung des Beschuldigten sei ursprünglich bereits am 13. April, also eine Woche vorher, geplant gewesen. Weil im Puzzle der Vorwürfe noch einige Teile gefehlt hätten, sei Grossrieder aber erst ein Woche später ins Büro von Lamon zitiert und in Handschellen gelegt worden.

Im Übrigen erachtete es Anne Colliard als erwiesen, dass sich der 53-jährige Chefbeamte auch der Bestechung, der Begünstigung und der Amtsgeheimnisverletzung schuldig gemacht habe. An einer von Grossrieder und seinem Verteidiger André Clerc organisierten Medienkonferenz im letzten Januar seien Informationen preisgegeben worden, die es erlaubt hätten, gewisse Zielpersonen in einem grossen und nach wie vor top-
geheimen Fall zu identifizieren, sagte Colliard.

In einigen wenigen Punkten in Sachen Begünstigung liess die Staatsanwältin die Anklagen fallen.

«Es geht hier nicht um ein Urteil
über die Freiburger Justiz»

Nachdem sie das Strafgericht des Saanebezirks zum Abschluss ihrer Ausführungen eindringlich und mehrheitlich auf Französisch auf seine Rechte und Pflichten aufmerksam gemacht hatte («es geht hier nicht darum, über die Missstände in der Freiburger Justiz, sondern über Herrn Grossrieder zu richten»), forderte sie als Strafe zehn Monate Gefängnis mit einer Bewährungsfrist von zwei Jahren.

Der Strafprozess gegen Paul Grossrieder geht am Donnerstagmorgen mit dem Plädoyer von Verteidiger André Clerc weiter. Das Urteil wird am 4. Juli erwartet.

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