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Gruppendruck und Machtgefühle

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Die Freiburger Schauspielerin und Regisseurin Isabelle-Loyse Gremaud bringt gerne Themen auf die Bühne, die aktuell und gesellschaftlich relevant sind. Zuletzt hat sie das in Freiburg im Sommer 2012 mit der zweisprachigen Produktion «Cardinal, mein Leben» getan. Diese Woche feiert sie im Nuithonie in Villars-sur-Glâne mit dem neuen Stück «Wenn die Züge vorüberfahren …» Premiere. Wieder handelt es sich um ein zweisprachiges Projekt, und wieder geht es um ein brisantes aktuelles Thema.

Der 2006 erschienene Stoff der schwedischen Autorin Malin Lindroth handelt von einer Gruppenvergewaltigung unter Jugendlichen. Im Mittelpunkt des Ein-Frau-Stücks steht eine Erzählerin, die als Erwachsene auf die Geschehnisse zurückblickt. Sie war damals als Täterin dabei, hat die Jungen in der Clique nicht aufgehalten und später den Anführer geheiratet. Ihre Mitschuld verfolgt sie immer noch, und nach all den Jahren will sie zum ersten Mal ihre Geschichte erzählen.

Gemeinsam entwickelt

Für die Produktion im Nuithonie hat sich Isabelle-Loyse Gremaud mit ihrer Freiburger Schauspielkollegin Marinka Limat zusammengetan. Gremaud spielt die französische, Limat die deutsche Version. Die doppelte Inszenierung sei zwar aufwendig, so Gremaud, habe aber auch Vorteile. «Wir konnten das Stück gemeinsam entwickeln und haben uns gegenseitig vorangebracht.» Für Limat ist der Austausch mit ihrer Bühnenpartnerin hilfreich beim Umgang mit dem schweren Thema: «Wir haben während der ganzen Vorbereitungszeit seit dem vergangenen Sommer immer wieder über alles gesprochen. Das war für mich sehr wichtig.»

Aber warum hat sich Isabelle-Loyse Gremaud überhaupt für dieses Stück entschieden? «Als ich es vor ein paar Jahren gelesen habe, dachte ich sofort an die Fälle von Schmitten und Estavayer-le-Lac», erklärt sie. Vergewaltigung und sexuelle Nötigung in Jugendgruppen seien Themen, vor denen man gern die Augen verschliesse. «Wir wollen nicht wahrhaben, dass solche Sachen auch bei uns passieren–und dann schauen wir plötzlich dem Schrecken mitten ins Gesicht.»

Die zwei Freiburger Schauspielerinnen haben die Konfrontation nicht gescheut und wollen nun auch das Publikum auf diese düstere Reise mitnehmen. Dabei geht es nicht nur um das Thema Gruppenvergewaltigung, sondern um die Mechanismen, die dazu führen: Gruppendruck, Mitläufertum, Mobbing, Machtgefühle. «Gerade für Jugendliche kann die Gruppe so stark werden, dass sie alle Gesetze ausblendet und ihre eigenen Regeln aufstellt», so Gremaud.

«Sie bereut nichts»

Um das Stück besser zu verstehen, habe sie viel zum Thema gelesen und mit einem Psychologen darüber gesprochen, so Gremaud. Der Fachmann habe ihr bestätigt, dass die Geschichte glaubwürdig sei, auch was die Rolle der Erzählerin angehe. «Es ist gar nicht so selten, dass bei solchen Vorfällen ein Mädchen als Bindeglied zwischen den männlichen Tätern und dem weiblichen Opfer auftritt.»

Überhaupt hat sich die Figur der Erzählerin für die zwei Darstellerinnen als Herausforderung erwiesen. «Sie ist nicht sympathisch, aber vielschichtig und spannend», sagt Marinka Limat. «Sie lebt mit den Phantomen ihrer Vergangenheit und will jetzt davon erzählen.» «Erzählen ja», ergänzt Isabelle-Loyse Gremaud, «aber bereuen tut sie nichts.» Sie wolle zwar ihr Gewissen erleichtern, sich aber nicht entschuldigen und wirke dabei seltsam unbeholfen. «Es ist, als hielte sie eine Bombe in den Händen und wüsste es nicht einmal.» 

 Nuithonie, Villars-sur-Glâne.Auf Deutsch:Premiere am Do., 13. März, 20 Uhr; weitere Aufführungen 15., 20. und 22. März, 20 Uhr.Auf Französisch:Premiere am Mi., 12. März, 19 Uhr; weitere Aufführungen 14., 19. und 21. März, 20 Uhr. Empfohlen ab 14 Jahren.

Zweisprachig: Auf Deutsch erstmals zu sehen

M alin Lindroths Stück «Wenn die Züge vorüberfahren …» ist 2006 auf Schwedisch und 2007 auf Französisch erschienen. Die französische Version wurde bisher nur in Frankreich aufgeführt. Auf Deutsch handelt es sich bei der Inszenierung im Nuithonie sogar um eine Weltpremiere: Die Herausgeber hätten den Text eigens dafür übersetzen lassen, sagt Isabelle-Loyse Gremaud. Das Stück auf Französisch und auf Deutsch auf die Bühne bringen zu können, sei ihr wichtig gewesen, so die Schauspielerin und Regisseurin. Bei «Cardinal, mein Leben» habe sie gemerkt, wie interessant es sei, die beiden Sprachgruppen im Rahmen einer Bühnenproduktion zu vereinen.

Viel gelernt

Während das Cardinal-Stück aus deutsch und französisch gesprochenen Teilen bestand, ist «Wenn die Züge vorüberfahren …» je vier Mal auf Deutsch und auf Französisch zu sehen. Initiantin Isabelle-Loyse Gremaud spielt die französische Version, ihre Bühnenpartnerin Marinka Limat die deutsche. Die heute 30-jährige Limat war einst Schauspielschülerin der 16 Jahre älteren Gremaud. Speziell ist, dass Limat als Tochter einer französischsprachigen Mutter und eines zweisprachigen Vaters französisch aufgewachsen ist. Sie hat aber die Matura am Kollegium Heilig Kreuz auf Deutsch absolviert und anschliessend an der Hochschule der Künste in Bern studiert. Heute lebt sie teils in Freiburg, teils in Berlin. Obwohl sie sehr gut Deutsch spricht, bezeichnet sie die Inszenierung im Nuithonie als grosse Herausforderung: «Es ist mein erster Monolog und mein erster Auftritt in deutscher Sprache.» Zur Vorbereitung habe sie in Berlin während zweier Monate mit einer deutschen Schauspielerin die Aussprache geübt, und in Freiburg habe sie der Schauspieler Niklaus Talman beraten. Nicht nur, was die deutsche Sprache angehe, habe sie viel gelernt. «Die schwierige Rolle hat mich auch schauspielerisch und persönlich weitergebracht», so Marinka Limat. cs

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