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Helden und Antihelden auf der Seidenstrasse

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Helden und Antihelden auf der Seidenstrasse

Retrospektive über Zentralasien am Internationalen Filmfestival Freiburg

Mit rund 50 Filmen zeigt das Filmfestival Freiburg die gemäss den Organisatoren weltweit wichtigste Retrospektive über Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Tadschikistan und Turkmenistan seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Auf der filmischen Identitätssuche begegnet man Helden aller Art.

Von URS HAENNI

Die verschiedenen Herrscher der Sowjetunion hatten es versucht: die fünf Länder Zentralasiens zu einem Block zu vereinen. Es blieb aber stets ein künstliches Gebilde – zu verschieden sind die Länder.

So masst sich denn auch das Internationale Filmfestival Freiburg nicht an, mit seiner Retrospektive über Zentralasien einen gemeinsamen Nenner zwischen den fünf Ländern zu finden. Man war und ist sich bewusst, dass die Geschichte nichts zur Homogenität der Region beigetragen hat.

So zogen Völker iranischer, türkischer, arabischer, chinesischer, mongolischer, indischer und slawischer Abstammung durch die vier Millionen Quadratmeter (100 Mal die Schweiz) und siedelten sich teilweise an. Allein im letzten Jahrhundert benutzte man in diesen Staaten offiziell erst das arabische, dann das lateinische, dann das kyrillische und mittlerweile langsam wieder das lateinische Alphabet. Staatsgebilde kamen und gingen, nationale Identitäten aber konnten sich nicht entwickeln – geschweige denn eine zentralasiatische.

Erdöl und Uran statt Seide

Die Suche nach Identität zieht sich denn auch wie ein roter Faden durch die Retrospektive des Freiburger Filmfestivals. Wer meint, man könne sich an der weithin bekannten Seidenstrasse orientieren, der wird enttäuscht. Statt einer Strasse herrschen Erdöl-Pipelines vor, statt Seide wird Gas, Uranium und Gold auf den Weltmarkt gebracht.

«Mein Bruder, die Seidenstrasse» heisst der deutsche Titel eines Films von Marat Sarulu (Kasachstan/Kirgistan), der in Freiburg gezeigt wird. Doch die Seidenstrasse im Film ist in Tat und Wahrheit eine Eisenbahnlinie, von der sich vier Kinder erhoffen, ein Zug möge sie in ferne Länder bringen.

Das Filmschaffen der fünf Länder deckt nicht viele Gemeinsamkeiten auf. Kein Wunder, sind doch die Usbeken und Tadschiken eher sesshaft, leben Nomaden in den kasachischen Steppen, die Kirgisen in den Bergen und die Turkmenen in der Wüste.

Zeitzeuge der sowjetischen
Propaganda

Und auch heute sind die Zustände in den fünf Ländern grundverschieden. Während Kasachstan und Kirgistan sich noch am ehesten an unseren Demokratien orientieren, entspringt Tadschikistan einem Bürgerkrieg, regiert in Usbekistan eine Repression und in Turkmenistan gar eine Diktatur.

Gemeinsam ist dem zentralasiatischen Filmschaffen höchstens, dass es immer wieder Zeitzeuge der wichtigsten Entwicklungen der Sowjetherrschaft war. Schon früh diente das Kino der sowjetischen Propaganda. Bauern und Nomaden ohne Schreib- und Lesekenntnisse wurden im Kino berieselt, ganz im Sinne der Sowjetisierung. Themen wie die Urbanisierung und die Emanzipation der Frau wurden in den schönsten Bildern gezeigt. Bekannte Beispiele aus dem Freiburger Programm sind «Nevestka» («Die Schwiegertochter»), 1972, von Kodjakuli Narliev und «Taskent, Gorod Chlebnji» («Taschkent, Stadt des Brotes»), 1968, von Shukhrat Abbassov.
Zentralasien rückte gar in den Mittelpunkt des sowjetischen Filmschaffens, als man das Propagandainstrument Kino während dem Zweiten Weltkrieg in die Randgebiete zügelte. Selbst der bekannte Sergej Eisenstein drehte in Zentralasien.

Unter Stalin ging das Filmschaffen fast gänzlich ein, und erst Nikita Chruschtschow initiierte eine Renaissance, allerdings blieb es meist bei Auftragsfilmen. Noch in den Achtzigerjahren waren viele Filme verboten, ein Abwehrreflex, dessen sich heutige zentralasiatische Herrscher immer noch gerne bedienen.

James Dean am Aralsee

Zentrale Objekte waren immer wieder die Filmhelden. Zur Zeit der Sowjetunion liessen sich die Helden der Arbeit vorzüglich zur Propaganda auf die Leinwand bannen. Doch als mit Gorbatschows Glasnost die Filmemacher plötzlich ihre individuellen Ansichten einbringen konnten, nahmen die Filmhelden sehr schnell andere Züge an. Plötzlich machten ausgeschlossene Antihelden als Protestfiguren auf Themen wie den kaputten
Aralsee, die Mafia, Atomgefahr oder Drogenhandel aufmerksam. «Igla» («Die Nadel»), 1988, von Rachid Nougmanow, bannte mit einem asiatischen James Dean erstmals die Drogensucht in der Sowjetunion auf Zelluloid.

Und noch heute sind es im zentralasiatischen Film die Helden, welche zur Identitätsbildung eingesetzt werden. Statt nach Helden der Sowjetunion sucht man jetzt noch weiter zurück nach mythischen historischen Figuren. Und wenn sich bei den Regisseuren bisweilen Resignation breit macht, dann lassen sie zumindest ihre Filmhelden sich gegen die Nichtexistenz des heutigen Staates stemmen.

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