Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Hexe! Warum im Sensebezirk fast nur Frauen verfolgt wurden

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Folter und Tod drohten jedem, der in Freiburg als Hexe bezeichnet wurde. Warum das im Sensebezirk vor allem Frauen waren und weshalb es in gewissen Dörfern besonders viele «Hexen» gab, erklärt die Historikerin Rita Binz-Wohlhauser.

«Es gibt Frauen, die sich heute selber als Hexen bezeichnen und Walpurgisnacht feiern – wenn diese Leute wüssten, wie die Zustände damals waren, würden sie sich davor hüten.» Die Sensler Historikerin Rita Binz-Wohlhauser weiss, wovon sie spricht. Zusammen mit ihrem Kollegen Lionel Dorthe hat sie sechs Jahre investiert, um alle Hexenprozesse der Stadt Freiburg zu edieren. Dazu haben sie sich durch alle überlieferten Verhörprotokolle durchgearbeitet. Entstanden ist Quellenband mit 360 Prozessen, die zwischen 1493 und 1741 gegen 309 Personen geführt wurden.

Zwei Frauen haben sich anlässlich der Buchpremiere des vierten Harry-Potter-Bandes als Hexen verkleidet.
Archivbild Keystone

Einen kleinen Einblick in ihre Erkenntnisse gab die Sensler Historikerin letzte Woche bei einem Vortrag der Mitte 60 +. Im vollen Saal des Landgasthofs Garmiswil in Düdingen erläuterte Binz-Wohlhauser die Hexen-Prozesse, die Personen aus Deutschfreiburg betrafen.

Sie schilderte dabei nicht nur die Folterpraktiken, deren Opfer die Angeklagten zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert in Freiburg wurden. Sie zeigte auch auf, welches wirtschaftliche Klima damals herrschte und warum – ganz besonders im Sensebezirk – vor allem Frauen Opfer der grausamen Hexenprozesse wurden.

Klima der Angst

Wirtschaftskrisen, Bevölkerungswachstum, Hungersnöte und Religionskriege im Nachgang der Reformation: Die Zeit der Hexenverfolgung in Deutschfreiburg war von zahlreichen Krisen geprägt. «Es herrschte ein Klima der Angst, und die Hexenverfolgung war ein gesellschaftliches Ventil», so die Historikerin.

Während in Freiburg insgesamt mehr Frauen Opfer von Hexenprozessen wurden, waren immerhin insgesamt ein Drittel der Angeklagten Männer. Noch deutlicher war das Verhältnis im Sensebezirk: Dort wurden 53 Frauen und nur vier Männer Opfer der Prozesse. Diese Erkenntnis überraschte die Historikerin. «Dass das Geschlechterverhältnis so komplett anders sein würde, hätte ich nicht erwartet», sagte Rita Binz-Wohlhauser nach ihrem Vortrag im Gespräch mit den FN.

Sechs Jahre lang beschäftigte sich die Sensler Historikerin Rita Binz-Wohlhauser mit den Verhörprotokollen der Freiburger Hexenprozesse.
Sarah Neuhaus

Arm und allein

Erklären lasse sich das Phänomen einerseits durch das Profil der Angeklagten, andererseits durch die Art und Weise der Befragungen. «Im Sensebezirk handelte es sich bei den Angeklagten oft um arme, verwitwete Frauen, die kein grosses soziales Umfeld hatten», so Binz-Wohlhauser. «Diese Frauen wurden unter Folter nach ihren angeblichen Mittäterinnen befragt.» In ihrer Verzweiflung und um der Folter – etwa mit einer Schienbeinpresse, Daumenschrauben oder einem Strecktisch – ein Ende zu setzen, nannten sie Namen von Frauen, die sie kannten, als vermeintliche Komplizinnen. Das waren wiederum meist arme, verwitwete Frauen, und so kam es zu regelrechten Verurteilungswellen, oft konzentriert auf ein kleines geografisches Gebiet.

Die Hexen vom Muelers

Im Sensebezirk befand sich ein solches Ballungsgebiet beispielsweise im Muelers zwischen Plasselb und St. Silvester. Zwischen 1646 und 1649 wurden drei Frauen aus diesem Gebiet verhaftet, gefoltert und schliesslich zum Tode verurteilt. «Man muss sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass es sich hier um Frauen handelt, die nichts verbrochen haben», betont Binz-Wohlhauser. 

Das sind Leute, die unter schrecklicher Folter eingebrochen sind und gestanden haben – obwohl sie nichts gemacht haben.

Sechs Jahre lang hat sich die Sensler Historikerin mit den Verhörprotokollen dieser Zeit beschäftigt. An der Tagesordnung standen oft Schilderungen von schrecklichen Folterpraktiken. Keine einfache Zeit für Rita Binz-Wohlhauser. «Wenn man sechs Jahre lang mit dieser Thematik arbeitet, sieht man diese Bilder irgendwann klar vor sich», sagt sie. Man müsse sich distanzieren können. «Gleichzeitig muss man eine bestimmte Empathie aufrechterhalten für diese Menschen.» Dieses Gleichgewicht zu finden, zwischen Distanz und Empathie, sei eine Herausforderung gewesen. «Wir sind froh, dass wir uns jetzt mit einem anderen Thema beschäftigen können – es war zeitweise wirklich hart.»

Wer den Erläuterungen von Rita Binz-Wohlhauser folgt, fragt sich unweigerlich: Wie war es möglich, dass solche Praktiken damals normal und gesetzeskonform waren? «Man muss bedenken, dass Hexerei erst durch die Aufklärung als Aberglaube angesehen wurde. Und das auch nur innerhalb der Eliten.» Und Beispiele dafür, dass eine marginalisierte Gruppe als Sündenbock für krisenbehaftete Zeiten herhalten muss, findet man nicht nur in Geschichtsbüchern.

Verbindung in die Gegenwart

Die Historikerin nennt ein aktuelles Beispiel: «Ich weiss nicht, was passiert wäre, wenn wir diese Pandemie noch länger hätten durchleben müssen», so Binz-Wohlhauser. «Man hat gemerkt, dass es in der Bevölkerung anfing zu gären. Es wurden Verschwörungstheorien in Umlauf gesetzt, und viele Menschen begannen an Dinge zu glauben, die jenseits wissenschaftlicher Erkenntnisse waren.» So entstehe eine Art Massenhysterie. «Es baut sich ein Druck auf, der sich irgendwann gegen eine marginalisierte Gruppe richtet – das sind ganz ähnliche Mechanismen wie damals während der Hexenverfolgung.»

Kommentar (1)

  • 24.04.2023-Rolf Michel

    Schade, im Artikel wird mit keinem Wort auf die Missetäter, resp. Mörder hingewiesen, welche diese Verbrechen begangen haben.

Schreiben Sie einen Kommentar. Stornieren.

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit * markiert.

Meistgelesen

Mehr zum Thema